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„Sicherheit vor Zeit“

CoV-Impfstrategie umfasst drei Phasen

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Dienstag gemeinsam mit einem Experten und einer Expertin die österreichische CoV-Impfstrategie präsentiert. Diese soll drei Phasen umfassen, wobei die erste bereits im Jänner beginnen soll. Zwar spiele Zeit eine große Rolle, die Sicherheit und Qualität stehe jedoch nach wie vor an erster Stelle, so Anschober.

Die ersten Marktzulassungen scheinen tatsächlich „rund um die Jahreswende“ möglich und damit „um einiges früher als gedacht“, so Anschober in der Pressekonferenz. Realistisch sei daher, dass die ersten Tranchen der ersten Impfungen bereits im Jänner starten könnten. Ein rascher Beginn sei wichtig, denn dadurch könne „das quälende ewige Bekämpfen der Pandemie schrittweise reduziert werden“, sagte der Gesundheitsminister. Dennoch stehe Sicherheit und nicht der Zeitfaktor an erste Stelle. Die Impfstrategie soll am Mittwoch im Ministerrat beschlossen werden.

Clemens Martin Auer, CoV-Sonderbeauftragter im Gesundheitsministerium, sagte, dass die Durchführung der Impfung in drei Phasen erfolgen werde: Die erste umfasse den Zeitraum von Jänner bis Februar. Da Impfstoffe zu diesem Zeitpunkt jedoch erst in eingeschränkten Mengen zur Verfügung stehen würden (eine Zulassung vorausgesetzt), würden diese zuerst der Hochrisikogruppe zugutekommen.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne)
APA
Anschober kündigte an, dass die Impfkampagne bereits im Jänner starten solle

Alters- und Pflegeheime im Fokus erster Tranche

Die erste Zielgruppe seien Menschen über 65 vor allem in Alters- und Pflegeheimen und das gesamte Personal in diesen Heimen. In der ersten Phase liegt der Fokus zudem auf Pflege- und Gesundheitspersonal in Krankenanstalten, Ordinationen, Rettungsorganisationen und sozialen Diensten sowie auf Hochrisikogruppen mit definierten Vorerkrankungen.

Auer schätzte, dass zunächst eine Million Dosen vorhanden sein werde. Bei zwei notwendigen Teilimpfungen pro Person sind damit 500.000 Menschen zu immunisieren. Die zwei Impfdosen pro Person sind im Abstand von drei, vier Wochen notwendig. Auer betonte jedoch, dass „nicht alles von heute auf morgen anders werden“ könne, „im Jänner wird nicht alles möglich sein“.

Die zweite Phase erstrecke sich auf Februar, März und April, hier könnte es weitere zwei Millionen Dosen geben, was es ermöglichen würde, auch in den niedergelassenen Bereich zu gehen – etwa in einzelne Arztpraxen. Damit sollen grundsätzlich Personen über 65 Jahre sowie solche mit Systemrisiko in den Bereichen Sicherheit, Justiz, Schulen und Bildungseinrichtungen, kritische Infrastruktur und zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens geimpft werden.

PK zur Impfstrategie

Der Zeitpunkt des Starts der Covid-19-Impfung rückt näher. Die ersten Marktzulassungen könnten um den Jahreswechsel, möglicherweise noch in der zweiten Dezember-Hälfte erfolgen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) präsentierte gemeinsam mit dem Sonderbeauftragten des Gesundheitsministeriums, Clemens Martin Auer, und der Leiterin der Impfabteilung und Mitglied des Nationalen Impfgremiums, Maria Paulke-Korinek, die österreichische CoV- Impfstrategie.

Ab zweitem Quartal flächendeckende Impfung

Auer sagte, er gehe davon aus, dass es ab dem zweiten Quartal „ausreichend Impfstoffe“ geben werde, sodass eine breitflächige Impfung der allgemeinen Bevölkerung möglich sei. Als Kooperationspartner nannte er hier Gemeinden und große Unternehmen. Laut Anschober ist das Ziel, eine hohe Impfquote zu erreichen: „Je mehr Menschen mitmachen, umso besser ist es.“ Der Gesundheitsminister will eine Durchimpfungsrate von deutlich über 50 Prozent erreichen, sagte aber auch, dass eine Impfung immer freiwillig bleiben werde.

Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Impfabteilung und Mitglied des Nationalen Impfgremiums, unterstrich unterdessen die Wichtigkeit einer Impfung. Jeder Tag, an dem ein Impfstoff früher zur Verfügung stehe, sei ein Tag, an dem weniger Menschen am Coronavirus sterben. Auf die Frage, wie es denn möglich sei, dass derzeit einige Impfstoffkandidaten bereits vor der Zulassung stehen, wo diese sonst viele Jahre benötigen, antwortete sie, dass die Ausnahmesituation einer Pandemie das erfordere.

Studien, Analysen und Untersuchungen, die normalerweise schrittweise und hintereinander stattfinden würden, liefen derzeit parallel ab. Dieses „Rolling-Review“-Verfahren ermögliche eine schnellere Nutzen-Risiko-Bewertung, dennoch blieben die Anforderungen an Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffes unverändert hoch. Unklar sei jedoch noch, ob geimpfte Personen andere nicht anstecken werden. Idealerweise soll eine Ansteckung durch eine Impfung natürlich verhindert werden, so die Expertin.

Maria Paulke-Korinek (Leiterin der Impfabteilung und Mitglied des Nationalen Impfgremiums)
APA/Herbert Neubauer
Jeder Tag, an dem ein Impfstoff früher zur Verfügung stehe, sei ein Tag, an dem weniger Menschen am Coronavirus sterben, so Paulke-Korinek

Über 16 Millionen Dosen

Anschober lobte das gemeinsame Vorgehen der EU-Mitgliedsstaaten. Es habe sich dabei um einen politisch ungewöhnlich „unbürokratischen und solidarischen“ Prozess gehandelt, bei dem „alle an einem Strang“ gezogen hätten. Ähnlich äußerte sich Auer. Die EU sei mit 27 Mitgliedsländern und 446 Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen einer der weltgrößten Märkte, wodurch es möglich gewesen sei, gute Vertragskonditionen mit den Impfherstellern festzulegen – nicht zuletzt, was den Preis betreffe.

Je mehr in Europa produziert werden könne, desto besser sei es für die Welt, sagte Auer – 70 Prozent aller Impfstoffe würden aus Europa kommen, so Auer. Insgesamt sei ein Budget von 2,7 Milliarden Euro eingesetzt worden, der österreichische Budgetrahmen umfasse 200 Millionen Euro – diese stünden für den Ankauf von 16,5 Millionen Dosen mehrerer Hersteller sowie für die Beschaffung von Material wie Spritzen zur Verfügung, so Anschober. 3,2 Millionen Dosen davon sollen aus der EU kommen – schließlich erhalten alle EU-Länder zur gleichen Zeit zu denselben Konditionen einen Impfstoff.

Clemens Martin Auer, Sonderbeauftragter des Gesundheitsministeriums
APA/Herbert Neubauer
Auer rechnet mit einer Zulassung der ersten Impfstoffe „Ende Dezember, Anfang Jänner“

Baldige Zulassung erwartet

Auer sagte, er nehme an, dass es „Ende Dezember, Anfang Jänner“ zu einer Zulassung des Impfstoffes des deutschen Unternehmens Biontech und des US-Pharamariesens Pfizer kommen werde, jene des britisch-schwedischen Pharmakonzerns AstraZeneca erwarte er im „Jänner oder Februar“, ebenso sehe er bei Moderna (USA) eine frühe Zulassung in Europa. „Von diesen drei Herstellern werden wir auch die ersten Lieferungen bekommen“, meinte Auer.

EU-Verträge mit sechs Herstellern

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) will bis Jahresende über mögliche Zulassungen entscheiden. Unterdessen handelte die EU-Kommission am Mittwoch mit Moderna bereits einen Vertrag über bis zu 160 Millionen Dosen aus. Verträge gibt es mit fünf weiteren Impfstoffanbietern.

Der Experte betonte, dass trotz unterschiedlicher Technologien alle Impfstoffe die gleich hohe Qualität aufweisen würden. Die Verteilung in der Bevölkerung folge pragmatischen Anforderungen, so müsse etwa der Impfstoff von Pfizer und Biontech bei minus 80 Grad gelagert werden. Dadurch sei eine Verbreichung nur in großen Zentren und nicht in kleinen Praxen möglich.

„Verzeichnen leichte Rückgänge“

Anschober präsentierte wie immer auch die aktuellen Zahlen: „Wir verzeichnen leichte Rückgänge“, sagte der Gesundheitsminister. In den vergangenen 24 Stunden habe es 4.377 Neuinfektionen bei 28.070 eingemeldeten PCR-Tests gegeben. Das liege „deutlich oder klar“ unter den Werten an den vorhergehenden Dienstagen im November. Rund 7.000 Menschen wurden in den vergangenen 24 Stunden als genesen gemeldet. Anschober sah die Entwicklung der Zahlen als Folge des Teil-Lockdowns.

Schlechte Nachrichten kamen aus den Krankenhäusern. In den vergangenen 24 Stunden wurden über 100 mit oder an Covid-19 verstorbene Patientinnen und Patienten gemeldet. Auf den Intensivstationen lagen erstmals mehr als 700 Coronavirus-Patientinnen und -Patienten. Allerdings verlangsame sich der Zuwachs auf den Intensivstationen, man liege jetzt bei sieben Prozent Zuwachsrate, war aber schon einmal bei rund 30 Prozent.