USA ziehen weitere Truppen aus Afghanistan und Irak ab

Der amtierende US-Präsident Donald Trump hat den Abzug weiterer US-Truppen aus Afghanistan und dem Irak angeordnet. Bis zum 15. Jänner werde die Zahl der Soldatinnen und Soldaten auf jeweils rund 2.500 reduziert, erklärte der geschäftsführende Verteidigungsminister Christopher Miller gestern im Pentagon. Der Teilabzug würde damit unmittelbar vor Amtseinführung des gewählten US-Präsidenten Joe Biden umgesetzt. Die Vereidigung ist für den 20. Jänner geplant.

Das Verteidigungsministerium machte keine Angaben dazu, wie viele US-Soldaten derzeit noch in Afghanistan und im Irak stationiert sind. Dem US-Sender CNN zufolge sind es derzeit noch 4.500 US-Soldaten in Afghanistan und 3.000 im Irak. Miller erklärte, die USA träten in eine neue Phase im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Seit mehrere US-Medien am Vortag über entsprechende Vorbereitungen berichtet hatten, war die Ankündigung erwartet worden.

An die US-Verbündeten gerichtet sagte der geschäftsführende Pentagon-Chef, wenn der Zeitpunkt gekommen sei, werde man Afghanistan und den Irak gemeinsam verlassen. Die US-Streitkräfte würden weiterhin US-Bürger schützen und „Verbündete und Partner weltweit unterstützen“.

Abzug folgt auf Wahlniederlage

Der Teilabzug folgt auf die Wahlniederlage Trumps gegen Biden. Kurz danach hatte der amtierende Präsident Verteidigungsminister Mark Esper entlassen, was wiederum die Neubesetzung hochrangiger Positionen im Pentagon mit Trump-Befürwortern nach sich zog. So wurde der ehemalige Heeresoffizier Douglas Macgregor zum leitenden Berater des geschäftsführenden Ministers Miller ernannt. Macgregor ist als Kritiker der Einsätze im Irak und in Afghanistan bekannt.

Die USA hatten mit den militant-islamistischen Taliban Ende Februar ein Abkommen unterzeichnet, das den schrittweisen Rückzug aller US- und NATO-Streitkräfte bis Ende April 2021 in Aussicht stellt. Die Taliban verpflichteten sich zu Friedensgesprächen mit der Regierung in Kabul, die im September aufgenommen wurden. Der Prozess geriet im Streit um Verfahrensfragen jedoch ins Stocken.

NATO-Einsatzende bei vollständigem US-Rückzug

Anfang August hatten die USA ihre NATO-Verbündeten darüber informiert, ihre Truppen bis Ende November von damals rund 12.000 auf unter 5.000 reduzieren zu wollen. Mitte September hatte Trump dann erklärt, dass die Truppenstärke rasch auf weniger als 4.000 gesenkt werden solle. Knapp vier Wochen vor der US-Wahl Anfang November kündigte Trump auf Twitter sogar an, dass die Soldaten bis Weihnachten zurück in den USA sein sollten.

Der Krieg in Afghanistan ist der längste in der Geschichte der USA. Seit 2001 sind amerikanische Soldaten in dem Land. Nach den Anschlägen vom 11. September jenes Jahres waren von den USA angeführte Truppen dort einmarschiert.

Kritik und Besorgnis

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte unterdessen betont, dass das Bündnis den Einsatz zur Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte fortsetzen werde. Zugleich gilt, dass die NATO den Einsatz bei einem vollständigen US-Rückzug beenden müsste, weil die übrigen Alliierten militärisch nicht in der Lage sind, ihn alleine fortzuführen.

„Der Preis eines zu frühen oder unkoordinierten Abzugs könnte sehr hoch sein“, erklärte Stoltenberg vor Millers Ankündigung. Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) könnte dann in Afghanistan „das Terror-Kalifat wieder aufbauen, das sie in Syrien und im Irak verloren hat“, und das Land könnte zu einer „Plattform für internationale Terroristen“ werden.

Der republikanische Mehrheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell, warnte bereits am Vortag, die USA würden mit einem rascheren Abzug Verbündete „aufgeben“ und Islamisten einen „großen Propaganda-Sieg“ bescheren.