Gastronomie will Freitestungen keinesfalls kontrollieren

Die Nachricht, dass Innenminister Karl Nehammer entgegen der Ankündigung von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) die Gastronomiebetriebe die „Freitestungen“ für einen dortigen Besuch kontrollieren lassen will, hat in der Branche „wie eine Bombe eingeschlagen“. Das sagte der Gastrospartenobmann in der Wirtschaftskammer, Mario Pulker, heute im Gespräch mit der APA. Wirtinnen und Wirte könnten die Kontrolle keinesfalls übernehmen.

Nehammer sorge mit seinen Angaben für eine zusätzliche Verunsicherung bei den Gastronomiebetrieben in einer unsicheren Zeit, so Pulker. Er verlässt sich, wie er betonte, auf den heute bekräftigten Standpunkt von Tourismusministerin Köstinger, wonach die Behörden für eine Kontrolle zuständig sein sollen. „Wir werden nicht kontrollieren. Das ist für uns nicht möglich“, sagte Pulker.

Contact-Tracing unklar

Auch wie es mit dem Contact-Tracing in Gasthäusern genau weitergeht, wenn sie wieder öffnen, ist derzeit noch offen. „Wir warten auf die neue Verordnung. Dann werden wir auch hierzu mehr wissen“, so der Spartenobmann, der die „Zettelwirtschaft“ nicht gutheißt. Diese Verordnung kommt vom Gesundheitsministerium von Rudolf Anschober (Grüne).

Pulker appellierte an die Bevölkerung, sich impfen zu lassen und zu Coronavirus-Tests zu gehen, um so rasch wie möglich wieder zur Normalität zurückzukehren. „Denn diesen Auf-zu-Zustand werden wir nicht mehr lange überleben“, so Pulker über die Gastronomie.

Im Jänner soll es die Gelegenheit geben, sich mittels Coronavirus-Tests den Besuch von Geschäften und Restaurants zu ermöglichen. Die Regierung will in der ersten Jänner-Woche die gesetzlichen Rahmenbedingungen zum „Freiteisten“ schaffen und präsentieren.

„Immer der, der die Erlaubnis bekommt“

Im Normalfall wird die Kontrolle aber nicht durch die Polizei erfolgen. Das stellt Nehammer (ÖVP) im Gespräch mit der APA klar. Im Gegensatz zu Köstinger erkennt er hier vornehmlich die Zuständigkeit der Betreiber selbst – sowie auch der Wirtschaftskammer oder des Arbeitsinspektorats. In der „Kronen Zeitung“ wurde Nehammer noch deutlicher: „Ich sehe das so: Immer der, der die Erlaubnis bekommt, ein Geschäft zu betreiben, trägt die Verantwortung dafür, was in seiner Anlage passiert. Das wäre auch für Lokalbetreiber nach dem Freitesten so.“

Ganz ausschließen will es der Ressortchef nicht, dass man seitens der Exekutive auch hier das ein oder andere Mal ausrücken wird müssen. Es könne sein, dass die Gesundheitsbehörden die Polizei zu Stichproben auffordern. An sich sei es aber ein Einsatz nur vorgesehen, wenn es zu einer Eskalation komme – also etwa wenn sich eine Person weigert, einen Ort zu verlassen, obwohl sie keinen Coronavirus-Test absolviert hat.

Wirtschaftsbund irritiert

Irritiert zeigte sich auch Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger. „Es ist nicht Aufgabe von Mitarbeitern oder Unternehmern, die Arbeit der Polizei zu erledigen“, erklärte Egger in einer Aussendung. Köstinger habe bereits klargestellt, dass das „mit Sicherheit nicht so sein wird“. Nehammers Aussagen würden hingegen Händler, Lokalbetreiber und Dienstleister „unnötig verunsichern“, so der ÖVP-Politiker in Richtung seines Parteikollegen.

Kritik am Innenminister übten auch SPÖ und FPÖ. SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter lehnte Kontrollen durch die Wirte ebenfalls ab und erklärte in einer Aussendung: „GastronomInnen und UnternehmerInnen sind keine Hilfssheriffs.“ Auch FPÖ-Mandatar Erwin Angerer reagierte verärgert über die „weltfremde Forderung“ des Innenministers: „Seit Monaten kämpfen die Unternehmer ums Überleben, werden für jeden Euro Unterstützung zu Bittstellern degradiert und nun sollen sie auch noch die Arbeit von Regierung und Polizei übernehmen – das kann es wohl nicht sein.“