Der Vorfall, der am Samstag stattgefunden hatte, sei „der brutalste direkte Angriff auf unschuldige Zivilisten in diesem Jahr“, sagte Edward Kallon, der humanitäre Koordinator der UNO in Nigeria. Etliche weitere Menschen seien verletzt worden, sagte er. Zudem gebe es Berichte, dass mehrere Frauen entführt worden seien.
Kallon rief zu ihrer sofortigen Freilassung auf. Ein Bewohner der Region, Danjuma Saidu, sagte der dpa, manche der Todesopfer hätten Schusswunden, andere eine durchgeschnittene Kehle. Die Bewohner der Gegend seien „schockiert über die Brutalität des gestrigen Angriffs und haben Angst um ihre Sicherheit“, sagte Kallon.
Boko Haram, IS oder ISWAP?
Nigerias Präsident Muhammadu Buhari verurteilte den Angriff aufs Schärfste. „Das ganze Land ist von diesen sinnlosen Tötungen verletzt“, zitierte ihn sein Sprecher Garba Shehu. Demzufolge beschrieb der Staatschef die „terroristischen Tötungen“ als verrückt.
Wer hinter der Gräueltat steckte, war noch unklar. Allerdings kommt es in Borno seit Jahren immer wieder zu Angriffen der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram und der Splittergruppe ISWAP, die vor einigen Jahren der Terrormiliz Islamischen Staat (IS) die Treue geschworen hatte. ISWAP hatte sich 2016 von der Miliz Boko Haram abgespalten, die bereits seit 2009 gewaltsam für einen islamistischen Staat im Nordosten Nigerias kämpft.
2,4 Millionen Menschen auf der Flucht
Zu oft würden Bauern, Fischer und Familien angegriffen, die versuchten, nach einem Jahrzehnt der Konflikte einen Teil ihrer Daseinsgrundlage wiederherzustellen, kritisierte Kallon. Den ländlichen Gemeinden zu helfen, Land zu beackern und ihre Lebensgrundlage wieder aufzubauen, gehörten zu den Prioritäten der UNO und seien der einzige Weg, eine drohende Lebensmittelkrise im Bundesstaat Borno zu vermeiden.
Boko Haram terrorisiert seit mehr als zehn Jahren die Bevölkerung in Borno sowie in den angrenzenden Ländern. Wegen der Gewalt durch bewaffnete Gruppen sind im Nordosten Nigerias sowie den angrenzenden Ländern laut UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) mindestens 2,4 Millionen Menschen auf der Flucht. Durch die Angriffe der Milizen und ihre Kämpfe mit der Armee wurden in den vergangenen Jahren rund 36.000 Menschen getötet.