Eine Frau mit Hund geht an einem geschlossenen, weihnachtlich dekoriertem Geschäft vorbei
picturedesk.com/AFP/Joe Klamar
Minus 17 Prozent

Beispielloser Einbruch in Weihnachtsgeschäft

Die Summe aller Weihnachtsumsätze steht heuer vor einem beispiellosen Einbruch. Das prognostiziert der Standortberater RegioPlan. Während vor allem Mode-, Elektronik- und Schmuckgeschäfte sowie Christkindlmärkte unter der Coronavirus-Krise leiden, gewinnt der Online- und Lebensmittelhandel dazu. Zunehmen dürfte auch das Verschenken von Geld und Gutscheinen.

Die rund ums Weihnachtsfest gesondert getätigten Ausgaben dürften gegenüber 2019 um 17 Prozent – von 2,1 auf 1,75 Milliarden Euro – zurückgehen. So lautet die Prognose des Standortberaters RegioPlan, die der APA vorliegt. Ein wichtiger Teil der umsatzrelevanten Zeit vor Weihnachten ist laut den Expertenangaben bereits versäumt.

Denn die meisten Bereiche, für die Weihnachten einen Großteil der Umsätze bringt, müssen geschlossen halten. „Das trifft vor allem Branchen, die Waren anbieten, die man vorwiegend nicht ‚braucht‘, sondern ‚will‘ – also Mode, Elektronik, Spiele, Schmuck und Ähnliches.“ Eine heuer fehlende Weihnachtsatmosphäre sei gerade hier oft der Impuls zum Kauf.

Onlinehandel als großer Gewinner

Der Onlinehandel wird heuer coronavirusbedingt nach Weihnachtsumsatz so nahe an den klassischen stationären Handel herankommen wie noch nie. Während der typische Handel um 28 Prozent einbrechen und einen Umsatz von 840 Millionen Euro erzielen dürfte, sollen die Ausgaben im Onlinehandel um 47 Prozent in die Höhe schnellen und 560 Millionen Euro erreichen.

Der Anteil am Gesamtumsatz im Weihnachtsgeschäft des klassischen stationären Handels bricht den Berechnungen zufolge somit auf unter die Hälfte – auf nur noch 48 Prozent – ein. Der Onlinehandel erreicht hingegen fast ein Drittel (32 Prozent). Das Wirtschaftsministerium und die Wirtschaftskammer starteten daher gemeinsam die Onlineplattform Kaufhaus-oesterreich.at, um die Webshops von österreichischen Händlern leichter auffindbar zu machen.

Nach der Präsentation wurde allerdings umgehend Kritik laut, da die Plattform zwar Onlineshops auflistet, allerdings deren Angebote nicht durchsuchen kann. Somit bietet die Plattform keine Produktsuche, wie sie bei der großen Konkurrenz selbstverständlich ist.

Auch Lebensmittelhandel profitiert

Günstig sieht die Situation für den Lebensmittelhandel aus. Dieser profitiere einerseits von den Schließungen der meisten anderen Branchen und andererseits von der geschlossenen Gastronomie. Zudem dürften heuer zu Weihnachten rund 300.000 Österreicherinnen und Österreicher nicht in die Ferne fliegen, sondern zu Hause essen und sich dafür ordentlich eindecken. Aufgrund dieser Faktoren könne der Lebensmittelhandel heuer im Weihnachtsgeschäft mit plus acht bis zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr rechnen.

Größter Verlierer Christkindlmärkte

Rein auf den prozentuellen Einbruch bezogen größte Verlierer werden aufgrund der Coronavirus-Regeln wenig überraschend Christkindlmärkte inklusive der dortigen Gastronomie sein. Sie haben mit einem Minus bei den Ausgaben von 74 Prozent auf 100 Millionen Euro (sechs Prozent aller Weihnachtsausgaben) zu rechnen. Für die Gastronomie (ohne Weihnachtsmärkte) wird ein Rückgang von 67 Prozent auf 50 Millionen Euro (drei Prozent aller Weihnachtsausgaben) angegeben.

Gutscheine und Geldgeschenke boomen

Die Geschenkklassiker sind weiter nicht handelsrelevante Gutscheine und Geld. Sie dürften sich in ihrem Wert verdoppeln. Der Anstieg wird mit 100 Prozent auf 200 Millionen Euro prognostiziert. Das sind elf Prozent aller Weihnachtsausgaben.

Grafik zum Weihnachtsgeschäft
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Regioplan

Hoch im Kurs dürften laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Demox Research außerdem Spielwaren und Parfümerieartikel stehen. Ein traditioneller Begleiter beim Weihnachtsfest bleibt der Christbaum. 80 Prozent werden heuer einen solchen aufstellen – um vier Prozent mehr als 2019. Beim Schmuck dominiert laut Umfrage die Farbe Rot, gefolgt von Gold.

Rabattaktionen erwartet

RegioPlan schreibt zum Virus passend von einem „Seuchenjahr“. Einkommensverluste, eine wegen der Coronavirus-Regeln allgemeine Unlust, einkaufen zu gehen, Ansteckungsrisiken, geschlossene Geschäfte und Gastronomie, kaum ausländische Gäste und eine mit alldem einhergehend nur mühsam aufkommende Weihnachtsstimmung täten das ihre und verhinderten auch Spontankäufe. „Viele Österreicher sparen zudem mehr als in den Vorjahren, denn sie erwarten harte Zeiten“, so die Expertinnen und Experten.

Wenn die Geschäfte wieder öffnen dürfen, sei mit umfassenden Rabattaktionen zu rechnen, glaubt RegioPlan. Rabatte brächten dem einzelnen Geschäft zwar Umsatz, in Summe würden die Weihnachtsausgaben jedoch reduziert – und zwar mit den erwarteten 1,75 Milliarden Euro auf jenen Wert, der exakt vor zehn Jahren, 2010, erzielt wurde.

Öffnung am 7. Dezember noch nicht fix

Ob die Händler am 7. Dezember nach dem knapp dreiwöchigen Lockdown wieder aufsperren dürfen, konnten Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) am Montag nicht bestätigen. „Das wissen wir noch nicht, in den kommenden Tagen wird es Infos geben“, sagte Mahrer. Die Betriebe brauchten aber bald Informationen, um Planungssicherheit zu haben.

Schramböck verwies im Hinblick auf die Öffnungsschritte auf die Entwicklung der Coronavirus-Neuinfektionszahlen. „Wir müssen schauen, wie sich die Zahlen entwickeln. Wir sehen eher ein langsames Abflachen“, so die Wirtschaftsministerin. Die Regierung hatte bereits zugesagt, den Handel zu unterstützen. Das Hilfspaket der Regierung umfasst Kurzarbeitsgeld, Fixkostenzuschuss und Umsatzersatz. Die Hilfe komme zwar an, Händlerinnen und Händler fordern aber Nachbesserung – mehr dazu in wien.ORF.at. Auch rasche Klarheit über den weiteren Fahrplan wird gefordert – mehr dazu in noe.ORF.at.

Gespräche der Sozialpartner würden außerdem über Mahrers Vorstoß für offene Geschäfte am Sonntag in der Vorweihnachtszeit geführt. Die Handelsvertreter hätten ein „umfangreiches Paket“ vorgelegt, um den erwarteten Konsumentenandrang in den Einkaufsstraßen und Einkaufszentren besser zu verteilen, so Mahrer. „Der Sonntag war nur eine Frage.“ Der Wirtschaftsvertreter hatte sich für seine Forderung nach zwei offenen Sonntagen im Dezember Abfuhren von vielen Seiten geholt, selbst aus den eigenen Reihen.