Collage verschiederner CD-Covers
Collage ORF.at
Frisch erschienen

Internationale Stars trotzen der Pandemie

Auch für große internationale Stars war das Jahr 2020 kein einfaches. Viele Produktionen wurden auf Eis gelegt oder verschoben. Andere Künstlerinnen und Künstler wiederum nutzten die Liveauftrittspause für neue Kreativphasen. Und das eine oder andere Album steht ganz im Zeichen der Pandemie und des Lockdowns.

Miley Cyrus entdeckt die 80er

Power-Hits, ein elektrisierter Glam-Rock-Spirit, die Kunst des Coverns und hochkarätige Features: Miley Cyrus ist in ihrer selbstbewussten Manier mit der neuen Platte „Plastic Hearts“ zurück im knallbunten Popzirkus. Die 1980er Jahre dienen dem US-amerikanischen Popstar ebenso als Inspiration wie ihre Kolleg*innen: Die Rockikonen Billy Idol und Joan Jett werden zum Mikro gebeten, von glitzernden Discokugeln und schlechtem Karma als Herzensbrecherin ist da die Rede.

Wenn Miley Cyrus auf dem Album nicht gerade mit Dua Lipa vom Wegrennen träumt, covert sie The Cranberries oder Blondie. Damit gräbt sich Cyrus auf „Plastic Hearts“ durch die Vergangenheit und feiert damit einen Neubeginn in ihrer bisherigen Sound-Welt – mehr dazu in fm4.ORF.at. (Michaela Pichler, FM4)

Miley Cyrus: „Plastic Hearts“, RCA Records

Taylor Swift spielt sich in eigene Liga

Als Countrystar begonnen, zum Popstar geworden und nun mittendrin im Folk. Man könnte meinen, Taylor Swift sei so etwas wie erwachsen geworden. Nur ein paar Monate nach „Folklore“ hat die US-Sängerin mit „Evermore“ ein Schwesteralbum ohne Vorankündigung auf den Markt gebracht, das Kritikerinnen und Kritiker jubilieren lässt – und Swift in Sachen Songwriting und vor allem Lyrics endgültig in der allerhöchsten Spielklasse ankommen lässt. Vordergründig traditionell und brav, mit Piano dort, Akustikgitarre da arrangiert, entfaltet „Evermore“ durchaus Überraschungen – mehr dazu in fm4.ORF.at. (Christian Körber, ORF.at)

Taylor Swift: „Evermore“, Republic Records

Kunterbunter Eskapismus-Pop mit vielen Gaststars

Die Comic-Band Gorillaz rund um den Blur-Frontmann und umtriebigen Musiker Damon Albarn hat ein neues Album veröffentlicht. Mehr als ein durchgeplantes Konzeptwerk ist „Song Machine, Season One: Strange Timez“ eine lose Sammlung der jüngsten, einzeln veröffentlichten Singles der Gorillaz, allesamt aufgenommen mit einer Riege an hochkarätigen Gaststars von Elton John bis St. Vincent, von Beck bis Robert Smith und Octavian. Hip-Hop als Grundzutat im Sound der Gorillaz bleibt in den 17 neuen Songs meist präsent. Zusammenfassend ergibt die „Song Machine“, trotz einiger Längen und Schwächen, einen bunten, unterhaltsamen Obstsalat an fruchtiger Popmusik – mehr dazu in fm4.ORF.at. (Katharina Seidler, FM4)

Gorillaz: „Song Machine, Season One: Strange Timez“, Warner

Tinnitus statt Weltverdruss

Dass die australischen Hardrock-Veteranen AC/DC ein neues Album auf den Markt brachten, konnte bei der enormen Medienberichterstattung kaum jemandem entgehen. Tatsächlich erinnert „Power Up“ nicht nur an gute alte Zeiten der Band, sondern trifft – angesichts der Verkaufszahlen – vielleicht auch einen Nerv: Für kurze Pausen im Homeoffice oder nach erledigtem Tagwerk am Abend bei voller Lautstärke im Schweinsgalopp durchs Wohnzimmer? Danach endlich die im Lockdown eingezogenen neuen Nachbarn kennenlernen? In diesem Sinne. Tinnitus statt Weltverdruss – mehr dazu in oe3.ORF.at. (Christian Körber, ORF.at)

AC/DC: „Power Up“, Sony

Der „Boss“ in alter Stärke

Zu seiner E Street Band und damit zu alter Form hat auch Bruce Springsteen zurückgefunden. Zwölf Songs, darunter drei ältere, hat der „Boss“ auf das neue Album „Letter to You“ gepackt. Auch wenn es textlich nicht immer heiter um Verlust und Altern geht, ist es keineswegs ein Depri-Album. Seinem Ruf als musikalischer Chronist der USA macht Springsteen jedenfalls wieder alle Ehre. (Christian Körber, ORF.at)

Bruce Springsteen: „Letter to You“, Columbia

Gemeinsam einsam mit Nick Cave

In diesem Jahr hätten Nick Cave und seine Bad Seeds Konzerte in ganz Europa gespielt, die auf 2021 verschobenen Tour-Termine wurden vor Kurzem nun ersatzlos gestrichen. „Was ich mir am meisten wünsche, ist live zu spielen“, schrieb der Musiker an seine Fans. Ein Konzert hat Nick Cave heuer dann doch gespielt: ohne Publikum im Londoner Alexandra Palace. Das im Sommer gestreamte Konzert ist nun auch als Livealbum erschienen und wird im Jänner auch in den heimischen Kinos gezeigt. Gemeinsam einsam sein, so lautet die Devise bei „Idiot Prayer – Nick Cave Alone at Alexandra Palace“. Nick Cave spielt sich solo am Klavier durch vier Dekaden seines künstlerischen Schaffens. Ein kleines Vinyl-Trostpflaster für die abgesagte Tour – mehr dazu in fm4.ORF.at. (Susi Ondrusova, FM4)

Nick Cave: „Idiot Prayer – Nick Cave Alone at Alexandra Palace“, Bad Seed Ltd./ AWAL/ Rough Trade

Keine Pandemie ohne Ärzte

Die Ärzte hätten im Sommer eigentlich mit einer großen Tour ihr Comeback gefeiert. Ohne Konzerte, dafür aber mit neuem Album ist die selbst ernannte „beste Band der Welt“ nach einer siebenjährigen Pause zurück. Die Platte mit dem zweideutigen Titel „HELL“ behandelt Themen wie Social Media, Verschwörungstheorien und den Untergang der Punkmusik – oder wie Farin Urlaub sagen würde: „Es geht um alles!“ „HELL“ ist nicht das beste Ärzte-Album aller Zeiten, aber ein starkes Comeback, auf dem die Freude am Tun und die Chemie zwischen den drei Ärzten endlich wieder deutlich hör- und spürbar ist. Im Interview mit Radio FM4 hat Farin Urlaub erzählt, wie die Ärzte wieder zueinander gefunden haben – mehr dazu in fm4.ORF.at. (Alica Ouschan, FM4)

Die Ärzte: „HELL“, Hot Action Records

Deutsche Gegenwartsbewältigung

Gefeierte Alben, gefüllte Hallen: AnnenMayKantereit waren in den vergangenen Jahren so etwas wie die deutsche Rockband der Stunde. Nun hat das Kölner Trio überraschend ein Lockdown-Album herausgebracht. Mit der markanten, tiefen Stimme von Henning May wird über das Katastrophenjahr 2020 sinniert. Die großen Hits wie auf den beiden Vorgängeralben sind nicht dabei. Es scheiden sich die Geister: Ist „12“ jetzt der große Wurf der musikalischen Gesamtbestandsaufnahme der Stimmung in deutschen und angrenzenden Landen? Oder scheitern AKM beim „Gescheitln“. Ein bisschen beides. (Christian Körber, ORF.at)

AnnenMayKantereit: „12“, Irrsinn Tonträger

Disco gegen den Lockdown

Und sie dreht sich doch. Ausgerechnet in dem Jahr, als coronavirusbedingt die Clubs geschlossen wurden, erlebten die Dance-Stile Disco und House ein Revival im Pop. Jungstars wie Dua Lipa und Ariana Grande und arrivierte Acts wie Lady Gaga und Kylie Minogue ließen in ihrer Musik die Discokugel rotieren. Als wahre Lockdown-Queen erwies sich Roisin Murphy. Die Performerin und Produzentin feierte bereits in den 1990er Jahren mit dem Dance-Duo Moloko („Sing It Back“) Welterfolge. Während des ersten Lockdowns im Frühjahr begeisterte Murphy mit improvisierten Clubperformances, die sie aus ihrer Wohnung in London streamte. Das Album „Roisin Machine“ vereint nun die Dekadenz und Feierlaune von klassischem Disco, 80er-Synthpop und House im Stile der 1990er Jahre mit der Sehnsucht nach durchtanzten Nächten, wie sie uns im Moment verwehrt bleiben. Ein Album, das Hintern und Herz gleichermaßen bewegt – mehr dazu in fm4.ORF.at. (Christian Lehner, FM4)

Roisin Murphy: „Roisin Machine“, Skint Records

Wüstenbrise für die Feiertage

Ein Weihnachtsalbum – warum nicht? – haben sich die Alternative-Country-Helden Calexico gedacht, und zwar noch vor der Pandemie. Herausgekommen ist „Seasonal Shift“, eine stimmungsaufhellende Platte mit neuen Songs, Gästen und ein paar Coverversionen, darunter der Klassiker „Happy Xmas (War Is Over)“ von John Lennon und Yoko Ono. Gaby Morenos reizende Version des venezolanischen Weihnachtslieds „Mi Burrito Sabanero“ wird vielleicht öfter laufen – nicht nur, wenn man Kinder im Haus hat. Die eigenen Calexico-Songs sind fast alle schön, atmosphärisch und entspannt: eine Wohltat zwischen Bach-Oratorium und zuckrigen Weihnachtsliedern und so erfrischend wie eine Wüstenbrise. (Johanna Grillmayer, ORF.at)

Calexico: „Seasonal Shift“, City Slang (Rough Trade)