Der designierte US-Präsident Joe Biden
Reuters/Leah Millis
Biden

Klimaschutz mit Wermutstropfen

Der designierte US-Präsident Joe Biden hat sich den Klimaschutz auf die Fahnen geheftet. Viel ist in den USA zu tun, aber auch die internationale Zusammenarbeit gegen die Klimakrise wieder aufzunehmen. Allein den Schaden wiedergutzumachen, den der abgewählte republikanische Noch-Präsident Donald Trump in Sachen Klimaschutz angerichtet hat, und die Uhr zurückzudrehen wird nicht reichen, sind sich Fachleute und Kommentatoren einig. Doch auch Bidens Klimapolitik könnte einen – oder gar mehrere – Wermutstropfen enthalten.

Trumps weitreichendstes Erbe sei seine Auswirkung auf die Klimakrise, so die „New York Times“. Biden werde seine Jahre im Amt nutzen, um die „die Umweltpolitik wiederherzustellen, die sein Vorgänger methodisch in die Luft gesprengt hat“, so die Zeitung. Die durch die Trump-Regierung abgeschafften Luft- und Wasservorschriften könnten zwar rückgängig gemacht werden, die Auswirkungen blieben allerdings länger bestehen, so ein Kommentar in der Zeitung.

„Das Erste, was ich tun werde, ist, dem Pariser Abkommen wieder beizutreten“, versprach Biden bei einem TV-Duell mit Trump und nach der Wahl erneut – „gleich am ersten Amtstag“. Der von Trump beschlossene Austritt aus dem Pariser Abkommen war am Tag nach der US-Präsidentschaftswahl in Kraft getreten. Trump hatte den Austritt aus dem Pariser Abkommen bereits im Juni 2017 beschlossen, fristgemäß konnten die USA diesen jedoch erst drei Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens und somit erst im November 2019 beantragen. Erst nach einem weiteren Jahr wurde die Entscheidung mit November 2020 wirksam.

US-Präsident Donald Trump
AP/Evan Vucci
Die Amtszeit von US-Präsident Donald Trump war ein schwerer Rückschlag in Sachen Kampf gegen die Klimakrise

Mit zwei Billionen Dollar sollen USA „grün“ werden

Biden plant auch ein Gipfeltreffen, bei dem er die größten Klimasünder zu einer deutlichen Reduzierung der Kohlendioxidemissionen verpflichten will. Bis spätestens 2050 sollen die Vereinigten Staaten klimaneutral wirtschaften. Diese „Revolution für saubere Energie“ soll zwei Billionen Dollar kosten, wie Biden bereits Mitte Juli sagte. Trumps Lockerungen beim Umweltschutz will Biden rückgängig machen. Bidens Vizepräsidentin Kamala Harris hatte als Justizministerin von Kalifornien mit Klagen gegen Ölkonzerne ihren Ruf erworben. Die Erwartungen an Biden und Harris sind dementsprechend hoch.

Es sei das erste Mal in der US-Geschichte, dass ein Präsident den klaren Auftrag zur Bekämpfung der Klimakrise habe, so der Nachrichtendienst Bloomberg. Bloomberg verweist dabei auf den Wahlerfolg Bidens, aber auch auf dessen Wahlversprechen und die Motive seiner Wählerinnen und Wähler. Die Klimakrise gilt als eines der wichtigsten Wahlmotive für Biden. Doch nur die Maßnahmen auf die Zeit vor Trump, also die Klimapolitik von US-Präsident Barack Obama, dessen Vize Biden war, zurückzudrehen werde nicht reichen, so der Tenor in mehreren US-Medien. Zu drängend seien die Probleme geworden.

Die designierte US-Vizepräsidentin Kamala Harris
Reuters/Brandon Bell
Die designierte Vizepräsidentin Kamala Harris ist für ihre Auseinandersetzungen mit der Ölindustrie bekannt

Die wichtigsten Vorhaben

Das Übergangsteam von Biden und Harris hat bereits eine Website mit den wichtigsten Vorhaben veröffentlicht. Im Mittelpunkt dabei Investitionen in eine klimafreundliche Infrastruktur, die Umstellung der Autoindustrie auf Elektrofahrzeuge, die Umstellung auf umweltfreundliche Energie weg von fossilen Brennstoffen; mehrere Millionen Häuser sollen ebenfalls klimafreundlich umgestaltet werden, Neubauten gleich Co2-neutral sein.

Auch die Landwirtschaft soll auf Grün umgestaltet werden, stillgelegte Bohrlöcher und Tagebauminen sollen je nach Möglichkeit zurückgebaut und etwa zu Erholungsgebieten werden. Durch die ganzen Maßnahmen sollen Millionen neuer Jobs geschaffen werden, heißt es auf der Website. Die geplanten Maßnahmen waren allerdings bereits im Wahlkampf bekannt. Ob Biden und Harris die Anliegen auch politisch im Kongress durchbringen können, ist ob der Mehrheitsverteilung dort fraglich.

Die Demokraten haben derzeit zwar die Mehrheit im Repräsentantenhaus, die Republikaner allerdings im Senat. Biden könnte von einem von Republikanern kontrollierten Senat unter Druck gesetzt und gezwungen werden, seine Strategie auf Möglichkeiten zu reduzieren, die das Weiße Haus ohne den Kongress umsetzen kann. Die Mehrheitsverhältnisse könnten sich im Senat aber durch zwei Stichwahlen in Georgia Anfang Jänner noch zugunsten der Demokraten verschieben.

Der designierte US-Präsident Joe Biden
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Biden bei einer Pressekonferenz auf einer grünen Wiese

Kerry wird Klimasonderbeauftragter

Der frühere Chefdiplomat John Kerry wird zum Klimasondergesandten. Der 76-Jährige, der zwischen 2013 und 2017 unter Präsident Barack Obama US-Außenminister war, wird in dieser Funktion dem Nationalen Sicherheitsrat angehören. „Das ist das erste Mal, dass dem Nationalen Sicherheitsrat ein eigens für den Klimawandel zuständiger Vertreter angehören wird“, so Bidens Übergangsteam.

John Kerry
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Ex-Außenminister Kerry soll sich dem Klimawandel widmen

Wie die „New York Times“ („NYT“) berichtete, ist für den Job keine Bestätigung des Senats nötig. Kerry werde „hauptamtlich gegen den Klimawandel kämpfen“, zitierte die US-Zeitung aus einer Mitteilung von Bides Übergangsteam. „Amerika wird bald eine Regierung haben, die die Klimakrise als die akute Bedrohung für die nationale Sicherheit behandelt, die sie darstellt“, schrieb Kerry in einem Tweet. „Ich bin stolz, mit dem gewählten Präsidenten, unseren Verbündeten und den jungen Anführern der Klimabewegung zusammenzuarbeiten, um es als Klimabeauftragter des Präsidenten mit der Krise aufzunehmen.“

Biden-Berater Richmond im Visier der Kritik

Umweltschützer kritisieren indes die Personalwahl Bidens. Cedric Richmond, einer der wichtigsten Berater Bidens, soll für Klimaschutz, aber auch für die CoV-Pandemie und Konzepte zur Ankurbelung der Wirtschaft zuständig sein. Daher befürchtet etwa das Sunrise Movement, eine Gruppe von forcierten Umweltschützern, Abstriche in der Umweltpolitik.

Richmond, ehemaliger Kongressabgeordneter von Louisiana, wird von Klimaschützern und Aktivisten gegen Luftverschmutzung in seinem Heimatbezirk stark kritisiert. Er habe sich zu wenig um die betroffenen Gemeinden gekümmert, so Aktivisten zur „New York Times“. Laut Recherchen des britischen „Guardian“ von letztem Jahr hat Richmond auch große Spenden aus der Öl-, Gas- und Chemieindustrie entgegengenommen.

Die Ernennung Richmonds kommt zu einer Zeit, in der Umweltschutzgruppen den Druck auf Biden erhöhen wollen, seine Pläne für Luftverschmutzung scnneller umzusetzen. Die Luftverschmutzung betrifft vor allem ärmere und afroamerikanische Gemeinden in den USA. Der Chef des Sunrise Movement, Varshini Prakash, nannte die Bestellung Richmonds einen Verrat. Richmond habe während seiner Zeit im Kongress mehr Spenden von der Ölindustrie bekommen als jeder andere Demokrat, so Prakash.

Bolsonaro kann Biden nichts abgewinnen

Da Umweltschutz auch eine globale Sache ist, wird Bidens Außenpolitik ebenfalls davon betroffen sein. Bei einem geplanten Treffen mit den größten Umweltsündern darf auch der brasilianische ultrarechte Staatschef Jair Bolsonaro nicht fehlen. Dieser drohte Biden bereits mit einem harten Konflikt über Klimapolitik. Zu Äußerungen Bidens, der im Wahlkampf die rasch fortschreitende Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes angeprangert hatte, sagte Bolsonaro nach der Wahl, „allein mit der Diplomatie“ ließen sich solche Konflikte nicht bewältigen. Dazu werde auch „Pulver“ gebraucht.

Was er damit konkret meinte, führte der ultrarechte Staatschef nicht aus. Er sagte, das „Pulver“ müsse nicht eingesetzt werden, doch müsse die andere Seite „wissen, dass wir es haben“. Bolsonaro ist ein Anhänger von Trump. Im Vorfeld der US-Wahl hatte der brasilianische Präsident offen seine Hoffnung auf einen Sieg Trumps bekundet. Die Äußerungen Bidens, der Brasilien wegen der Vernichtung des Amazonas-Waldes mit wirtschaftlichen Sanktionen gedroht hatte, nannte Bolsonaro „katastrophal und unnötig“.

Umweltschützer machen Brasiliens Präsidenten für diese Zerstörungen mitverantwortlich. Sie werfen ihm die Begünstigung von Brandrodungen vor. Unter Bolsonaro hat die Vernichtung des Regenwaldes im Amazonas-Gebiet dramatisch zugenommen. Der Regenwald ist für den Schutz des Erdklimas von zentraler Bedeutung – er gilt als „grüne Lunge“ des Planeten.