Brexit-Deal: Schallenberg glaubt nicht an Scheitern

Die Brexit-Verhandlungen verlaufen äußerst zäh, doch rechnet ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg noch mit einer Einigung. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir keinen Deal finden“, sagte Schallenberg am Abend in einem APA-Gespräch. „Wenn man dann in letzter Minute noch einen Deal findet, kann man den provisorisch auch noch in Kraft setzen.“ Das mache auch „psychologisch einen ganz großen Unterschied, selbst wenn die Prozeduren erst im Jänner folgen können“.

So wüssten alle Partner, „auch jene in der Wirtschaft“, dass es eine Einigung gebe. Die nächsten Schritte, etwa im Europäischen Parlament, könnten dann ja Anfang nächsten Jahres gesetzt werden. „Ich hielte es für absurd, wenn Großbritannien nach jahrelangen Scheidungsverhandlungen letztlich ohne Fallschirm von Bord springt und wir plötzlich überhaupt keinerlei Vertragsbeziehungen mehr mit einem Partner haben, der immerhin 40 Jahre mit uns gemeinsam in der EU war“, hegte Schallenberg die Hoffnung, dass ein „No Deal“-Brexit vermieden werden kann.

„Haben die Uhren wieder angehalten“

Grundsätzlich glaubt der Außenminister nicht, dass die langwierigen Verhandlungen dem Zusammenhalt in der EU Schaden zufügen werden. „Erinnern wir uns zurück an den Beginn, da hat es geheißen, andere Länder könnten dem Brexit-Modell folgen, die Briten werden es schaffen, uns auseinanderzudividieren und gegeneinander ausspielen – nichts davon ist geschehen.“ Vielmehr habe es einen Prozess gegeben, wo die Europäische Union von Tag eins bis zum letzten Tag geschlossen aufgetreten sei.

Momentan geschehe das, „was wir in Europa eigentlich sehr gut können“, analysierte Schallenberg. „Wir haben die Uhren wieder angehalten.“ Der Außenminister zeigte auch Verständnis, dass den Briten die „Fischerei“ ein wichtiges Anliegen sei. Dieses Thema sei für einen Binnenstaat wie Österreich vielleicht erstaunlich, aber die Fischer seien eben in Großbritannien „wie bei uns die Bergbauern im Alpengebiet“. „Da würden wir auch emotional reagieren.“

EU zu Verhandlungen „bis zu letzter Sekunde“ bereit

Die EU ist laut ihrem Chefunterhändler Michel Barnier bereit, die Verhandlungen mit London über ein Handelsabkommen „bis zur letzten Sekunde“ fortzuführen. „Unsere Tür bleibt bis zum Jahresende und darüber hinaus offen“, sagte Barnier nach Angaben aus übereinstimmenden Quellen gestern bei einem Treffen mit Vertretern der Mitgliedsstaaten in Brüssel. Zuvor hätte ein neues Angebot der Briten beim Thema Fischerei keinen Verhandlungsdurchbruch gebracht.

Umstrittene Fischerei

Hauptstreitpunkte in den Verhandlungen sind seit Monaten faire Wettbewerbsbedingungen, die Kontrolle eines künftigen Abkommens und der Zugang zu britischen Gewässern für EU-Fischer. „Die meisten Fragen sind vorläufig geklärt oder stehen kurz vor einer Einigung“, sagte dazu ein EU-Diplomat. „Die Differenzen bei der Fischerei bleiben jedoch schwer zu überbrücken.“

Im Detail geht es um Kürzungen der erlaubten Fangmengen in Großbritanniens Gewässern für EU-Fischer und die Länge einer Übergangszeit für deren Einführung. Zuletzt hieß es in Medienberichten, dass Großbritannien der EU mit einem Angebot für eine längere Übergangszeit entgegengekommen sei. Nach AFP-Informationen ging das insbesondere Frankreich aber noch nicht weit genug. Großbritannien habe sich hier noch nicht ausreichend in Richtung einer „fairen Lösung“ bewegt, sagte der Diplomat.