Passanten gehen im Gegenlicht in einer Salzburg Einkaufsstraße
APA/Barbara Gindl
Lockdown

Warten auf nächste Schritte

Vorläufig dauert der aktuelle Lockdown noch bis zum 24. Jänner. Was danach geschehen soll, wird sich am Wochenende klären. Falls es zu Öffnungsschritten kommt, dann wohl nur mit größter Vorsicht. Die britische Version des Virus machte Experten Sorge. Handel, Gastronomie und Tourismus drängen aber auf Lockerung.

Die Lage sei volatil, man müsse „weiterhin extrem behutsam vorgehen, um das, was wir uns erarbeitet haben, nicht zu zerstören“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zur APA. Auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte am Freitag, man sei zuletzt auf die Bremse gestiegen, was die Maßnahmen nach dem geplanten Ende des Lockdowns betrifft. Die Situation werde überall in Europa analysiert. „Wir hatten ein fast fertiges Konzept, was den 24. Jänner betrifft“, so Anschober. Wie es danach in Österreich nun weitergehen soll, wird am Wochenende beschlossen, zuvor gibt es am Freitag und Samstag noch Gespräche mit den Landeshauptleuten und Sozialpartnern.

Die Zeichen stehen freilich nicht auf großflächige Öffnungsschritte. Gibt es Lockerungen, dann wohl eher zaghaft und vorläufig. Die Infektionszahlen sind in Österreich nach wie vor zu hoch, zudem dürfte die britische Virusmutation ansteckender sein als die bisher verbreitete. In Österreich wurden bisher rund 100 Verdachtsfälle dieser Variante B 1.1.7 registriert. In anderen europäischen Ländern werden derzeit Lockdown-Verschärfungen diskutiert, nicht Öffnungsschritte. So dürften auch in Deutschland die aktuellen Lockdown-Maßnahmen verlängert und intensiviert werden.

FFP2-Masken werden Rolle spielen

In Österreich könnte man theoretisch dem bereits stark getroffenen Handel entgegenkommen. Hier sollen laut APA erste vorsichtige Öffnungsschritte angedacht sein. Durchaus denkbar sei, dass künftig die höherwertigen FFP2-Masken und auch strengere Abstandsregeln eine Rolle spielen könnten. Diese Masken sind laut Gesundheitsminister Ruudolf Anschober (Grüne) „eine Denkvariante“, der Bundeskommandant des Roten Kreuzes, Gerry Foitik, hatte eindringlich für den Gebrauch der hochwertigen Masken appelliert.

Der „Kurier“ berichtete am Freitag, der Handel habe große Chancen, am 25. Jänner wieder aufsperren zu dürfen, wenn Kundschaft und Personal FFP2-Masken trügen und strengere Abstandsregeln eingeführt würden. Auch körpernahe Dienstleister dürften dann wieder arbeiten, die Gastronomie bleibe hingegen wohl geschlossen.

Schlechte Prognosen für Gastronomie

Der „Standard“ berichtete von einer Verlängerung des Lockdowns mit gleichzeitigen Lockerungen. Auch hier wurden mögliche kleine Öffnungen für den Handel genannt, während die Gastronomie zu bleibe. Auch die Bereiche Sport und Kultur müssten weiter warten, „und das wohl mindestens bis zum endgültigen Ende der Semesterferien in allen Bundesländern: also bis zum 22. Februar“.

Regierung erwägt erneute Lockdown-Verlängerung

Gesundheitsminister Anschober (Grüne) begründet eine eventuelle erneute Verlängerung der Aufsperrverbote und Ausgangsbeschränkungen mit der englischen CoV-Mutation, die ansteckender sei.

Für Hotels gebe es noch keine Tendenz, möglich sei aber eine Betrieb durch „Reintesten“. Am Freitag richtete der Branchensprecher in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Robert Seeber, einen Appell zur Öffnung an die Regierung. Man sei mit bewährten Präventions- und Hygienekonzepte ausgestattet und biete flächendeckende Tests. Sollten die Hotelschließungen über den 24. Jänner hinausgehen, „ist unsere Forderung ganz klar: Umsatzersatz für den Jänner – da werden wir mit dem Fixkostenzuschuss nicht mehr das Auslangen finden“, so Seeber.

Appelle für Öffnung

Auch Vertreter des Handels forderten eine rasche Öffnung der Geschäfte und gleichzeitig Kompensationen, sollte sich der Lockdown weiter ziehen. „Wir können und wollen aufsperren – und das sollte rasch passieren, denn viele Handelsunternehmerinnen und -unternehmer stehen bereits mit dem Rücken zur Wand“, sagte der Obmann der Bundessparte Handel, Rainer Trefelik, am Donnerstag laut Aussendung. Zudem sollte auch für die Gastronomie, die vor allem in großen Einkaufsstraßen und Innenstadtlagen in enger Verbindung zum Handel steht, „zumindest für die Tagesgastronomie“ möglichst bald eine Möglichkeit gefunden werden, dass diese wieder öffnen kann.

Lockdown

Es ist nur aus bestimmten Gründen (Arbeit, Einkaufen, Sport) erlaubt, das Haus zu verlassen. Lokale und Geschäfte (Ausnahmen: Lebensmittelhandel, Apotheken) sind geschlossen, Veranstaltungen sowie Übernachtungen in Hotels sind untersagt.

Auch der Handelsverband warnte vor einem längeren Lockdown, denn ein solcher würde auch viele Jobs in der Branche bedrohen. „Wenn wir nicht endlich gegensteuern, stehen allein im Handel fast 100.000 Jobs vor dem Aus“, sagte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Auch aus Kärnten kam am Freitag ein eindringlicher Appell für das Aufsperren. Vertreter von Gastronomie, Hotellerie und Veranstaltungsbranche wandten sich an die Regierung: Bei längerer Schließung würde die Hälfte das nicht überstehen – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Lockdown beträfe auch Schulen

Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer kritisierte am Donnerstag die Unsicherheiten und forderte mehr Planbarkeit ein. Im ORF-Radio sagte er, die Wirtschaft müsse weiter staatlich unterstützt werden, sollte es am 25. Jänner nichts mit dem Aufsperren werden. Zu einer möglichen Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske im Handel sagte Mahrer: „Unser Vorschlag schon vor Weihnachten“ sei gewesen, dass der Handel aufmache. Wenn die FFP2-Maske der Preis dafür sei, „warum nicht, sollte man sofort umsetzen“. Eine „Schließung bis März ist für mich vollkommen undenkbar“, so Mahrer am Freitag.

Für die Schulen gab kürzlich ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann einen Ausblick. Sie sollen prinzipiell am 25. Jänner öffnen. Sollte allerdings auch dann noch ein Lockdown gelten, wäre diese Öffnung aber schon wieder obsolet.

Ludwig sieht Indizien

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) rechnete am Freitag jedenfalls mit neuen Verschärfungen. Ludwig begründet seine Annahme, dass der derzeitige Lockdown noch angezogen wird, mit der „Dramaturgie der letzten Tage“. Dabei verwies er etwa auf den Verdacht, dass es im Wiener Abwasser bereits Spuren der wohl deutlich ansteckenderen Virusvariante B.1.1.7 gebe. Wenn derlei seinen Weg in die Medien finde, deute das wohl auf Verschärfungen hin – mehr dazu in wien.ORF.at.

Auch der NEOS-Abgeordnete und Hotelier Sepp Schellhorn rechnete nicht damit, dass es Öffnungsschritte vor dem 25. Jänner gebe. „Dass dann alles aufsperrt, ist aufgrund der Infektionszahlen und neuer Virusmutationen unwahrscheinlich“, so Schellhorn. Doch Hotels und Zulieferer bräuchten „mindestens zwei Wochen Vorlauf“, die „Semesterferien im mit Abstand einwohnerreichsten Bundesland Wien beginnen in zwei Wochen“, so Schellhorn.

FPÖ-Chef Norbert Hofer sprach sich einmal mehr gegen weitere Lockdown-Maßnahmen aus. Es sei ein Fehler gewesen, die Menschen durch die Lockdowns aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen, so Hofer in einer Aussendung. Sie hätten sich statt unter kontrollierten Bedingungen in der Öffentlichkeit im privaten Bereich ohne Regeln getroffen.

Nach dem Lockdown

Der Leiter des klinischen Instituts für Labormedizin am Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH), Oswald Wagner, warnte vor einer frühzeitigen Lockerung. Zum einen verwies er auf die britische Mutation, zum anderen brauche es statt Alleingängen einen Gleichklang bei den Maßnahmen in Europa, so Wagner.

Wann nun der Lockdown tatsächlich enden soll, wird am Wochenende verkündet. Zumindest für die Zeit danach gibt es schon einige Orientierungspunkte. Am Donnerstag wurde dazu bereits im Nationalrat beschlossen, dass bestimmte Berufsgruppen mit Kundenkontakt und fehlenden Abstandmöglichkeiten nach dem Lockdown regelmäßig Tests machen sollen. Wer keinen Test machen will, muss eine FFP2-Maske tragen.

Das gilt für Pflege- und Krankenhauspersonal, Lehrkräfte und Kindergartenpädagogen, Anbieter körpernaher Dienstleistungen, Gastronomie und Handel, Trainer sowie Busfahrer und andere Mitarbeiter in Verkehrsbetrieben. Der Handel bereitet sich dem Vernehmen nach bereits auf den vermehrten Bedarf an FFP2-Masken vor. Mit den Sozialpartnern ist eine Maskenpause von zehn Minuten alle drei Stunden vereinbart. Ebenfalls auf Schiene ist das „Reintesten“, mit dem es per negativen Testnachweis nach dem Lockdown möglich sein wird, an Veranstaltungen teilzunehmen und einen Urlaub anzutreten.