Cockpit einer 747 von außen fotografiert
Getty Images/Jason Hosking
Nach Zwangspause

Bedenken wegen „gestrandeter“ Flugzeuge

Die Coronavirus-Krise hat den globalen Flugverkehr in ein tiefes Loch gerissen. Unzählige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verloren ihre Jobs oder wurden in Kurzarbeit geschickt. Aufgrund der Reisebeschränkungen konnten Airlines nur mehr einen Bruchteil ihrer Flugzeuge in der Luft halten. Und jetzt, wo die Zeichen zaghaft auf Besserung stehen, äußern Experten wegen der langen Zwangspause Bedenken.

So mahnen sie Airlines, bei der Wiederinbetriebnahme von lange auf dem Boden gehaltenen (aber freilich dennoch regelmäßig gewarteten) Flugzeugen besonders vorsichtig zu sein. Insbesondere das bis dato unbekannte Ausmaß an nötigen Wartungen berge Gefahren. „Für jedes Flugzeug gibt es eigens Anweisungen für die Wartung, aber in diesem Umfang wurde das noch nie gemacht“, wurde Greg Waldron, Asienchef des Luftfahrtportals FlightGlobal, in der BBC zitiert.

Aufgrund der vielen Einlagerungen von Flugzeugen sei die Zahl der gemeldeten Probleme bei der Wiederinbetriebnahme sprunghaft angestiegen. So stellte die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) fest, dass die Zahl der Berichte über unzuverlässige Geschwindigkeits- und Höhenmessungen während des ersten Flugs nach dem Verlassen der Abstellflächen stark zugenommen haben. In einigen Fällen mussten Starts abgebrochen werden, oder das Flugzeug musste zur Basis zurückkehren.

Probleme durch Insekten oder Larven

Vielfach waren Probleme mit Geschwindigkeitsmessungen auf Insekten und Larven in den Pitotrohren des Flugzeugs zurückzuführen – diese Staudrucksonden sind das zentrale Element zur Erfassung der Geschwindigkeit. Diese Probleme sind in der Luftfahrtindustrie aber längst bekannt – deswegen sind sie üblicherweise einfach lösbar. Dennoch werde Fliegen laut Waldron jetzt nicht unsicher, insbesondere bei neueren Modellen könne es aber mangels Erfahrungswerten zu diesbezüglichen Problemen kommen.

Parkende Flugzeuge auf dem Flughafen von Wuhan
AP/Chinatopix
Der weltweite Flugbetrieb lief 2020 auf einem Minimum – hier der Airport Wuhan im Jänner

Häufung von instabilen Landeanflügen

Ein weiterer Fokus der Bedenken richtet sich auf jene, die Flugzeuge auf dem Boden und in der Luft steuern: auf Pilotinnen und Piloten. Zwar halten sie sich mit Simulatoren vielfach einsatzfit bzw. wurden in den letzten Monaten von den Arbeitgebern zu vielen Extraeinheiten verpflichtet, doch äußerten Aufsichtsbehörden und Versicherer dennoch Sorge über Piloten und Pilotinnen, die aus der Übung sind.

Gary Moran, beim Versicherungsmakler Aon für das Fluggeschäft in Asien zuständig, sprach gegenüber der BBC von einem „großen Problem“. Insbesondere ein Umstand bereitet Kopfzerbrechen, nämlich dass die Zahl mangelhaft ausgeführter Landeanflüge und Landungen in diesem Jahr signifikant zugenommen hätte. Quelle für diese Angabe ist der globale Airline-Verband IATA. Mögliche Folgen können von harten Landungen bis zu schweren Unfällen reichen.

„Nicht wie Fahrradfahren“

Insbesondere in Asien war es im Vorjahr zu tödlichen Unglücken gekommen: Im Mai stürzte ein Flugzeug der Pakistan International Airlines nach einem instabilen Landeanflug ab – Dutzende Menschen kamen ums Leben. Der Untersuchungsbericht zeigte schwere Fehlentscheidungen der Piloten und Fluglotsen auf. Im August kamen bei einem ähnlichen Unfall 18 Menschen ums Leben, als eine Maschine der Air India Express nach einem instabilen Landeanflug abstürzte.

Halbierung des Luftverkehrs

Eurocontrol zufolge dürfte der Luftverkehr in Europa 2021 nur die Hälfte des Vorkrisenniveaus erreichen. Die Fluglinien hoffen nun, dass durch die Impfungen wieder mehr Flüge möglich sein werden.

Angesichts solcher Vorfälle mahnen Experten zur besonderer Vorsicht: „Das Fliegen eines Flugzeugs ist sehr technisch. Wenn man es schon eine Zeitlang nicht mehr gemacht hat, ist das nicht so wie beim Fahrradfahren“, so FlightGlobal-Experte Waldron. Gleichzeitig betonte er, dass sich viele Fluggesellschaften des momentanen Problems bewusst seien und seitens der Pilotinnen und Piloten vielfach Zusatzeinheiten in Flugsimulatoren absolviert werden müssten.