Offener Streit über Doppelsitz des Europaparlaments

In der Debatte über den Doppelsitz des EU-Parlaments in Straßburg und Brüssel ist ein Streit zwischen Frankreich und Parlamentspräsident David Sassoli entbrannt. Sassoli sei „verblüfft und verärgert“ über ein Schreiben des französischen Europa-Staatssekretärs Clement Beaune, sagte eine Parlamentssprecherin heute der Nachrichtenagentur AFP.

Auch Einwürfe aus der französischen Regionalpolitik zu geplanten Renovierungen an Brüsseler Parlamentsgebäuden seien „nicht hilfreich“. Straßburgs Oberbürgermeisterin, Jeanne Barseghian, und die Präsidenten weiterer regionaler Verwaltungseinheiten hatten angeblich eingeplante Kosten in Höhe von 500 Millionen Euro für Arbeiten in Brüssel angeprangert.

Das sei nicht sinnvoll, denn „das Parlament verfügt in Straßburg, seinem Sitz, über ein völlig funktionsfähiges Gebäude“, erklärten sie. Das EU-Parlament zeigte sich „verwundert“ über die genannte Summe. Über ein Budget für geplante Arbeiten sei bisher noch nicht gesprochen worden, sagte eine Sprecherin. „Wir wissen nicht, wo diese Zahl herkommt.“

Sassoli „ein bisschen schockiert“ über Schreiben

Präsident Sassoli habe deshalb später auch „in herzlicher Atmosphäre“ mit Beaune gesprochen. Später sei der Italiener dann „ein bisschen schockiert“ gewesen, als er ein Schreiben Beaunes in seinem Posteingang fand. Davon habe der Franzose bei dem Gespräch am Vortag nichts gesagt, sagte die Sprecherin. „Das ist nicht sonderlich korrekt“ – vor allem weil Beaune das Schreiben auch auf Twitter veröffentlichte.

Der Staatssekretär forderte darin von Sassoli nachdrücklich eine schnelle Rückkehr des EU-Parlaments nach Straßburg. Dort werden gemäß der EU-Verträge pro Jahr zwölf Plenarsitzungen der Volksversammlung abgehalten. Wegen der Pandemie tagten die Abgeordneten in den vergangenen Monaten aber ausschließlich in Brüssel.