Erste CoV-Impfung an der Medizinischen Universität Wien
ORF
CoV-Immunisierung

Erste Impfungen in Österreich verabreicht

Begleitet von Politik und Kameras sind Sonntagfrüh die ersten Personen in Österreich gegen das Coronavirus geimpft worden. Mehrere Freiwillige machten in Wien den Anfang, andere Bundesländer folgen ebenfalls am Sonntag. Die erste geimpfte Person in Österreich war eine 84-jährige Pensionistin. Sie wolle „ohne Bedenken ihre Kinder, Enkel und Urenkel wiedersehen“.

Die Geimpften sind über 80 Jahre und haben Vorerkrankungen. Den Risikopatienten wurde an der MedUni Wien von der Vorsitzenden des Nationalen Impfgremiums, Ursula Wiedermann-Schmidt, in Begleitung von Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres die erste von zwei Impfdosen verabreicht. Ein gewisser Schutzeffekt soll laut Hersteller schon sieben Tage nach der ersten Teilimpfung gegeben sein.

Die drei Senioren – zwei Frauen, ein Mann –,die den Anfang machen, hatten sich in der Spezialambulanz für Risikopatienten der MedUni freiwillig für die Teilnahme an der Impfung gemeldet. Unter den ersten fünf waren auch zwei Mitglieder des Gesundheitspersonals. Er habe sich wegen des Schutzes seiner Familie und aus Verantwortung für die Gesellschaft zur Impfung gemeldet, sagte Bernhard Rössler, Leiter einer Covid-Station im Wiener AKH. Ein jahrelang immer wiederkehrender Lockdown sei keine Option. Zahlreiche weitere Personen ließen sich ebenso bereits auf eine Liste für die Immunisierung eintragen, teilten die Verantwortlichen mit.

Interview mit den ersten Impfteilnehmern

Helma Poschner interviewt Theresia Hofer, die als erste Österreicherin die CoV-Impfung erhalten hat.

Schutz vor Erkrankung

Die Impfung habe eine sehr hohe Schutzrate vor einer Erkrankung an Covid-19, sagte Wiedermann-Schmidt. Nun müsse es weitere Untersuchungen geben, ob geimpfte Personen nicht mehr ansteckend sind. Bis zu den ersten Ergebnissen sei weiterhin Vorsicht geboten auch im Kontakt mit geimpften Menschen. Allergiker gehören für Wiedermann-Schmidt nicht zu der Zielgruppe, die von der Impfung ausgespart werden sollte. Zurückhaltender sei man bei Schwangeren. Auch Kinder unter 16 Jahren werden nicht geimpft. Es gebe dazu keine Studien, so die Medizinerin, zudem wisse man, dass unter 16-Jährige keine schweren Erkrankungen durchmachen.

„Erster Tag der Wende“

In Statements nach den ersten Impfungen zeigten sich Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) erleichtert über die Aufnahme der Impfaktion. Kurz sprach von einem „historischen Tag“, für Anschober war es der „erste Tag der Wende“. Es warten aber noch herausfordernde Monate, so die beiden Politiker. Die Impfungen geben aber eine Perspektive, so Anschober. Er kündigte zudem an, dass Österreich seine Lieferungen von Pfizer/Biontech auf über vier Millionen aufstocken konnte.

Erste CoV-Impfung an der Medizinischen Universität Wien
APA/Hans Punz
Der Start der Impfaktion in Österreich wurde auch von Kanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober begleitet

In der ersten Jänner-Woche sollen flächendeckend Risikogruppen und über 80-Jährige geimpft werden sowie medizinisches Personal im exponierten Bereich, in der zweiten Phase ältere Menschen und Mitarbeiter kritischer Infrastruktur und in der dritten Phase folgen alle Personen, die sich impfen lassen wollen. Anschober will in den kommenden Tagen ein E-Bestellsystem vorstellen. Kurz kündigte eine Impfkampagne an sowie ein Gremium mit Medizinern und Wissenschaftlern, das die Bevölkerung informieren soll.

Alle Bundesländer bis auf Kärnten

Die Covid-Station in der Klinik Favoriten wird in Wien dann in den Mittagsstunden die nächste Station sein. Laut Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) wird Christoph Wenisch, der Leiter der Infektionsabteilung, dort als Erster das Mittel verabreicht bekommen. Wien werde „alles daran setzen“, so schnell wie möglich viele Personen dafür zu gewinnen, sich impfen zu lassen, so Ludwig. Im Jänner sollen in Wien alle Hochrisikopersonen geimpft werden – mehr dazu in wien.ORF.at.

Auch die anderen Bundesländer – bis auf Kärnten – wollen am Sonntag die ersten Impfungen durchführen. Die ersten Impfstoffdosen wurden vom Bundesheer Sonntagfrüh nach Salzburg gebracht für Impfungen in einem Seniorenheim – mehr dazu in salzburg.ORF.at. Auch in Oberösterreich finden die ersten Impfungen am Sonntag in einem Alten- und Pflegeheim statt – mehr dazu in ooe.ORF.at. Tirol hingegen gab sich bedeckter rund um die ersten Impfungen. Man wolle Medienrummel vermeiden – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) will keine Showeffekte und mit der ersten Impfung noch zuwarten. Hier wird am 5. Jänner das erste Mal in mehreren Pflegeheimen geimpft – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Trotz anfänglicher Kritik von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) plant auch das Burgenland bereits am Sonntag erste Impfungen.

Kühl-Lkw von Polizei eskortiert

Hinter der Impfaktion gegen das Coronavirus steht ein enormer logistischer Aufwand. Die ersten rund 10.000 Dosen des Coronavirus-Impfstoffs von Biontech/Pfizer sind in einem Kühl-Lkw eskortiert von Polizeifahrzeugen am Samstag angekommen. Gestartet war der Transport im belgischen Puurs, wo die Impfstoffe für Europa produziert werden. In den USA gibt es weitere Produktionsstandorte.

Die erste Tranche für Österreich wurde in die Vertriebsniederlassung der Herba Chemosan Apotheker AG in Wien-Simmering gebracht. Dort gab es am Samstag daher hohen Besuch: Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), Wiens Bürgermeister Ludwig (SPÖ) und Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) statteten dem Impfstoffdepot einen Besuch ab.

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Herba-Chemosan-Chef und Präsident der Branchenvertretung Phago Andreas Windischbauer, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Pfizer-Austria-Chef Robin Rumler, anlässlich der Ankunft der ersten Corona-Impfdosen in Wien.
APA/Hans Punz
Ludwig, Mikl-Leitner, Herba-Chemosan-Chef Andreas Windischbauer, Tanner und Pfizer-Austria-Chef Robin Rumler

Bundesheer übernahm Verteilung

Die Dosen wurden bei minus 74 Grad eingelagert. Wenn der Impfstoff beim Endverbraucher ankommt, soll er zwischen plus zwei und acht Grad Celsius haben. Nur die erste Tranche wird laut Herba-Chemosan-Chef Chef Andreas Windischbauer zur Gänze in Simmering gelagert, alle weiteren Lieferungen werden auf 17 Niederlassungen in ganz Österreich aufgeteilt. Insgesamt macht Pfizer/Biontech Impfstoff für knapp drei Millionen Menschen in Österreich verfügbar.

Am Sonntag schloss das Bundesheer die Verteilung der ersten Vakzinelieferung ab. Impfdosen wurden in Senioren- und Pflegeheime in Graz, Salzburg, Mieming in Tirol, Dornbirn und Bregenz übergeben. Die Zustellung zum Endverbraucher erfolgte im „Schneeballsystem“ durch Soldaten von Verbänden aus den jeweiligen Bundesländern. Tanner dankte den involvierten Soldaten und Zivilbediensteten, „für weitere Aufgaben stehen wir bereit“.

Erste Impfungen in vielen EU-Ländern

Auch EU-weit starteten viele Länder mit den ersten Impfungen. Einige Länder, darunter Deutschland, Ungarn und die Slowakei, preschten bereits am Samstag vor. In Deutschland war eine 101-Jährige in einem Altersheim die erste geimpfte Patientin. In Tschechien gab Ministerpräsident Andrej Babis am Sonntag den Startschuss für sein Land. Er ließ sich selbst vor laufender Kamera impfen. Auch Polen, Schweden, Italien und Litauen führten die ersten Impfungen durch. In allen Ländern wurden ausgewählte ältere Risikogruppen sowie Gesundheitspersonal geimpft.