Eltern mit Kindern im Homeoffice
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Arbeiterkammer

Kaum Verbesserungen im Homeoffice

Vor zehn Monaten noch war Homeoffice in Österreich ein relativ exotischer Bereich. Nur rund fünf Prozent arbeiteten auch von zu Hause aus. Inzwischen ist es für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die neue Version von Alltag. Seit dem ersten Lockdown habe es aber wenig an Erleichterungen gegeben, so die Arbeiterkammer (AK) am Dienstag. Die Folgen von Homeoffice träfen einmal mehr besonders Frauen. Die AK forderte mehr Tempo von der Regierung, um Lösungen zu finden.

Im Oktober, noch vor dem zweiten Lockdown, ließ die AK das Meinungsforschungsinstitut IFES erheben, wie sich das Leben der Arbeitnehmenden im Homeoffice gestaltet. Am Dienstag wurden in Wien Ergebnisse der Befragungen von über 2.000 Personen präsentiert. Rund 800 von ihnen hatten bereits Erfahrungen mit dem Arbeiten zu Hause.

Insgesamt gebe es inzwischen rund 40 Prozent unter den Beschäftigten, die die Möglichkeit zum Homeoffice haben, so AK-Präsidentin Renate Anderl. In den Ergebnissen der IFES-Erhebung habe überrascht, dass sich bei den Fragen der Infrastruktur seit dem ersten Lockdown im Frühjahr nur wenig geändert habe, sagte Anderl. Gerade bei der Ausstattung seien Frauen „eindeutig benachteiligt“.

„Kein rechtsfreier Raum“

Es käme niemand auf die Idee, dass die Angestellten ihren privaten Drucker, Laptop oder Schreibtisch ins Büro bringen sollten oder dass sie sich an der Stromrechnung beteiligen müssten. Genauso würde niemand erwarten, dass man krank in die Firma komme oder dass Eltern ihre kranken Kinder alleine zu Hause lassen, um arbeiten zu gehen. Warum solle das jetzt im Homeoffice gelten, so Anderl. Es gebe ein geltendes Arbeitsrecht, ein Arbeitszeitgesetz und ein Arbeitnehmerschutzgesetz. Das alles gelte weiterhin. „Das Homeoffice ist kein rechtsfreier Raum“, sagte Anderl.

AK-Studie: Homeoffice soll freiwillig bleiben

42 Prozent der Arbeitnehmer haben in der ersten Lockdown-Phase im April von zu Hause aus gearbeitet. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Arbeiterkammer. Geht es nach den Befragten, soll das Homeoffice freiwillig bleiben und nicht vom Arbeitgeber angeordnet werden.

Frauen wieder besonders gefordert

IFES-Geschäftsführerin Eva Zeglovits ging auf die Befragungen ein. Für viele sei es im März das erste Mal gewesen, dass sie von zu Hause arbeiteten. Für drei Viertel der Befragten sei es von großer Bedeutung, nicht zum Arbeiten von zu Hause aus gezwungen zu werden. Der Großteil achte auf Ruhezeiten, rund ein Drittel tue das aber nicht. Ganze 60 Prozent gaben an, eher im Homeoffice zu arbeiten, als eine Pflegefreistellung in Anspruch zu nehmen, etwa wenn das Kind krank ist. 56 Prozent gaben auch an, eher zu arbeiten, auch wenn man selbst krank ist.

Das stelle freilich besonders für Frauen eine große Beanspruchung dar. Die von der AK beauftragte Erhebung befasste sich auch mit der Frage der Arbeitnehmervertretung: So schlage es sich nieder, wenn es einen Betriebsrat gebe. Regeln zu Arbeitszeit, Datenschutz und Ähnlichem seien dann zumeist vorhanden, ebenso eine Betriebsvereinbarung zu Homeoffice generell.

Jene mit Homeoffice-Erfahrung gaben an, dass die allermeisten zu Hause das privat bezahlte Internet nutzten, dafür aber großteils vom Arbeitgeber mit Laptops ausgestattet wurden. Mängel gebe es genügend bei der restlichen Ausrüstung des Arbeitsplatzes zu Hause, so Zeglovits. Schreibtische, Drucker und Sessel seien zu Hause selten von professioneller Art. Daran habe sich seit März auch wenig geändert. Frauen dürften zudem bezüglich der Ausstattung eher zurückstecken: „Wenn es im Haushalt einen gut ausgestatteten Arbeitsplatz gibt, sitzt dort im Zweifelsfall eher der Mann“, so Zeglovits.

AK für Homeoffice-Gesetz

Die AK formulierte Forderungen an die Regierung: Die Befragung habe ergeben, dass es keinen Zwang zum Homeoffice geben dürfe, so Anderl. Zudem vertrage sich das Arbeiten zu Hause nicht mit der Kinderbetreuung, „das erleben wir in vielen Fällen“. Arbeitsmittel wie Diensthandy und Computer und sonstige Erfordernisse seien von der Seite der Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen, zusätzliche Kosten sollten adäquat abgegolten werden.

Sie wünschte sich mehr Tempo vonseiten des Arbeitsministeriums. Mit der zuständigen Ministerin Christine Aschbacher (ÖVP) erarbeiten die Sozialpartner gerade Regeln für das Homeoffice. Bisher habe es fünf Gespräche mit dem Ministerium gegeben, man sei noch mitten in Verhandlungen. Warum es so lange brauche, bis ein Ergebnis auf dem Tisch liegt, „müssen Sie die Arbeitsministerin fragen“, sagte Anderl. Man wünsche sich bis Jahresende eine Lösung und spreche sich gleich für ein eigenes Gesetz zum Homeoffice aus.

Die Geschäftsführerin des Meinungsforschungsinstituts IFES, Eva Zeglovits und die Präsidentin der AK Wien, Renate Anderl
Screenshot www.arbeiterkammer.at
Zeglovits und Anderl stellten die IFES-Ergebnisse am Dienstag vor

GPA: Arbeitgeber muss Arbeitsmittel bereitstellen

Auch die Gewerkschaft GPA nahm die Umfrage zum Anlass, zu fordern, dass die Arbeitgeber auch Arbeitsmittel für das Homeoffice bereitstellen sollen. Man bekomme zahlreiche Rückmeldungen von Mitgliedern, meist aus Betrieben ohne Betriebsrat, dass nicht einmal Laptop, Tastatur und Handy zur Verfügung gestellt würden. Die Kosten müssten manche Beschäftigten selbst tragen. Auch die ergonomische Situation am Heimarbeitsplatz sei oft „katastrophal“.

Ministerien riefen zu Homeoffice auf

Arbeits- und Gesundheitsministerium hatten vor wenigen Tagen in einer gemeinsamen Aussendung appelliert, Homeoffice zu nutzen, sofern es die Umstände erlaubten. Man stelle „einen Maßnahmenmix für das Arbeiten im Homeoffice zur Verfügung, der Arbeitnehmerinnen und -nehmern sowie Betrieben als Unterstützung in der Praxis zugutekommt“, so Aschbacher.

Die Maßnahmen umfassten die Verlängerung der Pendlerpauschale und des Unfallversicherungsschutzes sowie Leitfäden, „um das Arbeiten im Homeoffice so sicher, produktiv und arbeitnehmerfreundlich wie möglich – und sofern es die persönlichen Umstände erlauben – zu gestalten“, hieß es. Informationen zum Arbeitsrecht vermisste die Arbeiterkammer an den Leitfäden des Ministeriums.