Bundeskanzleramt in Wien
ORF.at/Roland Winkler
Neuer Regierungsentwurf

Weitere Verschärfungen bekanntgeworden

Österreich stehen neue Coronavirus-Maßnahmen bevor, die laut Verordnungsentwurf vom Donnerstag eine Ausgangsbeschränkung von 20.00 bis 6.00 Uhr beinhalten. Ein aktualisierter Entwurf liegt ORF.at seit Samstag vor, der noch mehr geschlossene Freizeiteinrichtungen beinhaltet als zuerst vorgesehen. Geändert wurden weiters die Absätze zu Altenheimen, Spitälern und privaten Treffen. Die Verordnung soll am Dienstag um 0.00 Uhr in Kraft treten und bis 30. November gelten.

Die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen bedeuten ein Verbot des Verlassens des privaten Wohnbereichs. Zu diesem zählen laut neuem Entwurf auch Wohneinheiten in Beherbergungsbetrieben sowie in Alten-, Pflege- und Behindertenheimen. Doch gibt es Ausnahmen, bei denen auch zwischen 20.00 und 6.00 die Wohnung verlassen werden darf:

  • Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum;
  • Betreuung von und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten;
  • Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens;
  • berufliche Zwecke, sofern das erforderlich ist;
  • Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung.

„Notsituation“

Laut Covid-19-Gesetz dürfen Ausgangsbeschränkungen nur erlassen werden, „um einen drohenden Zusammenbruch der medizinischen Versorgung oder ähnlich gelagerte Notsituationen zu verhindern“. Und sie müssen auf zehn Tage beschränkt sein.

Die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen gelten allerdings bis 12. November, nicht bis 30. – so sieht es das Covid-19-Maßnahmengesetz vor. Eine offizielle öffentliche Bekanntgabe der neuen Coronavirus-Verordnung durch die Bundesregierung wird um 16.30 Uhr erwartet.

Museen und Zoos sollen doch schließen

Weiters soll das Betreten von diversen Freizeiteinrichtungen verboten werden. Dazu zählen etwa Bäder, Thermen, Theater, Opern, Tanzschulen, Kinos, Sportstudios und Wettbüros. Museen und Zoos sollen laut neuestem Entwurf doch nicht offen bleiben – im ersten Entwurf hieß es Gegenteiliges. Parks sowie Bibliotheken und Archive sollen hingegen während des zweiten Lockdowns geöffnet bleiben.

Öffentliche Veranstaltungen sollen nicht stattfinden dürfen. Ausgenommen sind „Sportveranstaltungen im Spitzensport“ – sie müssen allerdings ohne Publikum stattfinden. Auch Proben und künstlerische Darbietungen ohne Publikum bleiben erlaubt – unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln. Ausnahmen gelten unter anderem auch für Demonstrationen, berufliche Zusammenkünfte und „Veranstaltungen zu religiösen Zwecken“. Begräbnisse dürfen weiterhin mit maximal 50 Personen stattfinden.

Kunstausstellung
ORF.at/Kaja Stepien
Museen sollen nun doch geschlossen werden

Aus für Garten- und Garagenpartys

Treffen im privaten Raum sind prinzipiell erlaubt, jedoch gibt es Einschränkungen, die neu sind. So dürfen laut Verordnung Veranstaltungen im privaten Wohnbereich weiterhin stattfinden. Allerdings schränkt der Text den privaten Wohnbereich noch einmal deutlich ein. Laut Verordnung zählen dazu nur Orte, die „der Stillung eines unmittelbaren Wohnbedürfnisses dienen“.

Hier weist der Text explizit auf „Garagen, Gärten, Schuppen oder Scheunen“ hin. Das bedeutet das Aus für Garagen- und Gartenpartys, jedoch nicht das Aus für private Treffen mit anderen in der Wohnung. Außerhalb des definierten Wohnbereichs, also beispielsweise im Garten, Schuppen oder in der Garage, dürfen sich nicht mehr als sechs Personen (exklusive minderjährige Kinder, jedoch maximal sechs) aus maximal zwei Haushalten treffen.

Verschärfungen in Altersheimen

In Alters- und Pflegeheimen sieht der Verordnungsentwurf eine Testpflicht für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor. Im neuen Entwurf soll nur noch einmal pro Woche per PCR- oder Antigen-Test eine Infektion ausgeschlossen werden – erst hieß es zweimal pro Woche. Im alten Entwurf stand, dass auch Besucherinnen und Besucher an Ort und Stelle einen Antigen-Test machen oder Maske tragen müssen.

In der aktuellen Version heißt es, Besucherinnen und Besucher müssen das negative Ergebnis „eines Anti-Gen-Tests, dessen Abnahme nicht mehr als 24 Stunden zurückliegen darf, oder eines PCR-Tests, dessen Abnahme nicht mehr als 48 Stunden zurückliegen darf“ vorweisen. Haben sie kein Testergebnis mit, müssen sie Maske tragen. Im Entwurf vom Donnerstag war noch von einer FFP2-Maske die Rede, im Entwurf am Samstag wird als Alternative eine SARS-CoV-2 Pandemie Atemschutzmaske (CPA) genannt.

Ein Besucher alle zwei Tage

Verschärft wurden die Regeln zu Besuchen zudem, da eine Bewohnerin bzw. ein Bewohner nur noch einen Besucher oder eine Besucherin alle zwei Tag empfangen darf. Im alten Entwurf sollte ein Besuch noch pro Tag möglich sein. Und: „Insgesamt dürfen im Zeitraum vom 3. November 2020 bis inklusive 17. November 2020 für jeden Bewohner höchstens zwei unterschiedliche Personen eingelassen werden.“ Davon ausgenommen ist die Palliativ- und Hospizbegleitung.

In Krankenhäusern und Kuranstalten gibt es keine Testpflicht für Besucherinnen und Besucher, anders als im ersten Entwurf vorgeschlagen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kranken- und Kuranstalten müssen sich allerdings einmal pro Woche testen lassen – oder, wenn zu wenig Tests vorhanden sind – Maske tragen. Krankenhaus- bzw. Kuranstaltsbetreiber dürfen aber auch strengere Regeln festlegen.

Sport nur noch im Freien und mit Abstand

Sportliche Betätigung wird mit der Verordnung ebenfalls nur noch eingeschränkt möglich sein. Während man weiterhin im Freien laufen gehen darf, ist jede Form von Training im Innenraum untersagt. Ausnahmen gibt es hier nur für Spitzensportlerinnen und -sportler. Sportstätten im Freien dürfen zwar weiterhin auch von Hobbysportlerinnen und -sportlern benützt werden; allerdings nur, wenn es nicht zu Körperkontakt mit anderen kommt.

Joggerin in der Prater Hauptallee
ORF.at/Christian Öser
Joggen ja, Fußballspielen nein gilt in den kommenden Wochen zumindest für Hobbysportlerinnen und -sportler

Körperkontakt ist gewissermaßen auch ein Stichwort für die gesamte Arbeitswelt. „Am Ort der beruflichen Tätigkeit ist zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, sofern nicht durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann“, heißt es in dem Verordnungsentwurf. Für die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes braucht es allerdings das Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Dazu kommen neben einer praktisch überall in Innenräumen geltenden Maskenpflicht noch etliche kleinere Regelungen, beispielsweise ein Verbot überfüllter Autos. Pro Reihe dürfen nur zwei Personen sitzen, so es sich nicht um Menschen aus dem gleichen Haushalt handelt.

Keine Bewirtung in Gastronomie

Starke Einschnitte zeichnen sich schon seit Tagen für die Gastronomie ab. So ist bereits laut erstem Entwurf das „Betreten und Befahren von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe untersagt“ – mit anderen Worten: Gastronomiebetriebe dürfen keine Gäste bewirten. Erlaubt bleibt die Abholung von Speisen und Getränken in der Zeit von 6.00 bis 20.00 Uhr. Ausgenommen von den Schließungen sind Kantinen in Betrieben, Schulen und Krankenhäusern. Auch in Speisewagen dürfen weiterhin Speisen und Getränke serviert werden.

Schließen müssen auch Hotels. Einzig Gäste, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung bereits dort befanden, können die gebuchte Zeit noch dort verbringen. Ausgenommen sind außerdem Übernachtungen aus beruflichen Zwecken und im Zuge einer Ausbildung. Auch Kurbetriebe fallen nicht unter die Regelung.

Handel bleibt offen

Zwar entkommt der Handel diesmal im Gegensatz zum ersten Lockdown einer Schließung, doch kehren die Personenbegrenzungen zurück. Pro Kundin oder Kunde müssen zehn Quadratmeter zur Verfügung stehen. Ist das Geschäft kleiner, darf nur eine Person eingelassen werden. Am Ort der beruflichen Tätigkeit ist zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, „sofern nicht durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann“. Diese Regeln für Kundenbereiche sind übrigens auch auf Bibliotheken und Archive anzuwenden.

Dezidiert ausgenommen von der Verordnung bleiben Kindergärten, Schulen und Universitäten. Auch Tätigkeiten im Wirkungsbereich der Organe der Gesetzgebung und Vollziehung sind ausgenommen.

Mehrere Treffen am Nachmittag

Bevor sich die Regierung mit der neuen Verordnung an die Öffentlichkeit wendet, findet ein Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen am frühen Nachmittag statt. Es folgt ein Gespräch mit den Landeshauptleuten. Anschließend trifft die Regierung mit allen Parteichefs der Parlamentsparteien zusammen.

Von dem angekündigten einstündigen Gespräch via Videoschaltung erwartet sich SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner – wie auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger – nicht viel. Die Zeit sei einfach zu kurz, dass auch Vorschläge und Bedenken der Opposition einfließen könnten, fürchtet die SPÖ-Obfrau. Das sei keine ehrliche Einbindung des Parlaments, kritisierte sie.

Forderungen von SPÖ und NEOS

Dessen ungeachtet stellen SPÖ und NEOS, die den neuen Veordnungsentwurf laut eigener Angaben via E-Mail erhalten haben, nun fünf Forderungen, die eine Bedingung für die Zustimmung im Hauptausschuss des Nationalrats seien. So etwa schnelle, unbürokratische Unterstützungsleistungen für Unternehmen. Rendi-Wagner richtete außerdem einen „dringenden Appell“ an die Regierung, die Schulen und Kindergärten offen zu halten. Pflegeeinrichtungen gehörten zudem noch besser und gezielter geschützt.

Besonders wichtig ist den beiden Oppositionsparteien auch eine Offenlegung der Zahlen zum Infektionsgeschehen. „Es kann nicht sein, dass die Analysen der AGES Geheimwissenschaften sind, die nur den Regierenden zugänglich sind“, sagte Meinl-Reisinger. Und auch das Contact-Tracing solle nicht fallen gelassen werden. Eine solche Strategie sei das zentrale Modell jeglicher Epidemiebekämpfung, betonte Rendi-Wagner. Dazu brauche es aber eine zentrale Koordination seitens des Gesundheitsministers sowie eine Aufstockung des Personals.

FPÖ sieht Willkür

Wogegen sich zumindest NEOS völlig stemmt, sind die Ausgangsbeschränkungen etwa am Abend. Meinl-Reisinger will über dieses Thema daher im Hauptausschuss getrennt abstimmen. Sie sieht darin nämlich „Maßnahmen, die eigentlich dem Kriegsrecht entsprechen“. Ebenso wenig kann sie verstehen, dass auch Kultureinrichtungen wieder geschlossen werden könnten. Laut den zumindest bekannten Zahlen der AGES finde dort nämlich kein vermehrtes Infektionsgeschehen statt.

Die FPÖ warf der Regierung indessen Willkür vor. „Ich erwarte mir nichts“, sagte Klubobmann Herbert Kickl vor der Videokonferenz mit dem Kanzler. Statt der Einführung von Ausgangsbeschränkungen forderte Kickl einen „Strategiewechsel“ im Umgang mit Covid-19. So sollten symptomlose Menschen etwa nicht mehr getestet werden.