Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen
Reuters/Johanna Geron
Letzte Formalitäten

Post-Brexit-Deal wird final abgesegnet

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel haben Mittwochfrüh den Brexit-Handelspakt mit Großbritannien unterzeichnet. Damit ist aus Brüsseler Sicht die letzte Hürde vor der Anwendung des Vertrags ab 1. Jänner genommen. Nachdem am Nachmittag auch das Unterhaus zustimmte, fehlt nun noch der Segen des Oberhauses und der Königin sowie die nötigen Unterschriften in London.

Ratschef Michel würdigte in einer kurzen, im Internet übertragenen Zeremonie das Abkommen als fair und ausgewogen. Es wahre die Interessen der Europäischen Union und schaffe für Bürger und Unternehmen Stabilität und Verlässlichkeit, erklärte Michel. Auch künftig werde die EU bei wichtigen Themen Seite an Seite mit dem Vereinigten Königreich stehen, etwa beim Klimaschutz oder im globalen Kampf gegen Pandemien.

Das Dokument wurde mit der britischen Luftwaffe nach London gebracht, wo es vom britischen Premierminister Boris Johnson unterzeichnet wird. Das britische Unterhaus stimmte dem Brexit-Handelspakt am Nachmittag zu. Die Abgeordneten der ersten Kammer votierten am Mittwoch in zweiter Lesung mit klarer Mehrheit für das von Premierminister Boris Johnson vorgelegte EU-Gesetz. Später soll noch das Oberhaus dem Vertrag seinen Segen geben.

Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen
Reuters/Johanna Geron
Nach schwierigen Verhandlungen ist der Vertrag von EU-Seite bereits unterzeichnet

Queen muss zustimmen

Schließlich soll Königin Elizabeth II. als Staatsoberhaupt mit ihrer Zustimmung („Royal Assent“) den Vertrag von britischer Seite aus endgültig in Kraft setzen.

Premier Johnson bewarb in seiner Rede vor dem Unterhaus den Deal als historische Chance und nationale Erfüllung bewerben. Zentraler Zweck sei, „etwas zu erreichen, von dem das britische Volk in seinem Herzen immer wusste, dass es getan werden kann“. Es gehe darum, mit den europäischen Nachbarn freundschaftlich zusammenzuarbeiten und Handel zu treiben, aber zugleich die souveräne Kontrolle über Gesetze und „unser nationales Schicksal“ zu behalten.

Der Premierminister betonte dabei die enge Freundschaft zu Europa betonen – eine komplette Loslösung sei nie infrage gekommen. „Was wir suchten, war kein Bruch, sondern eine Lösung – eine Lösung der alten und ärgerlichen Frage der politischen Beziehungen Großbritanniens zu Europa, die unsere Nachkriegsgeschichte belastete“, so Johnson. Großbritannien werde der beste Freund und Verbündete sein, den die EU haben könnte. Gleichzeitig werde der Wunsch des britischen Volkes erfüllt, unter eigenen Gesetzen zu leben.

Britischer Premierminister Boris Johnson
AP/Alberto Pezzali
Man hätte nie einen Bruch mit der EU gesucht, so Johnson

Einigung am Heiligen Abend

Großbritannien und die EU hatten sich erst am Heiligen Abend auf den Vertrag geeinigt. Das mühsam ausgehandelte Handels- und Partnerschaftsabkommen soll die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Insel und dem Kontinent ab Jänner 2021 an regeln. Wichtigster Punkt ist, Zölle zu vermeiden und möglichst reibungslosen Handel zu sichern. Der Vertrag umfasst aber auch den Fischfang sowie die Zusammenarbeit bei Energie, Transport, Justiz, Polizei und vielen anderen Themen. Großbritannien war bereits Ende Jänner 2020 aus der EU ausgetreten, nun endet auch die Mitgliedschaft im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion.

Der walisische Regierungschef Mark Drakeford nannte den Vertrag „enttäuschend“: „Für unsere Bürger bedeutet er längere Schlangen an Flughäfen, Visa für längere Reisen, teurere Mobilfunkkosten. Weniger Menschen aus der EU, die in unserem Gesundheits- und Sozialhilfewesen arbeiten und sich um Leute in Not kümmern“, sagte Drakeford. Wie zuvor bereits seine schottische Kollegin Nicola Sturgeon warf er Johnsons Regierung „Kulturvandalismus“ vor, weil sie aus dem EU-Studentenaustauschprogramm Erasmus aussteigt.

Österreich zufrieden

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bedankte sich auf Twitter bei EU-Chefverhandler Michel Barnier für seine unermüdliche Arbeit. Auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck begrüßte die Unterzeichnung des Abkommens. „Österreichische Firmen werden auch nach dem 31.12.2020 weiterhin eine bedeutende Rolle am Markt des Vereinigten Königreichs spielen“, so Schramböck in einer Aussendung. „Das Vereinigte Königreich ist und bleibt ein wichtiger Partner für uns in Europa – der Brexit ist ein Abschied, aber nicht das Ende langjähriger guter wirtschaftlicher Beziehungen.“