Klaus Ortner beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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Ortner im „Ibiza“-U-Ausschuss

„Wollte nicht alles auf einmal spenden“

Am Donnerstag ist im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss die Befragung von Unternehmer und Großspender Klaus Ortner fortgesetzt worden. Der Bauunternehmer und Porr-Miteigentümer spendete an die ÖVP fast eine Million Euro. Durch die Stückelung mussten die Beträge nicht sofort gemeldet werden. Ihm seien zwar unterschiedliche Möglichkeiten angeboten worden. Aber: „Ich wollte nicht alles auf einmal spenden.“

Ortners IGO-Gruppe umfasst mehrere Unternehmen und 25.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei einem jährlichen Umsatz von 6,5 Milliarden Euro. IGO steht für Ignaz Ortner, so hieß sein Großvater. Heute ist er Geschäftsführer, hat sich aber aus dem operativen Geschäft, das nun seine Tochter Iris leitet, zurückgezogen. Iris Ortner sitzt im Aufsichtsrat der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG). Die Opposition vermutet, dass die Spende an die ÖVP mit ihrem Mandat im ÖBAG-Aufsichtsrat zusammenhängt. „Vor der Bestellung habe ich mit keinem Politiker darüber gesprochen. Das hat meine Familie nicht nötig, ich würde mich genieren“, wies Ortner die Vorwürfe zurück.

Alleine die Qualifikation seiner Tochter sei entscheidend für die ÖBAG-Bestellung gewesen. Die ÖBAG könne „froh sein, dass sie (Iris Ortner, Anm.) sich das antut“, sagte die Auskunftsperson. Seine Spende an die ÖVP stehe in keinem Zusammenhang mit dem Mandat. Auf die Frage nach Unvereinbarkeiten im ÖBAG-Aufsichtsrat sagte Ortner, dass sich seine Tochter penibel genau informiert habe. „Meine Tochter hat mitgespendet“, klärte Ortner auf, denn sie sei ja an jener Gesellschaft beteiligt, die die Spende bezahlt habe.

Klaus Ortner beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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Ortner spendete der ÖVP unter Sebastian Kurz, davor der Jungen ÖVP. Er wollte die Bewegung unterstützen, sagte er.

Grund für seine Spende an die ÖVP sei sein „Frust“ über die Große Koalition gewesen, so Ortner. Die Streitereien zwischen ÖVP und SPÖ hätten ihn gestört. Für einen Großunternehmer sei es nicht immer einfach gewesen. 2016 habe er dann Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) bei einer Diskussion der „Tiroler Tageszeitung“ kennengelernt. „Ich habe Sebastian Kurz meine Unterstützung, auch finanziell, angeboten“, so der Industrielle. Nach einer ersten Tranche und mehreren Gesprächen habe er sich entschlossen, der „eingeschworenen Truppe“ mehr zu spenden.

„Soll ich jeden Monat 52.000 Euro spenden?“

„Ich habe aber nie etwas für die Geldleistung verlangt“, betonte der Industrielle mehrmals. Seine Spende sei auch lange vor der Wahl von Sebastian Kurz zum ÖVP-Bundeschef gewesen. Beim Treffen 2016 habe er nicht lange mit ihm gesprochen. Später habe man sich auch „öfter“ getroffen und „natürlich“ über alle politischen Themen unterhalten. Es seien sowohl gezielte Termine gewesen als auch zufällige Treffen, etwa bei Veranstaltungen. „Worüber wir sicherlich gesprochen haben, war der Zwölfstundentag, der für mich eine uninteressante Angelegenheit ist“, sagte Ortner. Auch über das Pensionssystem oder die Bürokratie sei diskutiert worden. „Es war eine allgemeine Diskussion.“

Die „Kurz-Truppe“, wie Ortner die „türkise Bewegung“ nannte, sei sehr engagiert gewesen. Er habe zuerst an die Junge ÖVP, die er als „toll und perfekt“ beschrieb, gespendet. Es seien die ersten zwei oder drei Spenden gewesen, so Ortner, der die Spenden in Tranchen von knapp weniger als 50.000 Euro überwies, sodass sie laut Gesetz nicht gleich dem Rechnungshof (RH) gemeldet werden mussten. „Ich habe monatlich etwas gespendet, ich habe 2017 begonnen“, so der Industrielle. „Wenn es zwei Tranchen waren, dann habe ich 100.000 gespendet, bei drei Tranchen 150.000 Euro.“ Auf die Frage, warum er pro Tranche 50.000 Euro gespendet habe, nicht aber eine komplette Überweisung, sagte er, dass es für ihn die „vernünftigste Variante“ gewesen sei.

Es habe ihn nicht gestört, dass es bei einer solchen Stückelung nicht zu einer sofortigen Meldung an den RH kommt. „Ich wollte nicht alles auf einmal spenden“, so Ortner. Auf Nachfrage von Grünen-Fraktionschefin Nina Tomaselli, betonte der Unternehmer: „Soll ich jeden Monat 52.000 Euro spenden und dann steht es zwölfmal im Jahr in der Zeitung? Das ist meine Sache. Ich habe allen gesetzlichen Erfordernissen entsprochen.“ Mit der ÖVP habe er über die Tranchen gesprochen. Man habe gefragt, ob er noch bereit sei zu spenden, diese und jene Möglichkeiten gebe es. Er habe zur Höhe der Spende mit der ÖVP gesprochen, bis 3.000 Euro Spende sei es ohne Meldung möglich, bei mehr als 50.000 Euro erfolge die Meldung sofort.

„Neuen Schwung, neues Verständnis“

Er habe aber mit seinem Anwalt darüber gesprochen, weil er Aussagen grundsätzlich nicht vertraue. Er wiederholte: Der Sinn seiner Spende sei gewesen, einer politischen Richtung, die für ihn vernünftig war, zu helfen. Ortner habe „neuen Schwung, neues Verständnis“ unterstützen wollen, entlang seiner Weltanschauung. Er bezeichnete sich als liberal-konservativ und christlich-sozial. U-Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka unterbrach beim Thema Spenden die Befragung. Das sei nicht generell das Beweisthema, so Sobotka. Auf Nachfrage von NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper, ob Sobotkas Ruf auf „intrinsischer Motivation“ basiere oder auf Empfehlung des Verfahrensrichters, antwortete Sobotka: „Das ist jetzt keine Fragestunde.“

Susanne Fürst beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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FPÖ-Mandatarin Susanne Fürst stellt am Donnerstag die Fragen an Unternehmer Ortner

Auf die Frage von Krisper, wer ihn damals von der ÖVP angerufen habe, sagte Ortner, er könne sich nicht erinnern. Frau S., die laut Krisper für die ÖVP Spenden sammelt, kenne er seit 20 Jahren. „Aber die hat auch für NEOS gesammelt“, sagte der Industrielle. „Nein“, so die NEOS-Mandatarin, „für Irmgard Griss.“ „Ist sie nicht NEOS?“, fragte Ortner. „Bei der Präsidentschaftswahl war das“, antwortete Krisper. NEOS unterstützte Griss bei der Präsidentschaftswahl 2016. In die Stichwahl kamen damals Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer (FPÖ).

Erinnern könne er sich daran, dass er von der ÖVP ein zweiseitiges Formular bekommen habe, wonach man nach der Spende nichts verlangen und sich nicht einmischen dürfe. Er kenne auch den jetzigen ÖBAG-Alleinvorstand Thomas Schmid. Dieser sei auch einmal bei ihm, Ortner, privat eingeladen gewesen. „Da war auch der Sebastian Kurz dabei“, sagte Ortner. Das Abendessen sei Anfang 2019 mit etwa zwölf Leute gewesen, auch aus seiner Familie. Es sei kein einziges Wort über die Politik gesprochen worden. „Also doch sehr privat“, kommentierte das Krisper.

„Tiroler Adlerrunde“ und Forderungen

Auf Fragen nach seiner Verbindung zur Politik – gestellt von FPÖ-Mandatarin Susanne Fürst – meinte Ortner, dass er in der Politik „gegen eine Wand gelaufen“ sei. Bei Kurz habe er wenigstens Antworten erhalten. Einmal habe Ortner gesagt, das und jenes gehe einfach nicht. Daraufhin habe der ÖVP-Chef gesagt, dass auch sein, Kurz’, Vater, das schon gesagt habe. Aber man bekomme es nicht durch. Worüber genau gesprochen wurde, ist nicht bekannt. Die Auskunftsperson schilderte auf diesem Weg, dass er als Unternehmer von Kurz gehört wurde. „Das sage ich hier vor der versammelten Politik“, so Ortner, der wiederholte, nie etwas gefordert zu haben.

Nina Tomaselli und Wolfgang Sobotka beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) bezeichnete am Donnerstag mehrere Frage als „unterstellend“

Daraufhin fragte Grünen-Abgeordnete Tomaselli nach der „Tiroler Adlerrunde“, einem Verbund aus mehr als 40 Unternehmen. Doch sie biss dabei auf Granit – nicht bei Ortner, sondern bei Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl, der die „Adlerrunde“ nicht unter einem Untersuchungsgegenstand einordnen konnte. Die „Adlerrunde“, zu der auch Ortner gehört, hatte Forderungen (z. B. Zwölfstundentag) an die Politik gestellt, die teilweise unter der ÖVP-FPÖ-Regierung umgesetzt wurden. „Das machen alle, die Industriellenvereinigung, und alle anderen auch“, so der Industrielle.

Aus dem Unternehmensverbund gab es auch ÖVP-Spender. „Ich habe den Leuten gesagt, das ist ein guter junger Mann, überlegt euch, ob ihr etwas spenden wollt“, erläuterte Ortner seinen Spendenaufruf. Kurz habe dann ein- oder zweimal in der „Adlerrunde“ gesprochen. Aber auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sei einmal „da gewesen“. Die Runde bezeichnete Ortner als „harmlos“, man diskutiere halt. Zu einer kurzen Diskussion kam es auch, als Sobotka zu einer Pause rief. „Ich habe nicht vor, ewig zu bleiben“, sagte Ortner. „Kurze Pause“, erwiderte der Ausschussvorsitzende.

Match Krisper – Sobotka – Ortner

Krisper versuchte nochmals mehr über die Bestellung von Iris Ortner in den ÖBAG-Aufsichtsrat zu erfahren. Sie fragte, ob beim Abendessen, das er bereits angesprochen hatte, auch Thomas Schmid dabei gewesen sei und ob man sich über das Aufsichtsratsmandat für Iris Ortner „gefreut“ habe. Die Frage wurde von Sobotka nicht zugelassen, das sie seiner Meinung nach unterstellend sei. Krisper führte fort, wurde aber wieder unterbrochen, weil sie wissen wollte, ob sich Ortners Tochter mit Kurz oder Schmid treffe. „Sie können nur zu den Wahrnehmungen der Auskunftsperson fragen“, so Sobotka Richtung NEOS-Abgeordnete.

Stephanie Krisper und Klaus Ortner beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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Krisper im Gespräch mit Ortner

Ortner wiederholte, dass er nie mit Kurz über den ÖBAG-Aufsichtsrat gesprochen habe. Seine Familie habe eine Bewerbung nicht nötig. Krisper kann sich nicht vorstellen, dass ihm seine Tochter nie über ihr Interesse am Mandat erzählt habe. Ortner führte aus, dass sie einmal erzählt habe, dass sich der damalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) einmal gemeldet habe. Mehr wisse er nicht. Als Krisper erklärte, dass Ortner ja viele Leute kenne, unterbrach Sobotka und fragte, ob es ein Bewerbungsformular für den Aufsichtsrat gibt.

Es folgte eine kurze, aber emotionale Debatte über die Aufgaben des Ausschussvorsitzenden. „Sie sind sehr auffällig heute, Sie dürfen nicht einfach unterbrechen“, sagte Krisper Richtung Sobotka, der erwiderte: „Ich wollte fragen, ob es ein Bewerbungsformular gibt.“ "Wo steht das in der Verfahrensordnung?“, sagte die NEOS-Abgeordnete. Sobotka: „Die lege ich selbst aus.“