Orban: „Sehr nahe“ an Einigung im Budgetstreit

Die EU-Staats- und -Regierungschefs stehen nach Worten des ungarischen Premiers Viktor Orban kurz vor einer Einigung im Streit über das 1,8 Billionen Euro schwere Finanzpaket. „Wir sind sehr nahe daran, eine gute Vereinbarung zu erzielen“, sagte Orban heute vor Beginn des Gipfels in Brüssel.

Orban sprach von einem „Sieg für die Einheit unseres Kontinents“. Es sei aber auch „ein Sieg des gesunden Menschenverstands“.

Michel: Noch nicht am Ziel

Aus Sicht von Ratspräsident Charles Michel ist eine Lösung des Streits aber noch nicht unter Dach und Fach. „Wir sind noch nicht an der Ziellinie“, sagte er. Er glaube jedoch, dass eine Einigung möglich sein werde. „Das wäre ein starkes Signal an den Rest der Welt, aber auch an unsere Bürger.“

Ungarn und Polen wollten verhindern, dass die Auszahlung von EU-Geld künftig an die Einhaltung von Rechtsstaatsprinzipien geknüpft wird. Deshalb blockieren sie bisher das EU-Budgetpaket mit einem Volumen von gut 1,8 Billionen Euro. Darin enthalten ist auch der Coronavirus-Wiederaufbaufonds in Höhe von 750 Milliarden Euro.

Kompromiss ausgehandelt

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat für den Gipfel einen Kompromiss ausgehandelt. Budapest und Warschau können gegen die umstrittene Kürzung von EU-Geldern vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. Der Kompromissvorschlag sieht vor, dass die EU-Kommission bei einer solchen Nichtigkeitsklage gegen den Rechtsstaatsmechanismus bis zu einem Urteil keine Kürzung von EU-Geldern beschließt.

Auch Polens Vizeregierungschef Jaroslaw Kaczynski begrüßte den vorgeschlagenen Deal. „Wenn der Vorschlag durchgeht, der im Moment vorbereitet wird, dann ist es gut“, sagte Kaczynski der Nachrichtenagentur PAP. Es gebe allerdings noch einige EU-Mitgliedsstaaten, die sich widersetzen. Der 71-jährige ist der Vorsitzende der nationalkonservativen Regierungspartei PiS und gilt als starker Mann in der polnischen Politik.

Merkel hofft auf Einigung

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hofft jedenfalls auf eine Einigung. Es sei daran gearbeitet worden, die Schwierigkeiten zu überbrücken, sagte sie. „Es wird sich heute zeigen, ob wir dann auch eine Einstimmigkeit im Europäischen Rat dafür finden.“ Man habe jedenfalls versucht, viele Vorarbeiten zu leisten.

Es wäre ein sehr wichtiges Zeichen auch für die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union, wenn dieses wichtige Ergebnis erzielen werden könnte, sagte die Kanzlerin. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, er hoffe, dass der Kompromiss mit Ungarn und Polen zum EU-Haushalt in den kommenden Stunden unter Dach und Fach gebracht werde.

Zudem werde das Thema Klimaschutz auf dem Gipfel behandelt, sagte Merkel. Zu den Vorschlägen der EU-Kommission gebe es noch keinen Beschluss des Europäischen Rates. Man werde versuchen, einen solchen auf der Tagung zu erreichen.