Stimmenauszählung in Gwinnett Georgia
APA/AFP/Getty Images/Jessica Mcgowan
Auszählkrimi

Biden baut Vorsprung in Georgia aus

In den USA gibt es auch drei Tage nach Schließung der letzten Wahllokale keine endgültige Entscheidung über den künftigen Präsidenten. Vieles deutet aber darauf hin, dass Präsident Donald Trump nach vier Jahren das Weiße Haus räumen muss. Der demokratische Herausforderer Joe Biden lag am Samstag in vier von fünf umkämpften Bundesstaaten in Führung. Im besonders umkämpften Georgia konnte er seinen Vorsprung etwas ausbauen.

Nach derzeitigem Stand des Rennens müsste Biden nur noch den Bundesstaat Pennsylvania mit seinen 20 Wahlleuten gewinnen, um sich die für den Sieg nötige Mehrheit von 270 Wahlleuten zu sichern. Nach den bereits entschiedenen Rennen in der Mehrzahl der US-Bundesstaaten verfügt er bereits über mindestens 253 Stimmen. Auch in Georgia, Arizona und Nevada lag er vorn. Dagegen sah es für Trump in North Carolina und Alaska gut aus – was ihm allerdings nicht reichen würde.

Die Auszählung zieht sich bei der diesjährigen US-Wahl wegen der hohen Wahlbeteiligung und der CoV-Pandemie hin. Viele Bundesstaaten hatten unter anderem ihre Regeln für die Briefwahl angepasst, um die Wähler nicht einer Infektionsgefahr im Wahlbüro auszusetzen.

Neuauszählung in Georgia immer wahrscheinlicher

Mit Stand 9.00 Uhr MEZ am Samstag lag der Demokrat Biden in Georgia 7.248 Stimmen vor Trump, wie CNN unter Berufung auf Zahlen der Wahlbehörde berichtete. Es war ein deutlicher Zuwachs im Vergleich zu den 4.430 Stimmen Vorsprung wenige Stunden zuvor. Angesichts des engen Rennens ist in Georgia eine Neuauszählung sehr wahrscheinlich.

Grafik zeigt Siegszenarien für Biden und Trump
Grafik: ORF.at; Fotos: AP/White House, AP/Andrew Harnik

Der wachsende Abstand ist für Biden ein gutes Zeichen, dass er auch danach noch vorn liegen kann. Biden hatte in Georgia einen Vorsprung Trumps von zeitweise rund 300.000 Stimmen aufgeholt. In Pennsylvania liegt Biden inzwischen mit 28.833 Stimmen vorn. Sein Vorsprung in Nevada stieg auf mehr als 22.657 Stimmen, und in Arizona lag er noch 29.861 Stimmen vor Trump. Die dortige Wahlleiterin Katie Hobbs dämpfte am Freitagabend bei CNN Hoffnungen auf ein rasches Ergebnis. Die Auszählung werde „übers Wochenende“ weitergehen, so Hobbs.

ORF-Reporter Rolan Adrowitzer aus Georgia

Roland Adrowitzer berichtet aus Georgia. Der Staat ist einer der entscheidenden für das Endergebnis im ganzen Land.

Biden gibt sich siegessicher

Biden zeigte sich Freitagnacht (Ortszeit) siegessicher. Es gebe noch keine endgültigen Ergebnisse, aber „wir werden dieses Rennen gewinnen“, sagte Biden. Zusammen mit seiner Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris habe er bisher mehr als 74 Millionen Stimmen bekommen – mehr als jedes andere Wahlteam in der Geschichte des Landes. Biden versprach – ohne den Wahlsieg für sich zu reklamieren –, dass er ein Präsident für alle sein werde. „Wir mögen Gegner sein, aber wir sind keine Feinde. Wir sind Amerikaner.“

Biden zeigt sich siegessicher

Der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden hat Freitagabend (Ortszeit) in seiner Heimatstadt Wilmington (US-Bundesstaat Deleware) zum aktuellen Stand der Wahl Stellung genommen.

Biden kündigte an, ab seinem ersten Amtstag einen Plan zur Kontrolle der Coronavirus-Epidemie umzusetzen. „Wir können keines der verlorenen Leben zurückholen, aber wir können in den kommenden Monaten viele Leben retten“, sagte er. Nach seiner Darstellung verlangsamt sich die wirtschaftliche Erholung in den USA. Das Übergangsteam des demokratischen Kandidaten sei bereits im Einsatz, um die Pandemie und andere Probleme anzugehen, So Biden. Er hoffe, dass er am Samstag eine Wahlsiegrede halten könne.

Trump-Anhänger und Biden-Anhänger vor dem Clark County Election Center in Nevada
AP/Jae C. Hong
In Nevada stehen sich Anhänger der beiden Lager gegenüber

Zu Geduld aufgerufen

Biden hatte sich schon zuvor am Freitag präsidentiell gegeben und zu Ruhe und Geduld aufgerufen. Die amerikanische Bevölkerung werde sich „nicht zum Schweigen bringen lassen, nicht schikanieren lassen und nicht aufgeben. Jede Stimme muss gezählt werden.“

Trump hatte Biden wenige Stunden vor der Rede per Twitter explizit gewarnt, sich zum Sieger zu erklären. Gleichzeitig deutete er in einem weiteren Tweet erstmals eine Niederlage an. Er habe bei der Präsidentschaftswahl in allen umkämpften Staaten eine „große Führung“ gehabt habe, die dann „auf wundersame Weise verschwunden“ sei. „Vielleicht wird diese Führung wieder zurückkommen, wenn wir unsere rechtlichen Verfahren voranbringen“, so Trump.

Trump hatte noch am Donnerstagabend in einem bemerksenswerten Presseauftritt im Weißen Haus erklärt, dass er „locker“ gewänne, „wenn man nur die legalen Stimmen zählt“. Seine Aussagen wurden als pauschale Abwertung aller Briefwahlstimmen gewertet, von denen die Anhänger Bidens massiv Gebrauch gemacht hatten.

Biden mahnt zur Geduld

Der US-Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Joe Biden, hat sich Freitagnacht siegessicher gezeigt. Die Auszählung läuft indes weiter.

Trump schürt weiter Zweifel

Trump stellte am Freitag erneut mehrmals die Korrektheit der Stimmauszählung infrage und warf den Demokraten Wahlbetrug vor. Es würden „illegale Stimmen“ gezählt. Von Anfang an habe er gesagt, dass nur „legale Stimmen“ für das Ergebnis berücksichtigt werden dürften. „Aber wir sind bei diesem grundlegenden Prinzip auf Widerstand vonseiten der Demokraten gestoßen“, so Trump in einer schriftlichen Mitteilung. Seit der Wahlnacht hatte er mehrfach behauptet, es gebe Wahlbetrug, ohne Beweise dafür zu nennen.

Wahlkrimi in den USA

Joe Biden hat einen Vorsprung, doch noch immer ist in den USA kein Wahlsieger verkündet worden.

Trump bekräftigte auch, alle rechtlichen Mittel nutzen zu wollen. „Es wird eine Menge Klagen geben. Wir können nicht zulassen, dass eine Wahl auf diese Weise gestohlen wird.“ Trumps Team hatte bereits in einigen Bundesstaaten Klagen gegen die Stimmauszählung eingereicht. In Michigan und Georgia wurden diese Beschwerden abgewiesen. Georgia erwartet allerdings, dass es aufgrund des hauchdünnen Abstandes im Nachhinein zu einer Neuauszählung kommen wird.

Spannendes Rennen

In den entscheidenden Bundesstaaten Pennsylvania, Georgia, Nevada und Arizona liegt der demokratische Herausforderer Joe Biden in Führung.

TV-Sender stoppen Übertragung

In einem in der Nacht auf Donnerstag bekanntgewordenen Brief forderten Anwälte von Trumps Wahlkampfteam Justizminister William Barr zu Ermittlungen auf. Sie behaupteten, sie hätten in Nevada 3.062 Personen festgestellt, die unrechtmäßig ihre Stimme in dem Bundesstaat abgegeben hätten.

Trump hat keine Beweise für seine Behauptungen vorgelegt, dass es schweren Wahlbetrug gegeben habe. Außerdem gab es keine Anhaltspunkte dafür: Die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) haben eigenen Aussagen zufolge „keinerlei Hinweise auf systemische Probleme finden können“.

Die großen US-Sender ABC, NBC und CBS taten dann auch tatsächlich etwas, was viele Medienkritiker in den USA seit Jahren forderten, doch kaum ein TV-Sender getan hat: Nach mehreren Lügen und falschen Behauptungen Trumps beendeten sie vorzeitig die Liveübertragung, während Trump noch redete.

Scharfe Kritik auch aus eigenen Reihen

Trump musste sich auch scharfe Kritik von Mitgliedern seiner Partei für sein Vorgehen gefallen lassen. „Es gibt keine Rechtfertigung für die Äußerungen des Präsidenten heute Abend, die unseren demokratischen Prozess untergraben“, schrieb der republikanische Gouverneur von Maryland, Larry Hogan, auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Eine Wahlmitarbeiterin in Maricopa County (Phoenix, Arizona).
Reuters/Jim Urquhart
Auszählung in Arizona: Auch hier hat Biden die Nase vorn

In einem Interview mit dem Sender PBS warf er Trump und dessen Lager vor, mit Warnungen vor der Briefwahl den Boden für das jetzige Vorgehen – das Anzweifeln der Ergebnisse – bereitet zu haben. Hogan ist der Vorsitzende der Nationalen Vereinigung der Gouverneure.

„Das wird langsam verrückt“

Der Kongressabgeordnete Adam Kinzinger forderte, für Betrugsvorwürfe Beweise vorzulegen und sie vor Gericht zu präsentieren. „Hören Sie auf, entlarvte Falschinformationen zu verbreiten … Das wird langsam verrückt“, schrieb er auf Twitter.

Trumps Sohn Donald Trump Jr. reagierte verbittert auf die sich abzeichnende Absetzbewegung, forderte seinen Vater martialisch zum „totalen Krieg“ gegen Wahlbetrug auf und kritisierte das „völlige Fehlen“ von Unterstützung prominenter Republikaner für seinen Vater scharf. Der einflussreiche Vorsitzende des Justizausschusses im US-Senat, Lindsey Graham, stellte sich auf die Seite Trumps und spendete 500.000 Dollar für dessen Anwaltsfonds.