Mahrer: Lockdown bis März „vollkommen undenkbar“

Österreich muss zumindest einen Teil der Geschäftswelt rasch wieder öffnen, alles andere wäre eine Arbeitsplatzvernichtung, sagte Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer heute vor einem Gespräch mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Und weiter: Eine „Schließung bis März ist für mich vollkommen undenkbar“. Morgen bespricht Kurz noch einmal mit allen Sozialpartnern die Lage.

Ein so langer Lockdown wie in Deutschland, wo eine Verlängerung bis Ostern, also bis Anfang April, in Diskussion ist, wäre inhaltlich nicht argumentierbar, sagte Mahrer zur APA. „Das ist keine Option, weil auch die Situationen nicht vergleichbar sind.“ Er verweist darauf, dass Österreich nun flächendeckende Tests anbiete, dass besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen geimpft werden und dass zusammen mit Masken und Berufsgruppentests „eine Batterie von Werkzeugen“ im Kampf gegen das Coronavirus zur Verfügung stehe.

Anfang Februar „muss etwas gehen“

Zugleich räumte Mahrer ein, dass man nicht alles auf einmal aufsperren und auch nicht die Vorsichtsregeln wie Masken und Abstände über Bord werfen dürfe. Die Regierung müsse nach Beratung mit Virologen und Virologinnen entscheiden, wo die Ansteckungsgefahr zu groß sei, aber Großveranstaltungen würden wohl noch warten müssen, so Mahrer. Auch sehe er ein, dass die neue britische Mutation des Coronavirus, die sich deutlich schneller verbreitet, eine neue Situation geschaffen habe, die berücksichtigt werden müsse.

Mahrer forderte aber nicht eine bedingungslose Öffnung noch Ende Jänner. Auf die Frage, ob Geschäfte erst Mitte Februar öffnen könnten, sagte Mahrer: „Ich bin mir ganz, ganz sicher, dass Anfang Februar etwas gehen muss“, auch wenn es vielleicht am 25. Jänner noch nicht möglich sein sollte, weil die Verteilung von FFP2-Masken noch nicht funktioniere. Grundsätzlich müsse man sich anschauen, wie die Impfungen wirken, wann die breiten Tests anfangen und wie es mit den FFP2-Masken funktioniert, so Mahrer.

MedUni-Experte warnt vor frühzeitiger Lockerung

Der Leiter des klinischen Instituts für Labormedizin am Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH), MedUni-Wien-Vizerektor Oswald Wagner, warnte unterdessen vor einer frühzeitigen Lockdown-Lockerung. Zum einen sei mit der wesentlich infektiöseren britischen Variante des Coronavirus eine neue Variable ins Spiel gekommen, zum anderen brauche es statt Alleingängen einen Gleichklang bei den Maßnahmen in Europa, sonst drohe ein „Pingpong-Effekt“, führte Wagner im Gespräch mit der APA aus.

Sollte die britische Variante tatsächlich schon weiter fortgeschritten sein, dann müsse die 7-Tage-Inzidenz durch einen strengen Lockdown von derzeit rund 150 auf „deutlich“ unter 50, am besten auf 20 bis 25 gedrückt werden, bevor an Lockerungsschritte gedacht werden kann. Dass sich diese derzeit auf dem Niveau von 150 eingependelt habe und nicht weiter sinke, könne verschiedene Gründe haben. Etwa dass sich die Bevölkerung nicht mehr so strikt an die Maßnahmen halte, oder das Virus wurde infektiöser. Letzteres könnte auch darauf hindeuten, dass sich die britische Variante bereits stark verbreitet habe.

Öffnungsschritte kann sich Wagner – sollte es die 7-Tage-Inzidenz erlauben – nur mit strikten Maßnahmen vorstellen. Etwa einer FFP2-Masken-Pflicht in geschlossenen Räumen, wenn sich mehr als eine Person darin aufhält. Die Abstandsregel müsse auf zwei Meter ausgedehnt werden, und die Bevölkerung müsse wöchentlich mit Schnelltests durchgetestet werden, so Oswald Wagner: „Investitionen in Schnelltests und FFP2-Masken sind billiger als jeder weitere Tag Lockdown.“