Die Bilder von dem schönen neuen Leben im All griffen weit vor und zeigten Projekte, die schließlich so nie verwirklicht wurden. Die gemalten Utopien sollten die Öffentlichkeit für die Eroberung des Weltraums begeistern und für Unterstützung werben. In den USA war die NASA neben dem Weltraumprogramm auch für die breitenwirksame Mobilisierung durch fantastische Bilderwelten verantwortlich.
Auch in der Sowjetunion wollte die Weltraumbehörde Roskosmos – sie wurde nach dem Zerfall der Sowjetunion unter demselben Namen wieder gegründet – auf die Macht der Bilder und den Reiz der Zukunft im All nicht verzichten. Einerseits ging es der Politik um das Feiern der realen Erfolge des Weltraumprogramms, andererseits um das Nachdenken über und die Gestaltung eines künftigen kommunistisch-paradiesischen Universums. Je nach Zielgruppen waren die Illustrationen mehr oder weniger plakativ und wurden in mehr oder weniger anspruchsvollen populärwissenschaftlichen oder gar wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert.

Auch Flucht aus dem Sowjetalltag
Die Magazine waren laut dem englischsprachigen Buch „Soviet Space Graphics“ voll von Artikeln, Kommentaren zu neuen sowjetischen Errungenschaften, Litaraturtipps und auch Science-Fiction-Storys. Dadurch wurde allerdings auch eine Flucht aus dem sowjetischen und damit politischen Alltag möglich, ohne dass der politisch-ideologische Auftrag und Inhalt der Zeitschriften aufgegeben wurde. Bis in alle Zukunft sollte es den Sowjetmenschen geben, der auch das All beherrschen werde, so der Tenor.

Von Kindern bis zu Erwachsenen, von Interessierten und Hobbyforschen bis zu engagierten Wissenschaftlern und Ingenieuren – alle sollten an dem von der Sowjetunion gestalteten Wunder des Alls und der Erhöhung des Sowjetmenschen teilhaben. Derartig breit war auch die Palette der Illustrationen: von bereits existierenden Sojus-Raketen über die Darstellung von Zukunftsstädten, Kontakte mit Außerirdischen bis zu detaillierten technischen Zeichnungen. Wenn man schon nicht selbst in die „unendlichen Weiten“ reisen konnte, dann konnte man zumindest in Bildern teilhaben – bis hin zu Alternativwelten außerhalb des Sonnensystems, wie es in „Soviet Space Graphics“ heißt.
Der Träger der Botschaft
Und das machten die Illustrationen mehr als jeder Text glaubhaft – die Bilder waren keine Beigabe oder den Texten unterworfen, sondern oft Hauptträger der Botschaft. Die visuellen Elemente der Magazine sollten Optimismus ausstrahlen, Neugierde und Entdeckerlust wecken und dem Leser und der Leserin dass Gefühl des Dabeiseins vermitteln – ein Propagandainstrument also. Diese Magazine sollten auf diese Art und Weise die Staatsideologie verbreiten. Sie hatten einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf Generationen von Sowjetbürgern und -bürgerinnen, heißt es in dem Buch weiter.

NASA hält dagegen
Weniger von kreativ-fantastischer Science-Fiction geleitet, jedoch ebenfalls sehr von technoidem Heldentum getränkt sind die Grafiken und Illustrationen der US-Weltraumbehörde, wie das Buch „The Art of NASA – The Illustrations That Sold the Missions“ zeigt. Pflichtbewusste Astronauten stellen sich den Untiefen des Weltalls – das Mängelwesen Mensch wird vor den Gefahren der lebensfeindlichen Umgebung und dem sonst erwartbaren Tod durch modernste Technik geschützt.

Oft erschienen die Grafiken quasi doppelt: So wurden sie bei den Pressekonferenzen für die diversen Missionen der NASA ausgeteilt, da dieselben Künstler und Grafiker auch für die Firmen, die etwa die Raketen bzw. Teile herstellten, arbeiteten.
Transparenz als politisches Programm
Zudem gaben Zeitschriften wie „Life“ und „National Geographic“ Aufträge an die Künstler und Grafiker im Umfeld der NASA. Ab Mitte der 1960er Jahre explodierte die Nachfrage nach derartigen Bildern. Die Presse-, Foto- und Grafikabteilungen der NASA begannen in einem industriellen Maßstab zu produzieren. Der US-Bürger und die US-Bürgerin sollten über jedes Detail und jeden Schritt im Weltraumprogramm und darüber hinaus gut informiert werden, denn in das NASA-Programm flossen riesige Summen an Steuergeldern.

Teils hatte die Informationsoffensive aber auch mit der politischen Unterstützung zu tun. 1961 hielt der damalige US-Präsident John F. Kennedy seine berühmte Rede, die den Startschuss für das Rennen zum Mond gab. Kennedy stellte dabei das „Ultimatum“, dass innerhalb von zehn Jahren der erste Amerikaner auf dem Erdtrabanten landen sollte. Die ganze Nation sollte daran mitarbeiten. 1969 war es schließlich so weit: Den USA gelang die erste Mondlandung.

Die Grafiken und Illustrationen sollten auch zeigen, dass die USA anders mit ihrem Raumfahrtprogramm umgingen als das geheime Raketenprogramm der Sowjetunion – nämlich transparent. Die Sowjetunion veröffentlichte fast nur Bilder von den Kosmonauten, die wie für offizielle Porträts lächelten.

Auch heute setzt die NASA bei ihren Missionen auf Transparenz. Die grafische Gestaltung hat sich jedoch der Zeit und Technologie angepasst. Zeigte man damals quasi Renderings der Missionen, setzt man heute angesichts des ausgelagerten bemannten Weltraumprogramms – Stichwort Shuttle zur ISS – auf wissenschaftlich eingefärbte Darstellungen von Objekten im All wie Galaxien, Sternensystemen und Planeten, wie auch das jüngste Beispiel der unbemannten Erforschung des Mars zeigt.