Algerien: Über 66 Prozent für Verfassungsreform

In Algerien haben gestern über 66 Prozent für eine Verfassungsreform gestimmt. Das teilte die Wahlkommission des nordafrikanischen Landes heute mit. Das Referendum war allerdings von einem Großteil der Bürger boykottiert worden – lediglich 23,7 Prozent der Stimmberechtigten hatten sich an der Befragung beteiligt.

Es galt als wahrscheinlich, dass die Verfassungsreform durch das Referendum gebilligt würde. Staatschef Abdelmadjid Tebboune hatte im Vorfeld gesagt, der zur Abstimmung stehende Text erfülle die Forderungen der Protestbewegung. Die Protestbewegung Hirak betrachtete die zur Abstimmung vorgelegte Verfassungsreform indes als bloße „Änderung der Fassade“ und rief zu einem Boykott auf.

Auch Experten monierten, die Verfassungsänderungen würden keine wirklichen Neuerungen bewirken. Die neue Verfassung garantiere zwar angeblich neue soziale und wirtschaftliche Rechte, sagte der Verfassungsexperte Zaid al-Ali. Diese seien jedoch nicht einklagbar und damit nur leere Versprechen.

Enger Weggefährte Bouteflikas an Staatsspitze

Die Regierung hatte gehofft, mittels des Referendums die Protestbewegung zu befrieden. Die Demonstrationen hatten im April 2019 zum Sturz des langjährigen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika geführt. Mit der Wahl des früheren Regierungschefs Tebboune zum neuen Staatschef im Dezember verschärften sich die Proteste weiter. Der 74-Jährige ist ein enger Vertrauter Bouteflikas. Erst durch die Coronavirus-Pandemie fanden die wöchentlichen Proteste ein vorläufiges Ende.

Viele Algerier werfen der Regierung des wirtschaftlich kriselnden nordafrikanischen Landes Inkompetenz und Korruption vor. Hirak fordert weitreichende politische Reformen.