Bobi Wine während einer Wahlkampfveranstaltung
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Präsident vs. Popstar

Uganda-Wahl als Generationskonflikt

Uganda wählt am Donnerstag einen neuen Präsidenten. Im Wahlkampf war dem seit 1986 amtierenden Yoweri Museveni jedes Mittel zum Machterhalt recht – bis hin zu Gewalt mit Dutzenden Toten und Attentaten auf Oppositionspolitiker. Vor allem die Jungen wandten sich bereits zuvor von Museveni ab. Sie kritisieren die grassierende Korruption und die ineffiziente Staatsführung und setzen auf dessen bekanntesten Herausforderer, den ehemaligen Popstar Bobi Wine.

Museveni galt zwar lange als Hoffnungsträger in dem Land, viele junge Ugander und Uganderinnen wünschen sich jedoch Veränderungen, und die verspricht Wine. Der Musiker und Parlamentsabgeordnete, mit bürgerlichem Namen Robert Kyagulanyi, ist prominenter Kritiker Musevenis. Laut BBC ist der bereits mehrmals aus Schikane verhaftete Wine in den Städten wie auf dem Land gleichermaßen beliebt.

Ende letzter Woche reichte Wine eine Beschwerde beim Internationalen Gerichtshof (ICC) gegen Museveni und neun hochrangige Sicherheitsleute ein, wie die „New York Times“ („NYT“) berichtete. Wine warf ihnen in einer Onlinepressekonferenz vor, eine Welle der Gewalt genehmigt und Menschenrechte im Vorfeld der Wahl verletzt zu haben. Wine beschuldigt die Regierung Ugandas auch der Anstiftung zu Mord sowie der Verhaftung und Folter von Menschenrechtsanwälten.

Ugandas Präsidentschaftskandidat Bobi Wine
AP/Ronald Kabuubi
Bobi Wine setzt sich für Änderungen in Uganda ein

Wine: Attentatsversuche nur knapp überlebt

Die Onlinepressekonferenz Wines wurde laut „Washington Post“ von Sicherheitskräften gestört. Laut Wine sollen sie neben Schüssen in die Luft offenbar auch Tränengas eingesetzt haben, wie die Zeitung weiter schreibt. Wine sei auch kurzfristig verhaftet worden, wie er selbst der Zeitung schilderte. Später wurde er wieder auf freien Fuß gesetzt. Laut Wine wurden an diesem Tag bei diversen Wahlkampfveranstaltungen 23 seiner Helferinnen und Helfer verhaftet. Insgesamt sollen während des Wahlkampfs Dutzende Helfer und Helferinnen Wines verhaftet worden sein.

Anschlag auf Fahrzeug von Bobi Wine
Reuters/Abubaker Lubowa
Die Windscheibe von Bobi Wines Auto wurde bei einem Anschlag auf ihn durchschossen

Wine wies auch in Interviews darauf hin, dass er mehrere Attentatsversuche auf ihn und sein Team teils nur knapp überlebt habe, wie er etwa Ende Dezember schilderte. So sei etwa mit Kugeln in sein Auto, auf die Reifen und in die Windschutzscheiben geschossen worden. Wie ein Wunder habe er überlebt, und niemand in seinem Auto sei erschossen worden, so Wine in einem Interview mit „Sky-News“ vor wenigen Tagen. Viele seiner Verbündeten seien aber getötet worden, so Wine weiter.

Ugander wählen neuen Präsidenten

1986 stürzte der einst glanzvolle Guerillaführer Yoweri Museveni Diktator Milton Obote, den Nachfolger Idi Amins. Nun fordert ihn Oppositionsführer Bobi Wine heraus. Das mit der Pandemie begründete Massenveranstaltungsverbot kommt Langzeitpräsident Museveni dabei sehr entgegen.

CoV-Regeln als politischer Vorwand

Wine war erst Ende November nach einer Festnahme auf Kaution wieder freigekommen. Ihm war vorgeworfen worden, bei einer Wahlveranstaltung CoV-Regeln gebrochen zu haben. Die Festnahme von Wine sei ein Zeichen für die „wachsende Repression gegen Oppositionspolitiker“ vor der Wahl, hatte damals auch Human Rights Watch kritisiert. Laut der „NYT“ wurden Wines Kinder wegen der Gefahr einer Entführung und der damit einhergehenden politischen Erpressung aufs Land geschickt.

Ugandas Präsident Yoweri Museveni
Reuters/Henry Nicholls
Museveni ist seit Mitte der 80er Jahre in Uganda an der Macht

Wines Familie ist auch mit Museveni bekannt. Bobi Wines Großvater, Yozefu Walakira, war zwar Teil eines anderen Rebellenkontigents als Museveni, doch war er mehrmals bei Walakira zu Gast, so die BBC weiter. Walakira starb allerdings bei einem Attentat auf sein Haus, so wie drei weitere Familienmitglieder.

UNO-Menschenrechtsbüro „zutiefst besorgt“

Wine werden in einer fairen und freien Wahl von Fachleuten gute Chancen eingeräumt. Doch die Zeichen deuten nicht darauf hin. Wegen der Coronavirus-Pandemie hatte die Regierung in den vergangenen Monaten die Wahlkampagnen vor allem der Opposition eingeschränkt. Das UNO-Menschenrechtsbüro (OHCHR) äußerte sich Ende letzter Woche „zutiefst besorgt“ über die sich verschlechternde Menschenrechtslage in Uganda. Bei Protesten und Unruhen nach der Festnahme zweier Präsidentschaftskandidaten im November seien mindestens 54 Menschen getötet worden, teilte am Freitag Sprecherin Ravina Shamdasani mit.

Wahlwerbung für Yoweri Museveni und Bobi Wine
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Von beiden Kandidaten gibt es MNS-Masken

Im Vorfeld der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen sei gegen das Versammlungsrecht und das Recht auf Meinungsfreiheit verstoßen worden, kritisierte das UNO-Menschenrechtsbüro letzte Woche Museveni weiter. Menschen seien getötet, festgenommen und gefoltert worden. Bei Wahlveranstaltungen trug Wine laut BBC immer eine kugelsichere Weste, so die BBC. Das UNO-Menschenrechtsbüro ist zutiefst besorgt, wie sich die Lage nicht nur vor und während der Wahlen, sondern auch nach der Abstimmung entwickeln werde. Die Einschränkungen der Möglichkeiten der Opposition, Wahlkampagnen durchzuführen, seien „unverhältnismäßig“ gewesen, sagte Shamdasani. Die Opposition sei stärker eingeschränkt gewesen als die Regierungspartei bei ihren Kampagnen, so das Fazit der UNO-Unterorganisation.

Keine Wahlbeobachter von EU und USA

Die USA kündigten am Mittwoch an, keine Wahlbeobachter zu schicken. Der Grund sei, dass die meisten Akkreditierungsansuchen von der ugandischen Regierung abgewiesen worden seien, teilte die US-Botschaft in Kampala mit. Zudem gab eine Koalition von Hunderten Organisationen der ugandischen Zivilgesellschaft bekannt, dass von 1.900 Akkreditierungswünschen für Wahlbeobachter nur zehn Prozent genehmigt worden seien. Zuvor hatte bereits der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Dienstag kritisiert, dass es der EU nicht gestattet worden sei, Wahlbeobachter zu schicken.

Don Wanyama, der Sprecher von Präsident Museveni sagte am Mittwoch, dass die Afrikanische Union und die Ostafrikanische Gemeinschaft Wahlbeobachter schicken würden. Außerdem meinte, er könne sich nicht erinnern, wann Uganda zuletzt Wahlbeobachter in die USA geschickt habe. „Wir brauchen keine Belehrungen über irgendwas von irgendwem. Weil da gibt es nichts, was wir nicht wissen“, hatte Musevini am Dienstagabend im ugandischen Fernsehen gesagt.

Bei den Wahlen 2016 berichteten die Wahlbeobachtungsmissionen der EU und des Commonwealth jedoch von unfairen Voraussetzungen, Stimmenkauf, Einschüchterungsversuchen, Einschränkungen der Medienfreiheit, einer voreingenommenen Wahlkommission sowie wiederholten Verhaftungen von Oppositionsführer Kizza Besigye am Wahltag und danach.

Wine: Wahl wird manipuliert und gestohlen

Auch Wine geht nicht von einer fairen Wahl aus. Die Wahl werde manipuliert und gestohlen werden, so Wine im Interview mit Sky News am Sonntag. „Ich weiß, dass die Wahl nicht frei und fair ist“, hatte der beliebte Popstar bereits in einem im Dezember veröffentlichten CNN-Interview gesagt. Trotzdem gehe er davon aus, dass Langzeitpräsident Museveni verlieren werde. „Ja, ich bin sicher, dass sie Präsident Museveni abwählen werden, weil 35 Jahre einfach genug sind.“

Soldaten am Rande einer Wahlveranstaltung von Bobi Wine
AP/Ronald Kabuubi
Militärpolizei am Rande einer Veranstaltung von Bobi Wine

Für ihn sei die Wahl eine Protestwahl, weil er wisse, dass die Menschen in Uganda selbst angesichts von Einschüchterungen und Schikanen herauskommen und wählen würden. Dem Militär warf er vor, den Wahlprozess zu übernehmen. Wine bezeichnete Museveni erneut als Diktator und warf ihm Menschenrechtsverletzungen vor.

Verfassungsgericht machte Bahn für Museveni frei

Der 75-jährige ehemalige Rebellenführer Museveni hatte bereits 2005 die Verfassung geändert und die Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten auf zwei Mandate abgeschafft. Das Verfassungsgericht hatte 2019 auch die Abschaffung der Altersgrenze für das Amt des Präsidenten bestätigt und damit den Weg für die Kandidatur Musevenis freigemacht.

Das ostafrikanische Uganda galt bisher eigentlich als relativ stabil und friedlich. Das Land mit seinen rund 44 Millionen Einwohnern hat jüngst stark unter den wirtschaftlichen Folgen der CoV-Pandemie sowie einer Heuschreckenplage gelitten, vor allem der so wichtige Tourismussektor wurde stark getroffen. Rund 70 Prozent der Ugander und Uganderinnen arbeiten laut der Weltbank in der Landwirtschaft, die meisten davon in der Subsistenzwirtschaft.

„Unterolberndorfer Manifest“

Nach der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1962 war Uganda zunächst als Einparteienstaat konzipiert. Erster Präsident wurde der ehemalige König von Buganda, Sir Edward Mutesa. Die ehemaligen und zum Teil noch jetzt bestehenden Königreiche prägen bis heute mit ihren Gebräuchen das Land. 1963 rief schließlich Premier Milton Obote die erste Republik aus. Sein zunehmend autoritäres Regime wurde 1971 durch einen Militärputsch von General Idi Amin gestürzt, der schnell als „Schlächter von Afrika“ bekannt wurde. Seiner Gewaltherrschaft sollen Hunderttausende zum Opfer gefallen sein.

Nachdem Amin einen Krieg mit dem Nachbarland Tansania angezettelt hatte, führte der Einmarsch tansanischer Truppen im Jahr 1979 zu seinem Sturz. Bei den Wahlen 1980 kam zunächst Obote wieder an die Macht, allerdings wurden ihm Wahlmanipulationen vorgeworfen. Schließlich eroberte Museveni mit seiner National Resistance Army 1986 die Hauptstadt Kampala und übernahm die Macht. Den Umsturz plante Museveni mit seinen engsten Mitstreitern im Gasthaus „Zum Grünen Jäger“ in Unterolberndorf in der Gemeinde Kreuttal im Weinviertel. Auf dem dort beschlossenen „Unterolberndorfer Manifest“ beruht seither die Verfassung Ugandas.