Der designierte US-Präsident Joe Biden
Reuters/Kevin Lamarque
Trump verspricht Amtsübergabe

Kongress bestätigt Bidens Wahlsieg

Nach der gewaltsamen Erstürmung des US-Parlamentssitzes hat der Kongress Donnerstagfrüh (Ortszeit) den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl im November offiziell bestätigt. Der amtierende US-Vizepräsident Mike Pence gab das amtliche Endresultat in einer Sitzung beider Kongresskammern bekannt. Präsident Donald Trump sicherte Biden indes eine ordentliche Amtsübergabe zu.

Damit ist der Weg zur Amtseinführung Bidens am 20. Jänner frei. Zuvor hatte der Kongress seine Beratungen für mehrere Stunden unterbrechen müssen, weil Anhänger des abgewählten Präsidenten in das Kapitol eingedrungen waren. „Selbst wenn ich mit dem Ergebnis der Wahl absolut nicht übereinstimme und die Fakten mich bestätigen, wird es trotzdem am 20. Jänner eine ordentliche Amtsübergabe geben“, erklärt Trump einer Twitter-Meldung eines Sprechers des US-Präsidialamtes zufolge.

Im formalen Nachwahlprozedere der USA ist vorgeschrieben, dass die Ergebnisse aus den einzelnen Bundesstaaten im Kongress zertifiziert werden. Erst dann ist amtlich, wer die Wahl gewonnen hat. Es ist der Endpunkt eines langen formalen Aktes vor der Vereidigung eines neuen Präsidenten. Üblicherweise geht die Prozedur sehr rasch über die Bühne.

Trump wollte Niederlage bis zuletzt nicht eingestehen

In diesem Jahr ist es jedoch der dramatische Schlusspunkt eines beispiellosen Feldzugs von Amtsinhaber Trump gegen den Wahlausgang. Der Republikaner hatte die Wahl Anfang November mit deutlichem Abstand gegen seinen demokratischen Herausforderer Biden verloren. Trump weigert sich aber, seine Niederlage einzugestehen.

Der amerikanische Vize-Präsident Mike Pence.
Reuters/J. Scott Applewhite
Vizepräsident Pence bestätigte Bidens Wahlsieg im Kongress

Er behauptete, er wäre durch Wahlbetrug um den Sieg gebracht worden. Weder er noch seine Anwälte legten aber stichhaltige Beweise dafür vor. Dutzende Klagen des Trump-Lagers wurden von Gerichten abgeschmettert, auch vom obersten US-Gericht.

Die Wahlleute aus den Bundesstaaten haben Bidens klaren Sieg bestätigt. Der Demokrat kam auf 306 der 538 Stimmen – 36 mehr als erforderlich. Für Trump stimmten 232 Wahlleute. Diese Zahlen wurden nun auch im Kongress förmlich bestätigt.

Kongress wies Einsprüche gegen Wahlergebnisse zurück

Trump hatte über Wochen diesen Tag der Kongresssitzung – ohne jegliche Grundlage – als letzte Möglichkeit dargestellt, den Wahlausgang noch zu ändern. Angetrieben durch seine Betrugsbehauptungen legten Republikaner zwar Einsprüche gegen die Wahlergebnisse aus den Bundesstaaten Arizona und Pennsylvania ein und erzwangen so, dass sich das Repräsentantenhaus und der Senat beide Male zu getrennten Sitzungen zurückziehen mussten, um die Einwände zu debattieren. Die Aktion hatte jedoch von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg. Die Kongresskammern wiesen beide Einsprüche ab.

Ursprünglich hatten Trump gegenüber treue Republikaner auch die Resultate aus anderen Bundesstaaten anfechten wollen. Angesichts der schweren Randale am und im Kapitol zogen mehrere Senatoren ihre Unterstützung für die – parteiintern sehr umstrittene – Störaktion jedoch zurück.

Demokraten erringen Senatsmehrheit

Mit sensationellen Erfolgen bei den Senatsstichwahlen im Bundesstaat Georgia sicherten sich die Demokraten indes die Kontrolle der zweiten Parlamentskammer. Bidens Parteigänger Raphael Warnock und Jon Ossoff setzten sich nach den am Donnerstag vorliegenden Ergebnissen gegen ihre republikanischen Kontrahenten durch. Mit 33 Jahren ist Ossoff der jüngste US-Senator seit Biden selbst, der 1973 in dieses Amt gelangte. Außerdem ist er der erste jüdische Senator, der den Bundesstaat Georgia vertritt. Der 51-jährige Pastor Warnock ist der erste Afroamerikaner, der für Georgia in den Senat einzieht.

Die Demokraten kommen mit den beiden Sitzen aus Georgia auf insgesamt 50 Mandate im Senat. Zwar besteht nun eine Pattsituation im Senat, da auch die Republikaner 50 Sitze haben. Bei einem Patt gibt allerdings die künftige Vizepräsidentin Kamala Harris, die kraft ihres Amtes auch Senatspräsidentin wird, mit ihrer Stimme den Ausschlag. So kann Harris eine demokratische Mehrheit herbeiführen.

Biden dankt für „aufsehenerregende Botschaft“

Biden gratulierte Warnock und Ossoff zu ihren Siegen. Den Wählern dankte er für die „aufsehenerregende Botschaft“, die von der dortigen Nachwahl ausgegangen sei. Die Bürger wollten „Einigkeit“, und er sei „optimistischer als je zuvor, dass wir sie erreichen werden“, fügte Biden hinzu. Für die Republikaner, die auch als „Grand Old Party“ bezeichnet werden, bedeutet der Wahlausgang in Georgia eine schmerzliche Niederlage.

Trotz der Mehrheit im Senat wird Biden aber nicht ohne Weiteres durchregieren können. In der Umweltpolitik muss er etwa mit Widerstand seines Parteifreundes Joe Manchin rechnen, der in seinem Bundesstaat West Virginia die Industrieinteressen in den Vordergrund stellt. Auch bei der Bestätigung seiner Kabinettsmitglieder könnte es für Biden knapp werden. Die Mehrheit der Demokraten im Senat ist ohnehin die knappste seit fast hundert Jahren. Biden könnte die Unterstützung von gemäßigten Republikanern suchen müssen, um mögliche Blockaden zu verhindern.