Stark beschädigtes Haus
Reuters/PIXSELL/Slavko Midzor
Mehrere Tote

Starkes Erdbeben erschüttert Kroatien

Ein Erdbeben der Stärke 6,4 hat nach Angaben von Seismologen am Dienstag erneut die kroatische Zentralregion erschüttert. Mindestens sieben Menschen starben, unter ihnen ein zwölfjähriges Mädchen. Zudem wurden mehrere Menschen verletzt. In Zagreb sowie im Umfeld des Epizentrums, das rund 45 Kilometer südöstlich der Hauptstadt lag, wurden Gebäude zerstört. Es war das zweite Beben innerhalb von 30 Stunden.

In der Stadt Petrinja, die etwa drei Kilometer von Zentrum des Bebens entfernt liegt, stürzten mehrere Häuser ein. Laut Medienberichten soll es darin Verschüttete geben, ein Mädchen konnte nur noch tot aus den Trümmern geborgen werden. Der Regionalsender N1 berichtete, dass Schreie aus den Trümmern zu hören seien.

Die Hälfte der Stadt sei zerstört, sagte Bürgermeister Darinko Dumbovic. Bilder aus dem Stadtzentrum, das am schwersten getroffen wurde, zeigten eingestürzte Häuser und komplett zerstörte Dächer. Auch ein Kindergarten wurde Berichten zufolge zerstört. Zum Zeitpunkt des Bebens, das sich gegen 12.20 Uhr ereignete, waren dort aber keine Kinder.

Vier Tote in einem Dorf

Vier Menschen starben im Dorf Majske Polinje westlich von Petrinja. Es handelte sich um vier Männer, unter ihnen ein Vater und sein Sohn, die in ihren Häusern unter den Trümmern begraben wurden, berichteten Lokalmedien unter Berufung auf eine Kommunalpolitikerin.

Neben lokalen Rettungskräften wurden auch Helfer aus anderen Teilen des Landes für Petrinja mobilisiert. Unter anderem machten sich auch Bergretter mit Spürhunden auf den Weg in die Stadt. Die Militäreinheiten, die in Petrinja stationiert sind, kamen ebenfalls zur Hilfe. In der Kaserne könnten jene Einwohner, deren Häuser unbewohnbar wurden, untergebracht werden, sagte Staatspräsident Zoran Milanovic, der die Stadt besuchte. Auch Premier Andrej Plenkovic und mehrere Minister waren gekommen.

Erhebliche Schäden auch in Sisak

Erhebliche Schäden wurden auch aus der nahegelegenen Stadt Sisak berichtet, die rund 15 Kilometer entfernt von Petrinja liegt. Auch dort war ein Todesopfer zu beklagen, laut Medien in einer eingestürzten Kirche. Das Krankenhaus musste geräumt werden, berichtete das Regionalsender N1. Alle bis auf ein Gebäude seien durch das Beben beschädigt worden, die Patienten wurden nach Zagreb gebracht, hieß es. Nach Angaben des Gesundheitsministers Vili Beros soll die Armee beim Transport aushelfen. Das Krankenhaus in Sisak hat trotzdem 20 verletzte Personen aus Petrinja aufgenommen, darunter zwei Schwerverletzte.

Starkes Beben schon am Vortag

Am Montag waren im selben Gebiet Erdstöße der Stärke 5,2 und 5,0 verzeichnet worden, im März hatte ein Erdbeben der Stärke 5,4 in Zagreb große Schäden angerichtet. Eine Jugendliche war damals gestorben, mehr als zwei Dutzend Menschen waren verletzt worden.

Als Folge des Erdbebens am Montag wurde im benachbarten Slowenien das Atomkraftwerk Krsko abgeschaltet. Es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme, sagte eine Sprecherin der Anlage am Dienstag. Krsko ist das einzige slowenische Atomkraftwerk und liegt rund hundert Kilometer östlich der Hauptstadt Ljubljana. Der 700-Megawatt-Reaktor wurde während der jugoslawischen Ära gebaut und 1983 in Betrieb genommen.

Stark beschädigtes Haus in Petrinja
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Die Kleinstadt Petrinja wurde schwer von dem Beben getroffen

Hilfsangebot aus Österreich

ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg bot seinem Kollegen, Außenminister Gordan Grlic Radman, umgehend Österreichs Hilfe an. „Wir stehen in diesen schweren Stunden Seite an Seite mit unseren kroatischen Freunden und sind in Gedanken bei den Betroffenen des heutigen Erdbebens“, so Schallenberg am Dienstag in einer Aussendung.

Das Gebäude, in dem die Österreichische Botschaft untergebracht ist, wurde evakuiert, alle Mitarbeiter sind wohlauf und die Botschaft voll einsatzfähig. In den Büroräumlichkeiten habe es leichte Schäden gegeben. Mit den Österreichern an Ort und Stelle wird gerade Kontakt aufgenommen, um zu prüfen, wo Hilfe benötigt wird. Das würde jedoch durch Stromausfälle bzw. den Zusammenbruch des Telefonnetzes im betroffenen Gebiet teilweise erschwert.

„Wir haben umgehend Kontakt mit dem kroatischen Verteidigungsministerium aufgenommen und die Hilfe unseres Bundesheeres angeboten“, so Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP).

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte Kroatien nach dem Beben rasche Hilfe zu. „Wir sind bereit zu unterstützen“, schrieb sie nach einem Gespräch mit Ministerpräsident Andrej Plenkovic auf Twitter. Sie habe den für humanitäre Hilfe zuständigen Kommissar Janez Lenarcic gebeten, so bald wie möglich ins Erdbebengebiet zu reisen. „Wir stehen an der Seite Kroatiens“, betonte von der Leyen.

Spürbar sogar noch in Wien

Das Beben war auch in vielen Regionen Österreichs spürbar. In Graz etwa wackelten rund zwei Minuten nicht nur hohe Gebäude, auch in massiven Altbauten mit nur einem Geschoß waren die wellenartigen Bewegungen deutlich zu spüren – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Aus Kärnten wurde von schwankenden Christbäumen und Hängelampen, aber auch von einem hörbaren Grollen berichtet. Das Beben war wesentlich deutlicher wahrnehmbar als noch jenes im Frühjahr in der Nähe von Zagreb. Außerdem hielten die Erdstöße länger an – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Sogar in Wien gab es Berichte, dass die Wände wackelten – mehr dazu in wien.ORF.at.

Auch in einigen Gebieten Italiens war das Erdbeben zu spüren, wie die italienische Zivilschutzbehörde mitteilte. Auf Twitter schrieben zahlreiche italienische User, sie hätten das Beben gespürt.

2020 deutlich mehr Beben in Österreich spürbar

Mit 69 Beben waren in diesem Jahr deutlich mehr Erdbeben in Österreich spürbar als normalerweise. Davon waren 60 „heimische“ sowie fünf Erdstöße aus den Nachbarländern Italien, Slowenien und der Schweiz sowie vier aus Kroatien, die hierzulande wahrnehmbar waren. Insgesamt wurden 2020 laut der am Dienstag veröffentlichten ZAMG-Bilanz 1.465 Erdbeben in Österreich lokalisiert.

Die am stärksten spürbaren Ereignisse des Jahres waren jenes am 22. März bei Zagreb (Kroatien) und das Beben am 8. August bei Zams (Tirol). Sie wurden von Tausenden Menschen zum Teil kräftig wahrgenommen. Gemeldet wurden jedoch nur leichte Gebäudeschäden wie etwa Verputzrisse.