Sektionschef Christian Pilnacek
ORF.at/Roland Winkler
Vorwürfe gegen Justizministerium

Opposition fordert Suspendierungen

In Zusammenhang mit den Ermittlungen zum „Ibiza-Skandal“ hat die Opposition am Donnerstag heftige Attacken gegen die ÖVP geritten. Die Fraktionsvertreter von SPÖ, FPÖ und NEOS im U-Ausschuss warfen der ÖVP eine rechtswidrige Weisung vor. Sektionschef Christian Pilnacek und der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, Johann Fuchs, werden beschuldigt, Falschaussagen im U-Ausschuss gemacht zu haben. Die Opposition fordert deren Suspendierung.

Anlass dafür sind Berichte, wonach die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bei den Ermittlungen ausgebremst werden sollte. So steht im Raum, dass die Weisungskette im Justizministerium dem „Ibiza“-U-Ausschuss relevante E-Mails und Memos vorenthalten habe, wie aus einer gemeinsamen Recherche von ZIB2, „Standard“ und dem Nachrichtenmagazin „profil“ hervorgeht.

Die Vorwürfe äußerte ein langjähriger Ex-Kabinettsmitarbeiter im Justizministerium, der sich an die WKStA gewandt habe. Die dem Ausschuss vorenthaltenen Nachrichten habe er im November der WKStA übermittelt, über Umwege seien sie in den U-Ausschuss gelangt.

Johann Fuchs, Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien
ORF.at/Lukas Krummholz
Pilnacek und Fuchs (im Bild) sollen im U-Ausschuss falsche Aussagen gemacht haben, so der Vorwurf

Ex-Kabinettsmitarbeiter ortet große Widersprüche

Ein langjähriger Ex-Kabinettsmitarbeiter sieht Aussagen von Pilnacek und Fuchs im U-Ausschuss in großem Widerspruch zu den Inhalten der justizinternen E-Mails. Darin gehe es laut dem Insider um die unmittelbare Reaktion des Ministeriums auf die Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ sowie die Hausdurchsuchung bei ÖBAG-Chef Thomas Schmid.

Den Informationen des Insiders zufolge habe Pilnacek Fuchs etwa geschrieben, dass der damalige ÖVP-Justizminister Josef Moser „der WKStA (bei den Ermittlungen, Anm.) keine aktive Rolle zukommen lassen möchte“.

Anzeigen nach Aussagen im „Ibiza“-U-Ausschuss

Sektionschef Pilnacek und Oberstaatsanwalt Fuchs sollen laut einer Anzeige bei der Innsbrucker Justiz im Untersuchungsausschuss verschwiegen haben, wie sie die Korruptionsstaatsanwaltschaft von den „Ibiza“-Ermittlungen fernhalten wollten.

So heißt es in der Mail von Pilnacek an Fuchs: „Wir bitten dich, der WKStA den Auftrag zu erteilen, das gesamte Bildmaterial von den beteiligten Medien anzufordern.“ Und weiters: „HBM (Herr Bundesminister, also Josef Moser, Anm.) wünscht auch, dass die Kommunikation ausschließlich über OStA Wien läuft.“

WKStA leitete Anzeige weiter

Ex-Justizminister Moser bestreitet den Vorwurf, er habe die WKStA umgehen wollen, vehement („absoluter Blödsinn“). Pilnacek und Fuchs wollten sich laut APA bisher zu den Vorwürfen nicht äußern, es gilt die Unschuldsvermutung. Aus der Pressestelle des Justizministeriums hieß es auf Anfrage am Donnerstag, dass die Angelegenheit noch geprüft und es danach eine Stellungnahme geben werde.

Die WKStA hat die Anzeige des Ex-Kabinettsmitarbeiters an die Staatsanwaltschaft Innsbruck weitergeleitet. Ein entsprechender Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Innsbruck, die mit dem Fall befasst wurde, liegt vor, wie mehrere Medien berichten.

„Klar gesetzwidrig“

Die drei Oppositionsvertreter sprachen am Donnerstag in einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz von einem „Skandal“. Das ÖVP-Justizministerium unter Moser habe die Weisung erteilt, dass die WKStA von den Untersuchungen ferngehalten werde. Das sei „klar gesetzwidrig“. Weiters beschuldigten die Fraktionsvertreter von SPÖ, FPÖ und NEOS im U-Ausschuss, Kai Jan Krainer, Susanne Fürst und Stephanie Krisper, die ÖVP, sie habe diese Weisung „vertuschen“ wollen. Dem U-Ausschuss seien wichtige Akten und damit Beweismittel unterschlagen worden, dafür seien Pilnacek und Fuchs verantwortlich.

Aufruf an Kogler

Vor dem U-Ausschuss hätten Pilnacek und Fuchs mehrfach die Unwahrheit gesagt, warfen die drei Oppositionsparteien den beiden Spitzenbeamten vor. Außerdem bestehe der Verdacht, dass wichtige Ermittlungsschritte, etwa die Hausdurchsuchung beim früheren Generalsekretär im Finanzministerium, Schmid, vorab verraten worden seien.

Die drei Oppositionsvertreter forderten den interimistischen Justizminister Werner Kogler (Grüne) auf, Pilnacek und Fuchs zu suspendieren, bis die Vorwürfe gegen sie aufgeklärt sind. Außerdem solle die Berichtspflicht der WKStA an die Oberstaatsanwaltschaft, die erst unter Moser eingeführt worden sei, aufgehoben werden. Diese sei eine mögliche Basis für politische Einflussnahme.