Skyline von Philadelphia, Pennsylvania
Reuters/Eduardo Munoz
Hängepartie nach US-Wahl

Pennsylvanias besondere Bedeutung

Die Entscheidung über den nächsten US-Präsidenten hängt einen Tag nach der Wahl an wenigen umkämpften Bundesstaaten. Besonders im Fokus steht, wie schon öfter in der Vergangenheit, Pennsylvania: Hier gibt es insgesamt 20 Wahlleute zu gewinnen – mehr als in jedem anderen noch offenen Staat. An wen sie letztlich gehen, wird nicht vor Donnerstagnacht (Ortszeit) feststehen.

Nur 44.292 der mehr als 6,1 Millionen Stimmen trennten Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl 2016 von seiner demokratischen Kontrahentin Hillary Clinton. Sein Sieg kam durchaus überraschend – es war das erste Mal seit 1988, dass der Staat mehrheitlich einen Republikaner unterstützte.

Angesichts des erneut zu erwartenden Kopf-an-Kopf-Rennens floss in den letzten Monaten viel Wahlkampfgeld nach Pennsylvania. In keinem anderen „Swing-State“ hielten die Parteien zudem mehr Veranstaltungen ab: Allein am Montag vor der Wahl machten Trump, sein Kontrahent Joe Biden sowie ihre jeweiligen Vize-Kandidaten, Mike Pence und Kamala Harris, getrennt voneinander Station im „Keystone State“.

US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden steht mit Megafon vor Anhängern in Philadelphia
APA/AFP/Angela Weiss
Bis zuletzt mobilisierten die Kandidaten in Pennsylvania

„Philadelphia und Pittsburgh, getrennt durch Alabama“

Dass gerade Pennsylvania so umkämpft ist, hat nicht zuletzt mit seiner Demografie zu tun: „Mit zwei großen, demokratisch geprägten Städten inmitten von weitgehend konservativen ländlichen Gebieten bietet Pennsylvania für beide Kandidaten etwas“, schrieb die „Financial Times“(„FT“). Als „Philadelphia und Pittsburgh, getrennt durch Alabama“, bezeichnete die Zeitung den Staat.

Entscheidend für den Wahlausgang sind somit die Bezirke in den Vorstädten beziehungsweise die dortige Wahlbeteiligung. Seit Jahren gilt in den USA die Grundregel: Städte sind demokratisch, ländliche Gebiete republikanisch, in den Vorstädten ist das Wahlverhalten schwankend und entsprechend schwierig vorherzusagen.

Umfragen zufolge war Trump dort in der Wählergunst gesunken: In vielen stimmenstarken Vororten Philadelphias – dem größten der 67 Countys des Staates – ist seit 2016 eine „blaue Welle“ zu verzeichnen, hier haben also die Demokraten Oberhand gewonnen. Entsprechend sagten Prognosen Biden einen Vorsprung von rund fünf Prozent in Pennsylvania voraus.

Im Scheinwerferlicht stand diesmal vor allem die Region um Scranton im Nordosten von Pennsylvania: Hier wurde Biden 1942 geboren und verbrachte die ersten zehn Jahre seines Lebens. Den vermeintlichen Heimvorteil versuchte Trump in Wahlkampf bei jeder passenden Gelegenheit ins Gegenteil zu drehen: Biden, monierte der Präsident, habe Scranton und Pennsylvania „verlassen“, als es mit der Region in der Krise nach unten ging – seine Familie war in den 1950er Jahren nach Delaware gezogen.

US Präsident Donald Trump bei einer Wahlveranstaltung am Wilkes-Barre Scranton International Airport in Avoca, Pennsylvania
APA/AFP/Brendan Smialowski
Dichtes Gedränge bei Trumps letztem Wahlkampfauftritt in Pennsylvania

Enges und langes Rennen

Mittwochnachmittag nahm sich das Bild anders als prognostiziert aus, Trump lag mit mit rund zehn Prozentpunkten voran. Zu bedeuten hat das freilich noch nichts: In dem Bundesstaat hatten – wie in den USA insgesamt – viele Wähler per Brief im Voraus gewählt. Staatssekretärin Kathy Boockvar teilte mit, die Zahl der über Briefwahl abgegebenen Stimmen sei mit 2,5 bis drei Millionen zehnmal so hoch wie bei der Wahl vor vier Jahren. Nach Angaben der Website Elections Project waren mehr als 60 Prozent von ihnen als Wähler und Wählerinnen der Demokraten registriert.

Die Auszählung dürfte sich noch in die Länge ziehen: In Pennsylvania werden wegen verbreiteter Zustellungsprobleme der Post Briefwahlstimmen auch dann berücksichtigt, wenn sie mit Datumsstempel vom Wahltag erst am Freitagnachmittag beim Wahlleiter eintreffen. Zudem durfte per Gesetz erst am Wahltag selbst mit deren Auszählung begonnen werden. In Philadelphia konnte die Arbeit der Wahlhelfer und Wahlhelferinnen über eine Webcam beobachtet werden.

Trumps Lager zog Mittwochabend zudem vor Gericht, um die Stimmauszählung zu stoppen. Trumps Wahlkampfteam erklärte, per Klage eine Aussetzung der Auszählung erreichen zu wollen. Das Wahlkampfteam sprach von mangelnder „Transparenz“ in den Wahllokalen.

Gouverneur kontert Betrugsvorwürfe

Der demokratische Gouverneur Pennsylvanias, Tom Wolf, räumte am Mittwoch ein, dass die langsame Auszählung der Stimmen ein „Stresstest für die Demokratie“ sei. Er müsse aber alles tun, um sicherzustellen, dass jede Stimme in seinem Bundesstaat gezählt werde. Zudem werde er sich gegen jeden Versuch verwehren, die Wahl anzugreifen. Trump hatte zuvor auf dem Kurznachrichtendienst Twitter behauptet, dass in Pennsylvania „hart daran gearbeitet“ werde, schnell eine halbe Million Stimmen „verschwinden zu lassen“. Belege oder auch nur Hinweise nannte er dafür freilich einmal mehr keine.