Weihnachtsstimmung am Stephansplatz in Wien
APA/Georh Hochmuth
Schule, Weihnachten

Konzepte für die Zeit nach dem Lockdown

Die erste Phase des „leichten“ Lockdowns beginnt sich in den Infektionszahlen positiv bemerkbar zu machen. Wenn aber ab 7. Dezember die Schultore auf und die Rollläden wieder raufgehen, könnten erwartbare Menschenansammlungen die Erfolge konterkarieren. Genügend Vorschläge, wie man diesem Jo-Jo-Effekt beikommen kann, liegen auf dem Tisch.

Der aktuelle Lockdown endet am 7. Dezember, kurz vor einem der größten Einkaufstage im Advent. Laut Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) arbeitet die Regierung „sehr intensiv“ an der Frage, wie es danach weitergehen soll. Es sei ein „umfassendes Programm“ in Vorbereitung, mit einer Beschleunigung der Kontaktnachverfolgung und umfangreichen Schutzmaßnahmen für ältere Menschen. Zudem werde es „mehr Testungen“ geben, so Anschober am Mittwoch. „Unser Ziel muss es sein, eine dritte Welle zu verhindern und Weihnachten zumindest im kleinen Familienkreis zu ermöglichen“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag.

Mediziner warnten, dass Österreich ohne passende Strategie „die nächste Welle und der nächste Lockdown“ schon bevorstünden. Mit einer differenzierten Vorgangsweise könnten dagegen die „gesundheitlichen, psychosozialen und ökonomischen Folgen minimiert werden“, sagte Umweltmediziner Hans-Peter Hutter bei einer Pressekonferenz der Ärztekammer (ÖÄK). Die Mediziner forderten genaue Präventionskonzepte für das neuerliche Hochfahren nach dem Lockdown, für Schule, Handel und auch die geplanten Massentests. Es brauche einen Plan, „wie man Weihnachten feiern wird“, so Hutter.

Staffelungen als Option

Überlegungen zu den Schulen gibt es inzwischen einige. In Vorarlberg ist etwa geplant, den Unterricht zu staffeln, auch wenn es bundesweit noch keine Anweisungen gebe. So will man Schüleransammlungen in Bussen und vor den Schulgebäuden vermeiden – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Hutter schlug am Donnerstag für die Schulen und Kindergärten zudem vor, dort Lüftungen bereitzustellen, wo mechanisches Lüften nicht ausreicht. Auch für das Weihnachtsgeschäft solle man sich etwas überlegen, etwa wie man eventuell staffelt und mit den Öffnungszeiten umgeht, sagte er.

Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres betonte die Notwendigkeit, die Kapazität der Spitäler aufrechtzuerhalten. Die Hoffnung sei, knapp am Worst-Case-Szenario vorbeizuschrammen. Erneut plädierte er für die Erstellung von internationalen Datenbanken mit anonymisierter Verknüpfung. Die Grundmaßnahmen (Abstand, Maske, Lüften, Händewaschen) müssten unbedingt eingehalten werden. Szekeres rief zudem zur Benützung der Stopp-Corona-App auf, „nachdem das Contact-Tracing immer schwieriger geworden und teilweise ausgefallen ist“.

Skepsis bei Teststrategie

Auch bei den nach dem Lockdown geplanten Massentests „muss ein gutes Konzept vorhanden sein“, sagte ÖÄK-Vizepräsident Herwig Lindner. Der Infektiologe sah „viel Spielraum für Verbesserungen in der aktuellen Teststrategie“, hieß es auch in einer Aussendung. Bei der Hotline 1450 seien zu wenige Ärztinnen und Ärzte im Einsatz, was zu Rückstaus und langen Wartezeiten sowie zur Belegung der PCR-Testressourcen führe. Um die Situation in den Griff zu bekommen, sei eine konsequente österreichweite Strategie zur Infektionsvermeidung gefragt. Vor allem beim Contact-Tracing und der Ausstellung von behördlichen Absonderungsbescheiden müsse man schneller werden. Teil einer bundesweiten Teststrategie könnte zum Beispiel sein, die Antigen-Tests als Grundlage für einen Quarantänebescheid heranzuziehen. Antigen-Tests müssten unter ganz genau standardisierten Bedingungen stattfinden und „gehören in Hände von Ärzten“.

Um zu aussagekräftigen Ergebnissen zu kommen, müsste man „die entsprechende Personengruppe mehrmals in kurzen Abständen erneut testen“. Ein bundesweiter Einmaltest bringe nur eine unscharfe Momentaufnahme. Das gleiche gelte für Antigen-Tests in Apotheken oder andernorts: „Denn das massenweise Testen von Symptomlosen produziert neben falsch negativen auch Tausende von falsch positiven Ergebnissen“, so Lindner.

Mehr Tests für Pflegeheime nötig

Bei Verdachtsfällen sei der PCR-Test ein wichtiges Diagnoseinstrument. PCR-Tests bei Symptomlosen durchzuführen sorgt allerdings laut Lindner nur für die Verknappung von Kapazitäten. Auch wenn Mediziner gegen Antigen-Tests in Apotheken sind, bieten diese die Tests vermehrt an. Die Apothekerkammer veröffentlicht eine täglich aktualisierte Liste dieser Apotheken.

Szekeres berichtete vom Treffen im Bundeskanzleramt zu dem Thema. Geplant ist, zunächst Lehrer zu testen, bevor die Schulen wieder öffnen. Zudem wolle man in die Breite gehen und möglichst viele Menschen testen und Infizierte in Quarantäne schicken. Szekeres forderte aber mehr Tests in Pflegeheimen. Insbesondere das Personal, das die Infektionen ins Haus bringe, solle regelmäßig getestet werden. Die Herausforderungen liegen laut Szekeres im Detail, vor allem in der Logistik.

Anteil der Toten in Pflege- und Altersheimen hoch

Die zweite Welle schlägt in den österreichischen Pflege- und Altersheimen mit deutlich mehr Wucht zu als die erste.

Diese Forderung unterstützte am Donnerstag der SPÖ-Pensionistenverband, der eine 100-prozentige Testung in Pflege- und Seniorenheimen fordert. Verbandspräsident Peter Kostelka (SPÖ) bestand darauf, „dass man echte Sicherheit darüber bekommen muss, dass in ein Pflegeheim nur reinkommt, wer wirklich coronafrei ist.“ Das bedeute eine „100-prozentige Testung aller im Umfeld einer derartigen Einrichtung“. Auch das Besuchsmanagement müsse verbessert werden, dabei gehe es um Terminvereinbarungen, Hygienemaßnahmen und eine effiziente Teststrategie für Besucher.

Ruf nach besserem Nachverfolgen

Auch die Opposition präsentierte Vorschläge für die Zeit nach dem zweiten Lockdown. Vieles davon deckt sich auch mit den Wünschen der Mediziner. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner legte einen Fünfpunkteplan vor, in dem sie das Engagement von 1.000 Personen zusätzlich für das Contact-Tracing forderte, um eine funktionierende Nachverfolgung auch bei höheren Fallzahlen zu gewährleisten. Auch Rendi-Wagner sprach sich zudem für eine einheitliche Teststrategie aus. So soll es einen Test pro Woche für Risikogruppen bzw. für Personen, die mit diesen arbeiten, geben. Nämliches will sie für Personen, die viel Kontakt zu anderen Menschen haben: in Spitälern und Pflegeheimen, Schulen, Gastronomie und Tourismus. Massentestungen hätten vor allem dann Sinn, wenn sie regelmäßig wiederholt würden, so auch Rendi-Wagner.

Sie hoffte zudem auf eine Impfstrategie der Regierung bezüglich Transport, Lagerung und eines IT-Systems zur Anmeldung und Abwicklung. Was jetzt vorbereitet werden müsse, seien Impfzentren in ganz Österreich und mobile Impfteams für Pflegeheime. Aufgerüstet werden sollten auch die Intensivstationen. Österreich müsse in der Lage sein, die Kapazitäten auf Knopfdruck im ganzen Land hochzufahren. Wesentlicher Teil des Plans sind zentral koordinierte Umschulungen.

Die FPÖ gab bekannt, wofür sie nicht ist. So lehnen die Freiheitlichen die angekündigten Massentests ab. Klubobmann Herbert Kickl (FPÖ) sagte am Montag, dass „die ganze Testerei die Wurzel allen Übels ist“ und diese die Infektionszahlen lediglich in die Höhe treibe. Zudem fürchtete er „Zwangsimpfungen“.