Donald Trump
Reuters/Carlos Barria
Begnadigungen und Co.

Trumps letzte Stunden als US-Präsident

US-Präsident Donald Trump hat in den letzten Stunden seiner Präsidentschaft noch ein volles Programm zu seinem Abschied – typisch ist es im Vergleich mit seinen Vorgängern nicht. Trump hatte angekündigt, der Vereidigung Joe Bidens fernzubleiben und auch einen persönlichen Brief an seinen Nachfolger soll es nicht geben. Zuvor waren Dutzende Begnadigungen bekanntgeworden.

US-Vizepräsident Mike Pence will derweil nicht zur geplanten Abschiedszeremonie Trumps auf dem Militärflughafen Andrews bei Washington kommen. Auf dem vom Weißen Haus veröffentlichten Programm des Vizepräsidenten für Mittwoch ist nur die Teilnahme von Pence und Second Lady Karen Pence an der Zeremonie zur Amtseinführung von Trump-Nachfolger Biden in Washington vorgesehen, die um 11.30 Uhr (17.30 Uhr MEZ) beginnen soll.

Der Sender CNN berichtete, auf den Einladungen für den Trump-Abschied sei bereits 8.00 Uhr als Starttermin angegeben. Trump will laut Medienberichten nach Florida fliegen. CNN und die „Washington Post“ zitierten Quellen aus Pence’ Umfeld, wonach die Teilnahme an beiden Veranstaltungen logistisch schwierig gewesen wäre. Die „Washington Post“ verwies allerdings darauf, dass ein Hubschrauber die rund 21 Kilometer lange Strecke vom Weißen Haus zu dem Militärflughafen in zehn Minuten bewältigen könne.

Vizepräsident Mike Pence
AP/Adrian Kraus
Mike Pence hat mit Donald Trump schließlich doch noch gebrochen

Versöhnliche Töne nach Bruch mit Pence

In seiner am Dienstag veröffentlichten Abschiedsbotschaft an die Nation dankte Trump Pence zwar ausdrücklich. Zwischen dem Präsidenten und seinem Stellvertreter war es zum Schluss aber zum Bruch gekommen. Pence hatte sich geweigert, Trumps Druck nachzugeben und die Zertifizierung der Ergebnisse der Präsidentenwahl vom 3. November im Kongress zu verhindern. Trump wollte so Bidens Wahlsieg in letzter Minute noch kippen. Der abgewählte Präsident hatte Pence daraufhin scharf kritisiert. Trump-Anhänger stürmten am 6. Jänner das Kapitol, in dem die Sitzung zur Zertifizierung der Ergebnisse unter Pence’ Vorsitz stattfand – der Vizepräsident ist zugleich Präsident des Senats. Trump-Unterstützer skandierten unter anderem „Hängt Pence“.

Ex-Strategen Bannon begnadigt

Weniger als zwölf Stunden vor Ende seiner Amtszeit begnadigte Trump mehr als 70 Menschen, darunter seinen früheren Chefstrategen Steve Bannon. Der frühere Kopf hinter Trumps Präsidentschaft ist wegen Betruges angeklagt. Ihm wird in Zusammenhang mit einer Spendenaktion für den Bau der von Trump vorangetriebenen Grenzmauer zu Mexiko vorgeworfen, Geld abgezweigt zu haben.

Steve Bannon
Reuters/Andrew Kelly
Trump begnadigte seinen früheren Chefstrategen Steve Bannon

Bei „We Build the Wall“ sollen 25 Millionen Dollar mit dem Versprechen zusammengetragen worden sein, dass kein Geld an die Organisatoren fließen würde. Bannon soll aber indirekt über eine Million Dollar erhalten haben. Er weist die Vorwürfe zurück. Der Prozess sollte im Mai beginnen. Eine Begnadigung vor dessen Beginn gilt als ungewöhnlich, in der Regel haben Begünstigte bereits Teile ihre Haftstrafe abgesessen. Das Weiße Haus teilte mit, dass Bannon eine der wichtigsten Führungspersönlichkeiten in der konservativen Bewegung und „für seinen politischen Scharfsinn“ bekannt sei.

Hinweis

Die Angelobung wird von ORF.at mit einem Liveticker begleitet. Bidens Inauguration ist im Rahmen einer ZIB Spezial ab 17.10 Uhr live in ORF2 und im Livestream zu sehen – dazu kommen ein „Weltjournal“ und ein „Weltjournal +“. Auch die ORF-Radios und der Teletext berichten ausführlich – mehr dazu in tv.ORF.at.

Bannon war einst einer der engsten Vertrauten von Trump und maßgeblich an dessen Wahlsieg 2016 beteiligt, um anschließend Stratege im Weißen Haus zu werden. Der Globalisierungsgegner gilt als die treibende Kraft hinter umstrittenen Entscheidungen wie dem Einreisestopp für Bürger aus mehreren islamischen Ländern. Trump feuerte Bannon im August 2017, der dann zum rechtskonservativen Nachrichtenportal Breitbart zurückkehrte. Zum offenen Bruch mit Trump kam es nach Kommentaren, die er im Enthüllungsbuch „Fire and Fury“ („Feuer und Zorn“) von Michael Wolff in Zusammenhang mit der Russland-Affäre machte.

Ex-Google-Entwickler, Politiker, Rapper

Neben Bannon profitieren zahlreiche weitere Weggefährten von einer Begnadigung oder Strafmilderung. Unter den Begünstigten befinden sich auch der ehemalige Google-Entwickler Anthony Levandowski, dem der Diebstahl von Technologie für selbstfahrende Autos zugunsten Ubers vorgeworfen wurde. Er war im August nach einem Geständnis zu einer 18-monatigen Haftstrafe verurteilt worden, die er wegen CoV noch nicht angetreten hatte.

Der ehemalige Google-Entwickler Anthony Levandowski
APA/AFP/Getty Images/Justin Sullivan
Der ehemalige Google-Entwickler Levandowski

Begnadigt wurde auch der einflussreiche republikanische Spendensammler Elliott Broidy. Er war verurteilt worden, weil er die US-Regierung beeinflusst haben soll, Ermittlungen im Korruptionsskandal zum malaysischen Staatsfonds 1MDB einzustellen. Mit Ken Kurson profitierte auch ein Vertrauter von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und seinem Anwalt Rudy Giuliani. Er wurde wegen Cyberstalking verurteilt. Auch der ehemalige demokratische Bürgermeister von Detroit kann aufatmen: Kwame Kilpatrick war 2013 wegen Korruption zu 28 Jahren im Gefängnis verurteilt worden.

Begnadigt wurden auch die Rapper Lil Wayne und Kodak Black, die gegen Waffengesetze verstoßen hatten. Aus der Rapszene kommt auch der begnadigte Michael Harris, Mitgründer des wegweisenden Labels Death Row Records. Er saß seit seinem Urteil 1988 wegen versuchten Mordes und Kidnapping im Gefängnis. Medienberichten zufolge soll sich Snoop Dogg für seine Begnadigung eingesetzt haben.

Lil Wayne
Reuters/USA Today Sports/Jasen Vinlove
Lil Wayne galt zuletzt als Trump-Unterstützer

Bekannt ist auch Sholam Weiss, der wegen des größten Versicherungsbetrugs in der amerikanischen Geschichte verurteilt worden war. Weiss war 2000 in Wien festgenommen und an die USA ausgeliefert worden. Der scheidende US-Präsident wandelte nach Angaben des Weißen Hauses zudem die Strafen von 70 weiteren Menschen um.

Kritiker werfen Trump vor, von der Begnadigungsbefugnis insbesondere für ihm nahestehende Personen Gebrauch gemacht zu haben. Kurz vor Weihnachten hatte er bereits mehrere loyale Weggefährten begnadigt, darunter den einstigen Leiter seines Wahlkampfteams, Paul Manafort und Wahlkampfmanager Roger Stone. Nicht enthalten waren Trump selbst, Mitglieder seiner Familie und Giuliani. Medienberichten zufolge hatten Berater dem abgewählten Präsidenten davon abgeraten, seinen engsten Kreis auf die Liste zu setzen.

Trump mit Glückwünschen

Zuvor hatte Trump in einer Abschiedsrede an die Nation der künftigen Regierung Erfolg gewünscht. „In dieser Woche führen wir eine neue Regierung ins Amt ein und beten für ihren Erfolg, damit Amerika sicher und wohlhabend bleibt“, sagte Trump in einer am Dienstag (Ortszeit) veröffentlichten Videobotschaft aus dem Weißen Haus. „Wir wünschen ihnen alles Gute und wir wollen auch, dass sie Glück haben.“ Trump lobte seine Arbeit als Präsident und sagte an die Adresse der neuen Regierung: „Die Welt respektiert uns wieder. Bitte verlieren Sie diesen Respekt nicht.“

„Gemeinsam mit Millionen hart arbeitender Patrioten in diesem Land haben wir die größte politische Bewegung in der Geschichte unseres Landes aufgebaut“, sagte Trump. „Es ging um ‚Amerika zuerst‘, weil wir alle Amerika wieder großartig machen wollten.“ Er fügte hinzu: „Nun, da ich mich darauf vorbereite, am Mittwochmittag die Macht an eine neue Regierung zu übergeben, möchte ich, dass Sie wissen, dass die Bewegung, die wir begonnen haben, erst am Anfang steht.“ Zu den gewaltsamen Auseinandersetzungen in Washington am 6. Jänner sagte Trump: „Politische Gewalt ist ein Angriff auf alles, was wir als Amerikaner wertschätzen. Sie kann niemals toleriert werden.“

Auf Youtube weiter blockiert

Der scheidende Präsident lobte sich auch selbst. „Wir haben getan, wozu wir hierhergekommen sind – und noch viel mehr.“ Seine Regierung habe die Stärke Amerikas zu Hause und im Ausland wiederhergestellt. „Wir haben unsere Allianzen wiederbelebt und die Nationen der Welt zusammengeführt, um China die Stirn zu bieten wie nie zuvor“, so Trump nur wenige Stunden vor der Angelobung Bidens.

Historiker Snyder von der Yale-Universität zu Trumps Erbe

Was bleibt von der Präsidentschaft Donald Trumps, und wird er die Politik weiter beeinflussen? Gast ist Timothy Snyder, Autor und Historiker (Yale-Universität).

Trump selbst bleibt in Sozialen Netzwerken weiter blockiert. Wie YouTube am Mittwoch mitteilte, wurde das Hochladen von Videos und Livestreams auf seinem YouTube-Kanal angesichts von „Bedenken ob des anhaltenden Gewaltpotenzials“ für mindestens weitere sieben Tage verboten. Auch Kommentare würden deaktiviert, hieß es. Trump war nach den Ausschreitungen am Kapitol bereits auf Facebook und Twitter gesperrt worden.