Essenslieferant sitzt in einem leeren Gastgarten
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Kein „Freitesten“

Betroffene Branchen reagieren verschnupft

Weil das geplante Konzept des „Freitestens“ nun doch nicht kommt, werden Handel, Gastronomie und Kultureinrichtungen statt in der Woche davor erst am 25. Jänner Besucherinnen und Besucher empfangen können. Entsprechend fallen die Reaktionen der betroffenen Branchen aus.

Die Verlängerung von 17. auf 24. Jänner schlage sich mit einem Umsatzminus von bis zu einer Milliarde Euro zu Buche, so der Handelsverband am Montag. Deren Geschäftsführer Rainer Will spricht von einer „Hiobsbotschaft“, dem österreichischen Handel entgingen durch den dritten Lockdown Umsätze im Ausmaß von knapp vier Milliarden Euro.

„Der Jänner ist traditionell für den Handel ein wichtiger Verkaufsmonat, da die Bevölkerung nach Weihnachten Geld- und Gutscheingeschenke einlöst und Waren umtauscht“, sagte Will in einer Aussendung. Zumindest zwei Drittel der entgangenen Umsätze im Einzelhandel seien unwiederbringlich verloren. Saisonaler Warenbestand werde de facto unverkäuflich.

Handelsobmann Trefelik kritisiert das „politische, parteipolitische Ping-Pong“ auf dem Rücken der Betriebe. Den Handelsunternehmen würde „langsam die Luft ausgehen“. Der Interessenvertreter fordert auch eine kurz- und mittelfristige Planungssicherheit für die Betriebe. Offen sei zudem die Ausgestaltung der CoV-Hilfen für mittelbar von der Viruskrise betroffene Zulieferunternehmen.

Drängen auf weitere Hilfen

Schon der fast drei Wochen andauernde Lockdown kurz vor Weihnachten habe die Handelsbranche in der für sie wichtigsten Jahreszeit schwer getroffen – der Handelsverband drängt deshalb auf weitere staatliche Hilfen. Die 800.000 Euro Deckelung beim Umsatzersatz müsse fallen und der Ersatz müsse auch für den gesamten dritten Lockdown ausbezahlt werden, fordert Will.

Menschen auf der Mariahilfer Straße in Wien
ORF.at/Roland Winkler
Die meisten Geschäfte auf der Wiener Mariahilfer Straße müssen sich bis zu neuem Andrang (wie hier im Advent) noch gedulden

Ein vierter Lockdown müsse unbedingt vermieden werden. Die Interessenvertretung hält eine maximale Aufenthaltsdauer im Geschäft für vorstellbar, um das Infektionsrisiko weiter zu reduzieren. Außerdem brauche es auch für die Beschäftigten im Lebensmittelhandel, die zur kritischen Infrastruktur zählen, eine klare Impfstrategie. Der Handelsverband habe hierzu bereits Gespräche mit der Bundesregierung aufgenommen.

Ärger auch bei Gastro – Branchenobmann ruft zu Tests auf

Ihrem Ärger machen auch Vertreterinnen und Vertretern der Gastronomie Luft. „Die Gastronomie und Hotellerie als Spielball der Oppositionspolitik, das ist nicht in Ordnung“, sagte der Gastronomieobmann der Wirtschaftskammer, Mario Pulker. „Es geht um die Existenz von Zehntausenden Betrieben mit vielen Mitarbeitern.“ In den Betrieben seien bereits die Vorbereitungen zur Wiedereröffnung gelaufen.

Der Gastrovertreter appellierte an die Bevölkerung, dennoch an CoV-Tests teilzunehmen. „Die Gastronomie und Hotellerie kann nur gesichert aufsperren, wenn sich so viele wie möglich testen lassen.“ Auch internationale Gäste würden nur nach Österreich kommen, wenn sich die Lage bei Neuinfektionen entspanne.

Auch auf der Personalseite spüren die Gastronomie und Hotellerie die Krise. Weil hohe Trinkgelder und Überstundenzahlungen ein wichtiger Bestandteil der Bezahlung seien und derzeit fehlen, würden zahlreiche Beschäftigte der Branche den Rücken kehren, so der WKÖ-Gastronomieobmann.

Kein „Freitesten“: Betroffene Branchen verärgert

In Gastronomie, Kultur und Handel gab es intensive Vorbereitungen für die Wiedereröffnung am 19. Jänner. Dass es jetzt frühestens am 25. Jänner losgeht, hat ganz unterschiedliche Reaktionen ausgelöst.

Roscic: „Frisch getestet und in Skischuhen“

Negativ überrascht zeigten sich Vertreterinnen und Vertreter der Kulturinstitutionen. So hatte etwa die Staatsoper just am Montag geplant, ihre Spielplanpläne ab dem 18. Jänner zu veröffentlichen, setzt nun aber auf eine Verlängerung der Kooperation mit dem ORF. In der Wiener Volksoper ist die bereits veröffentlichte Planung für das fragliche Wochenende Makulatur, und im Kunsthistorisches Museum (KHM) stellt sich die Frage, wie es mit seiner Beethoven-Ausstellung umgeht – mehr dazu in wien.ORF.at.

Auch was die Rahmenbedingungen für den Februar beträfen, sei noch nichts bekannt, sagte Staatsopern-Direktor Bogdan Roscic: „Die Planungszeiträume werden jedenfalls immer kürzer, die Verunsicherung des Publikums immer größer. Vielleicht müssen wir das Publikum ja demnächst bitten, nicht nur wegen der Ausgangsbeschränkungen schon am Nachmittag und frisch getestet, sondern auch in Skischuhen zu erscheinen, damit ein Stattfinden der Vorstellung garantiert werden kann.“

Kusej „wirklich richtig verärgert“

Auch Burgtheater-Direktor Martin Kusej zeigte sich in einer Stellungnahme gegenüber der APA mehr als enttäuscht: „Nach dieser letzten Volte bezüglich der Kulturinstitutionen bin ich wirklich richtig verärgert! Und ich denke, dass ich für alle Menschen spreche, die in den Theatern arbeiten, wenn ich frage: Wie lange sollen wir uns noch verschaukeln lassen? Wie lange sollen wir noch über die Stöckchen springen, die man uns hinhält? Denn der Zeitpunkt für die Wiedereröffnung der Theater ist wieder ungewiss!“, schrieb Kusej.

Er verwies auf „sehr gute, bereits bewährte Präventionskonzepte“, mit denen man bei zulässiger Infektionslage öffnen könnte. Doch werde darüber „nicht einmal mehr gesprochen“, so Kusej – und weiter: „Ein erneutes Zeichen dafür, welchen ach so hohen Stellenwert der Kulturbereich für die österreichische Regierung in der so genannten Kulturnation Österreich hat!“

Auch die Philharmonie Salzburg musste am Montag ihre für die Woche ab 18. Jänner geplanten Konzerte absagen. „In einer tragisch gespalteten Gesellschaft kann keine konsistente Politik stattfinden. Mein Vertrauen in die Regierung ist mit der heutigen Entscheidung den Lockdown nun doch zu verlängern, mächtig geschwunden“, beschied Dirigentin Elisabeth Fuchs.