Binden und Tampons
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Schottland als Vorreiter

Tampons und Binden bald gratis

Schottland hat als erstes Land der Welt für einen freien Zugang zu Menstruationsprodukten gestimmt. Das einstimmig im Parlament in Edinburgh beschlossene Gesetz macht die kostenlose Bereitstellung von Tampons und Binden für Frauen in öffentlichen Gebäuden verpflichtend.

„Wir sind uns alle einig, dass sich niemand Sorgen machen sollte, woher die nächsten Tampons kommen“, so die Abgeordnete Monica Lennon, die den Gesetzesentwurf eingebracht hat, vor der Abstimmung. „Perioden hören nicht wegen Pandemien auf, und die Arbeit zur Verbesserung des Zugangs zu unerlässlichen Tampons, Binden und wiederverwendbaren Produkten war noch nie so wichtig wie heute“, wurde Lennon von der Nachrichtenagentur PA zitiert. Das Gesetz hatte Lennon erstmals 2017 im Parlament eingebracht.

Menstruationsprodukte sind für Schülerinnen und Studentinnen in Schottland bereits kostenlos. Der Gesetzesentwurf verpflichtet den Gesetzgeber nun, ein landesweites System auf den Weg zu bringen, um sicherzustellen, dass jeder Zugang zu ihnen hat. Schulen und Universitäten müssen außerdem eine Reihe von Hygieneprodukten kostenlos in ihren Toilettenräumen zur Verfügung stellen. Auch andere öffentliche Einrichtungen können künftig von der Regierung dazu veranlasst werden.

Die jeweiligen Kommunalverwaltungen müssten nun entscheiden, welche praktischen Vorkehrungen getroffen werden, aber Tampons und Binden müssten „einigermaßen leicht“ und mit „angemessener Würde“ zugänglich gemacht werden, hieß es diesbezüglich bei der BBC.

Sturgeon: „Bin stolz“

„(Ich bin) stolz darauf, für diese bahnbrechende Gesetzgebung gestimmt zu haben, die Schottland zum ersten Land der Welt macht, das kostenlose Menstruationsprodukte all denjenigen zur Verfügung stellt, die sie brauchen“, twitterte Regierungschefin Nicola Sturgeon. Es sei eine wichtige Maßnahme für Frauen und Mädchen.

In Großbritannien gilt vor allem Schottland als Vorreiter im Kampf gegen die Periodenarmut. Viele haben zu wenig Geld für solche Artikel und greifen während ihrer Periode zu alten Zeitungen, Stofflappen und Klopapier. Etliche Schulen und Universitäten stellen dort bereits kostenlos Binden und Tampons zur Verfügung. Die Problematik sei durch die Coronavirus-Pandemie neuerlich verschärft worden, schrieb der britische „Guardian“.

Monatlich 14,60 Euro für Hygieneartikel

Die Grassroots-Bewegung Women for Independence erhob zuvor, dass beinahe eine von fünf Frauen zu wenig Geld für Hygieneartikel hat – was sich sehr negativ auf das generelle Wohlbefinden auswirke. Im Durchschnitt geben Schottinen im Monat rund 14,60 Euro für Menstruationsprodukte aus – und mehrere tausend Euro im Leben.

Das Programm dürfte Schätzungen zufolge rund 9,8 Mio. Euro pro Jahr kosten, schrieb der „Guardian“. Die schottische Regierung hatte sich im Zuge der Debatte der vergangenen Monate zunächst skeptisch gezeigt, schloss sich der überparteilichen Bewegung letztlich wegen zunehmenden Drucks – auch aus den eigenen Reihen – aber an.

Debatte über „Tamponsteuer“

Die schottische Stadt Aberdeen hatte schon 2017 in einem Pilotprojekt Binden und Tampons sechs Monate lang gratis verteilt. Ein Jahr später weitete die Regierung die Aktion auf Schulen und Universitäten landesweit aus.

Aberdeen in Schottland
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In Aberdeen wurden schon 2017 in einem Pilotprojekt Menstruationsprodukte mehrere Monate lang gratis verteilt

Sanitärprodukte werden in Großbritannien mit fünf Prozent besteuert. Kritikerinnen und Kritiker sprechen dabei von einer „Tamponsteuer“. Schon vor rund vier Jahren hatte die britische Regierung versprochen, die Steuer abzuschaffen – passiert ist das seither nicht.

Die „Tamponsteuer“ wurde in vielen Ländern bereits politisch debattiert. Staaten wie Irland, Kanada und Indien erheben keine Steuer auf Menstruationsprodukte. Australien schaffte die „Tampon Tax“ nach jahrelangen Diskussionen 2018 ab. In Österreich soll die Steuer laut dem Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen reduziert werden – bisher beträgt die Mehrwertsteuer auf die Produkte 20 Prozent.