Kontrolle an der Grenze zu Bayern
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Bayern

Kritik an Testpflicht für Pendler

Bayern hat die erst vor zwei Tagen angekündigte Testpflicht für Berufspendlerinnen und -pendler aus Österreich und anderen Risikogebieten bereits am Freitag eingeführt. Nicht zuletzt die rasche Einführung stieß in Österreich auf deutliche Kritik. Die Arbeiterkammer verwies auf die hohen Kosten, wenn PCR-Tests selbst bezahlt werden müssen.

Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) betonte, er hätte sich eine „gewisse Vorbereitungszeit“ vom Nachbarn erwartet. Eine solche wäre „wünschenswert“ gewesen. „Dass die Regelung nahezu ohne Vorlauf umgesetzt wurde, stellt viele Unternehmen vor große Probleme“, sagte er.

Aus der Sicht des Präsidenten der Arbeiterkammer (AK) Tirol, Erwin Zangerl, sorgt die Testpflicht für Verwirrung und Unverständnis, vor allem bei den rund 3.000 Berufspendlern aus Tirol, aber auch bei jenen aus Vorarlberg und Salzburg. „Die Situation ist chaotisch“, so Zangerl in einer Aussendung.

„Ohne Gedanken, wie das funktionieren soll“

Zangerl zeigte sich verärgert: „Vor dem Wochenende wird eine derartige Verordnung durchgepeitscht, ohne sich Gedanken zu machen, was das für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch für die deutschen Arbeitgeber bedeutet, wie das funktionieren oder wer das bezahlen soll.“

Der AK-Tirol-Präsident forderte daher, dass sich nicht nur Deutsche bei ihrer Rückeinreise in die Heimat gratis testen lassen können, sondern auch Berufspendler. „Die Tests sollen von der bayerischen Staatskasse getragen werden, zumal die Wertschöpfung auch in Bayern bleibt und der dortigen Wirtschaft zugutekommt.“

Sollte das Land Tirol oder der Bund bei von Zangerl geforderten Gesprächen mit Bayern kein solches Recht für Grenzgänger erreichen, will Zangerl, dass ab Montag an grenznahen Teststationen Tests durchgeführt werden können – mehr dazu in tirol.ORF.at. NEOS Tirol warf Söder gar eine „hinterlistige Retourkutsche“ wegen des Streits um den Lkw-Transit vor.

Sorge vor Chaos an Grenzen

Ähnlich äußerte sich der Vorarlberger Wirtschaftskammer-Präsident Hans Peter Metzler, der von rund 900 Pendlern aus Vorarlberg nach Bayern sprach.

Auch AK-Salzburg-Präsident Peter Eder befürchtet ein Chaos. Eder forderte Schnellteststraßen an der Grenze, deren Kosten von Bund und Land getragen werden. Eine Erhebung der AK Salzburg im August 2020 habe ergeben, dass für einen PCR-Test zwischen 115 und 175 Euro zu berappen sind. Sich wöchentlich testen zu lassen, bedeute damit einen zusätzlichen Kostenaufwand von 460 bis 700 Euro pro Monat.

Die Wirtschaftskammer Salzburg (WKS) will, dass Bayern die neue Testpflicht für ausländische Berufspendler sofort wieder rückgängig macht. Die neue Verordnung sei EU- und wirtschaftsfeindlich und stelle eine erhebliche Behinderung des Binnenmarkts dar. Das bayerische Gesundheitsministerium betonte, es werde keine flächendeckenden, sondern stichprobenartige Kontrollen geben – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Wöchentlicher Test vorgeschrieben

Wie von Ministerpräsident Markus Söder angekündigt, hat Bayern eine Testpflicht für Berufspendler aus ausländischen Regionen, die von Deutschland als Risikogebiete eingestuft werden, eingeführt. Wer aus einem Risikogebiet regelmäßig mindestens einmal wöchentlich in das deutsche Bundesland zu Berufs- oder Bildungszwecken einreist, muss der zuständigen Behörde regelmäßig – in jeder Kalenderwoche – einen negativen Coronavirus-Test vorlegen. Deutschland stuft fast ganz Österreich als Risikogebiet ein. Wenn Betroffene das Testergebnis aus dringenden Gründen nicht abwarten können, dürfen sie zunächst offenbar trotzdem einreisen. Es empfiehlt sich aber, eine Bestätigung der Dringlichkeit durch den Arbeitgeber mit sich zu führen – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Teurer PCR-Test als Pflicht

Der Test darf nicht älter als 48 Stunden. Es muss ein PCR-Test – konkret: ein Test auf molekularbiologischer Basis – sein, ein Schnelltest reicht nicht. Antikörper-Schnelltests weisen frisch Infizierte oft nicht als positiv aus. Wer Covid-19-Symptome zeigt, muss zudem die Behörden in Bayern darauf hinweisen. Die geänderte Verordnung wurde am Freitag kundgemacht und ist damit in Kraft.

„Unser Ziel ist, dass die Grenzen offen bleiben“, hatte Ministerpräsident Söder am Mittwoch betont, aber hinzugefügt: „Wer Grenzen offen halten will, der muss auch für mehr Sicherheit sorgen.“ Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) will nächste Woche am Dienstag Söder einen Besuch in München abstatten, um unter anderem über diese Fragen zu sprechen.

Fast ganz Österreich für RKI Risikogebiet

Wegen der in Österreich steigenden Infektionszahlen hatte Deutschland am Donnerstag bekanntgegeben, seine Reisewarnungen für Österreich auszuweiten. Das Robert-Koch-Institut (RKI) als zuständige Seuchenbehörde stuft mit Ausnahme Kärntens mittlerweile alle österreichischen Bundesländer als Risikogebiet ein. Die Reisewarnung für die acht Bundesländer gilt ab Samstag.

Grenzpendler waren bisher ausgenommen

Grundsätzlich gilt für Einreisende nach Deutschland, wenn sie aus Risikogebieten kommen, die Pflicht zu einer 14-tägigen Quarantäne. Durch einen negativen Test kann man sich aber vorzeitig davon befreien lassen. Bestimmte Gruppen – darunter Grenzpendler – sind von der Quarantäne ausgenommen, sie müssen aber eben einen CoV-Test vorlegen. Neben Österreich ist Tschechien wohl am stärksten von der neuen Regelung betroffen.

Die Einstufung als Risikogebiet erfolgt in Deutschland, wenn ein Land oder eine Region den Grenzwert von 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen überschreitet. Am Freitag stieg dieser Wert österreichweit auf 154.