Ehemaliger US-Präsident Barack Obama
AP/John Raoux
Biden-Sieg

Obama kritisiert Republikaner hart

Ex-US-Präsident Barack Obama hat Republikanern, die trotz seiner Wahlniederlage weiter zu Amtsinhaber Donald Trump halten, schwere Vorwürfe gemacht. Mehr als Trumps haltlose Wahlbetrugsbehauptungen beunruhige ihn die Tatsache, dass andere Republikaner dabei wider besseres Wissen mitzögen, sagte Obama.

„Es ist ein weiterer Schritt, nicht nur der neuen Regierung von Joe Biden, sondern auch der Demokratie insgesamt ihre Legitimation abzusprechen. Und das ist ein gefährlicher Pfad“, so Obama in Richtung der Trump-Fraktion. Trump hat seine Niederlage gegen den Demokraten Joe Biden bisher nicht eingestanden und stellt sich als Opfer systematischen Wahlbetrugs dar, obwohl es dafür keine Beweise gibt. Trumps Anwälte haben Klagen in mehreren Bundesstaaten angestrengt, jedoch auch darin keine Belege für großangelegte Wahlfälschungen oder Fehler geliefert.

Zu Trumps Behauptungen sagte Obama in vorab veröffentlichten Auszügen eines Interviews, das der Sender CBS News am Sonntag in voller Länge ausstrahlen will: „Sie scheinen zum Teil darin begründet zu sein, dass der Präsident nicht gern verliert und nie eine Niederlage zugibt.“ Biden selbst hatte Trumps Verhalten als „beschämend“ tituliert.

US-Präsident Donald Trump
Reuters/Carlos Barria
US-Präsident Donald Trump hadert weiterhin mit seiner Niederlage – und will diese nicht eingestehen

Auch Bush-Erklärung half nichts

Bisher haben erst wenige Republikaner Biden öffentlich als Wahlsieger anerkannt, darunter allerdings der frühere republikanische US-Präsident George W. Bush. Bush telefonierte am Sonntag mit Biden und gratulierte ihm zu seinem Wahlsieg, wie er in einer Erklärung mitteilte. Darin habe er hervorgehoben, dass der Sieg des Demokraten gegen Amtsinhaber Trump „vollkommen fair“ und mit einem „klaren“ Resultat errungen worden sei. Einen Meinungsumschwung in seiner Partei konnte allerdings auch er nicht herbeiführen.

Führende Politiker der Republikaner – wie der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, und Außenminister Mike Pompeo – stärkten Trump vielmehr den Rücken bei dessen Versuchen, den Sieg Bidens anzufechten. Auf eine Frage, ob sein Ministerium eine Übergabe an Bidens Team vorbereite, sagte Pompeo am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Washington: „Es wird einen reibungslosen Übergang zu einer zweiten Trump-Regierung geben.“

US-Behörden: Sicherste Abstimmung der US-Geschichte

Der Druck auf Trump steigt allerdings. Am Donnerstag bezeichneten mehrere US-Behörden die Wahl am 3. November als sicherste Abstimmung in der amerikanischen Geschichte, was angesichts von Trumps Betrugsbehauptungen einer offenen Zurechtweisung gleichkam. In einer Mitteilung, die unter anderen von Vertretern der Cybersicherheitsagentur des Heimatschutzministeriums sowie der Vereinigungen der Wahlleiter der Bundesstaaten herausgegeben wurde, hieß es: „Es gibt keine Belege dafür, dass ein Abstimmungssystem Stimmen gelöscht oder verändert hätte – oder auf irgendeine Weise kompromittiert worden wäre.“

Trump hatte zuvor bei Twitter auf Behauptungen verwiesen, wonach Software der Firma Dominion in mehreren Bundesstaaten 435.000 für ihn abgegebene Stimmen seinem letztlich siegreichen Herausforderer zugerechnet hätte. Die Behörden wiesen das nun zurück – wie zuvor schon die Firma und Wahlverantwortliche in den jeweiligen Bundesstaaten. Trump hatte im Wahlkampf mehrfach gesagt, er könne die Wahl nur verlieren, wenn sie manipuliert sei.

Gezerre um Geheimdienstbriefings

Weitere US-Republikaner forderten am Donnerstag, dass Biden wie der Amtsinhaber die täglichen Briefings der Geheimdienste bekommen soll. Diese Forderungen wurden von einigen US-Medien als erste Zeichen für bröckelnden Rückhalt Trumps in seiner Partei interpretiert. Der einflussreiche Senator Lindsey Graham bejahte am Donnerstag die Frage, ob Biden die Unterrichtungen bekommen sollte. Ähnlich äußerten sich Medien zufolge auch die Senatoren Chuck Grassley, James Lankford und John Thune. Der Gouverneur von Ohio, Mike DeWine, nannte Biden am Donnerstag zum ersten Mal den „gewählten Präsidenten“.

Desiginierter US-Präsident Barack Obama
Reuters/Jonathan Ernst
Die Trump-Regierung verweigert Biden bisher die geordnete Amtsübergabe

Die Trump-Regierung verweigert Biden bis jetzt die gesetzlich vorgesehene Unterstützung für eine geordnete Amtsübergabe („Transition“). Diese soll eigentlich gewährleisten, dass der neu gewählte Präsident und Oberbefehlshaber der Vereinigten Staaten ab dem ersten Tag im Amt voll handlungsfähig ist – was entscheidend für die nationale Sicherheit ist.

Obama: „Über Schwarzen im Weißen Haus erschrocken“

Ex-Präsident Obama legt derweil seine Memoiren vor und geht darin mit der US-Politik hart ins Gericht. Auf 768 Seiten erscheint am Dienstag der erste Band der Memoiren zu seiner Amtszeit im Weißen Haus. Unter dem Titel „A Promised Land“ blickt der demokratische Politiker nach ersten Vorabmeldungen amerikanischer Medien kritisch auf die Entwicklungen der US-Politik seit 2008. Gleichzeitig erscheint die deutsche Übersetzung unter dem Titel „Ein verheißenes Land“.

„Es war, als ob allein meine Anwesenheit im Weißen Haus eine tiefsitzende Panik ausgelöst hätte, eine Vorstellung, dass die natürliche Ordnung gestört worden sei“ – so sieht Obama im Rückblick seine Wahl zum ersten schwarzen Präsidenten der USA. Deshalb habe Trump – so fasst es der Fernsehsender CNN zusammen – mit Unterstellungen begonnen, dass Obama nicht in den Vereinigten Staaten geboren und daher kein legitimer Präsident gewesen sei. „Millionen von Amerikanern, die über einen Schwarzen im Weißen Haus erschrocken waren, versprach er ein Heilmittel für ihre rassistischen Ängste.“

Politische Verschiebung bei Republikanern analysiert

Mit dem Wahljahr 2008 erhielt die Polarisierung der amerikanischen Politik im Rückblick des demokratischen Politikers – so beschreibt es CNN – einen entscheidenden Schub. Festmachen lässt sich das aus Sicht Obamas an der Berufung von Sarah Palin als Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin durch den dann unterlegenen republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain. „Mit Palin schien es, als würden die dunklen Geister, die schon lange am Rand der modernen Republikanischen Partei lauerten – Fremdenfeindlichkeit, Anti-Intellektualismus, paranoide Verschwörungstheorien, eine Antipathie gegenüber Schwarzen und Braunen –, ihren Weg auf die Hauptbühne finden.“

Mit dieser Personalentscheidung habe McCain „für die Vorlage gesorgt für künftige Politiker, für eine Verschiebung des Zentrums seiner Partei und der Politik des Landes insgesamt in eine Richtung, die er verabscheute“. McCain starb 2018. Aber er stelle sich vor, schreibt Obama laut CNN, dass sich McCain im Nachhinein anders entschieden hätte.

In einer Besprechung der Obama-Memoiren für die „New York Times“ schrieb die nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie, dem Autor gehe es mehr um die Politik als um persönliche Dinge – „aber wenn er über seine Familie schreibt, geschieht das mit einer fast nostalgischen Schönheit“. Etwa wenn Obama das Lachen der kleinen Tochter Sasha beim Rubbeln ihrer Füße beschreibe. Oder das langsamer werdende Atmen seiner Frau Michelle, wenn sie an seiner Schulter einschlafe.