„Ibiza“: Casinos-Prokurist zu „Druck“ bei Sidlo-Bestellung

Der „Ibiza“-Ausschuss befragt derzeit den Casinos-Austria-Prokuristen Peter E. Angeblicher Postenschacher und mutmaßlicher Gesetzeskauf rund um die Casinos sind Thema. Eingangs wurde E. gefragt, wie Ex-FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo in den Finanzvorstand der Casinos gekommen sei. E. gab an, für Vorstandsbestellungen nicht zuständig zu sein.

Wahrnehmungen „eingeschränkt“

Seine Wahrnehmungen zur Bestellung Sidlos seien „eingeschränkt“, er sei in entsprechende Vorgänge nicht involviert gewesen. Zwar habe er an Aufsichtsratssitzungen teilgenommen, an jener mit Sidlos Hearing aber nicht, da seien interne Sachverständige nicht erwünscht gewesen, so E. Ihm sei dann bekanntgeworden, dass die drei Vorstandschefs (neben Sidlo Bettina Glatz-Kremsner und Martin Skopek) bestellt wurden.

Auskunftsperson Peter E. beim Ibiza Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
E. beim Eintreffen vor dem U-Ausschusslokal – im Saal war kein „Kameraschwenk mit Auskunftsperson“ zugelassen

„Was war der Druck?“

Offenbar habe man eine schnelle Personallösung gewollt, damit das Unternehmen handlungsfähig bleibe, so E. auf die Frage, wieso die Ablöse von Ex-Aufsichtsratsmitglied Dietmar Hoscher so rasch erfolgte. Hintergrund: Der Vorstandsvertrag wäre bald ausgelaufen, seine Vertragsauflösung war sehr kostspielig. Das Unternehmen sei wohl in einer „Schwebephase“ gewesen, die man wohl schnell habe beenden wollen, interpretierte E. die damalige Lage.

Sidlo „neutral“ gegenübergestanden

Grünen-Fraktionsvorsitzende Nina Tomaselli stürzte sich bei ihrer Befragung auf die Personalie Sidlo. Von der Bestellung habe er über Gerüchte erfahren, einmal habe er gar mit ihm telefoniert, berichtete E. – Sidlo habe erfragt, welche Unterlagen er vorlegen müsse. Auf Mutmaßungen habe er sich aber nicht einlassen wollen: „Ich habe in 40 Jahren gelernt, mich von Gerüchten fernzuhalten“, so E.

Er habe Sidlo zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gekannt, weswegen er dessen Bestellung auch „neutral“ gegenübergestanden sei, wie E. sagte. Zur letztlich erfolgten Abberufung Sidlos wollte E. nichts sagen; er befürchte etwaigen Schaden fürs Unternehmen, wie er sagte. Nur so viel: Sidlo sei seiner Erinnerung nach aufgrund falscher Auskünfte an den Aufsichtsrat abberufen worden.

Rückzug von Novelle „einigermaßen überraschend“

Auch Thema war die geplante, aber letztlich nicht umgesetzte Glücksspielgesetzesreform 2018. Ende Februar 2018 sei der Begutachtungsentwurf versandt worden – er sei auch in die Casinos-Rechtsabteilung gekommen. Er habe sich schon gefreut und überlegt, was er da beitragen könne, sagte E. Doch habe die Freude nur kurz gewährt, denn danach habe das Ministerium die Novelle zurückgezogen („einigermaßen überraschend").

Hoscher glaubte an „Witz“

Dann habe er Hoscher informiert: „Er hat gedacht, ich mach einen Witz“, so E. In der Folge habe er dann den zuständigen Fachbeamten im Ministerium angerufen, der habe aber nichts vom Rückzieher gewusst. In diesem Moment sei ihm klar geworden, dass die Gründe für den Rückzieher „politische“ und nicht fachliche gewesen seien. Er habe sich erkundigt und erfahren, dass die Novelle in der Koalition nicht abgesprochen, also „nicht gespiegelt“, worden sei.

Parteipolitik habe in den Casinos jedenfalls keine Rolle gespielt, sagte E. („Ich sitze vor Ihnen als lebender Beweis“) auf Fragen von ÖVP-Fraktionschef Wolfgang Gerstl zu seinem Verhältnis mit dem Ex-SPÖ-Abgeordneten Hoscher. Sie SPÖ thematisierte danach in ihrer Befragung einen SMS-Chat zwischen Glatz-Kremsner und ÖBAG-Chef Thomas Schmid, in dem es geheißen habe: „Der Hoscher soll weg“. E. sagte, er habe dazu keine Wahrnehmungen, weder zum Chat noch zu entsprechenden Aktionen bzw. Bestrebungen von Glatz-Kremsner.

„Nichts Wesentliches falsch gemacht“

Hoscher habe „nichts Wesentliches falsch gemacht“, so E. Ob Hoscher einfach die falsche politische Farbe gehabt habe, wollte SPÖ-Abgeordneter Andreas Kollross wissen. E. vermochte das nicht einzuschätzen. FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker hakte hier auch ein: „Kann es sein, dass Hoscher bei seiner Bestellung die richtige Farbe gehabt hat?“ E. dazu: „Das ist eine politische Schlussfolgerung, dazu kann ich wie gesagt nichts sagen.“

„Sazka wollte das Sagen haben“

Die Fragen der FPÖ drehten sich aber vielmehr um die Sazka Group. Es sei klar gewesen, dass die Gruppe schon mit ihrem Einstieg die bestimmende Kraft in den Casinos werden wollte, gab E. auf entsprechende Fragen an („Sazka wollte das Sagen haben“). Es sei stets gesagt worden, dass die Mehrheit angestrebt werde. Durch Zukäufe sei dieses Ziel schließlich auch erreicht worden.

Werber und Ex-SPÖ-Kampagnenchef kommen

Nach E. folgen laut Befragungsplan am Nachmittag Niko P. und Johannes V. Letzterer war SPÖ-Kampagnenchef, P. arbeitet als Agenturmanager und soll vom Wiener Anwalt das „Ibiza-Video“ angeboten bekommen haben. P. soll das Video dann – laut Angaben des früheren SPÖ-Ministers und -Bundesgeschäftsführers Thomas Drozda im U-Ausschuss – seinerseits an den damaligen SPÖ-Parteichef Christian Kern herangetragen haben.

„Finger in die Wunde legen“

Von den zwei weiteren Auskunftspersonen nach E. erhoffe man sich Infos über die Genese des Videos und wie es in die Öffentlichkeit gelangte, wie FPÖ-Fraktionsführer Hafenecker vor Sitzungsbeginn sagte. Auf das „Ibiza-Video“ will sich auch die ÖVP konzentrieren, im Speziellen auf die Rolle von Vertretern der SPÖ und von NEOS, so ÖVP-Fraktionsführer Gerstl.

Es sei ein ÖVP-Tag im Ausschuss, so SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer, denn man habe sich unter den Fraktionen ausgemacht, dass sich jede einmal Auskunftspersonen aussuchen darf – heute eben die ÖVP. Entsprechend erwarte er sich weniger Aufklärung zu den eigentlichen Themen des Ausschusses. Grünen-Fraktionsführerin Tomaselli verwies auf die Kontrollfunktion des Ausschusses, es gebe Spielregeln, und es sei wichtig, dass man als Aufklärer „den Finger in die Wunde“ lege.

NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper stellte die Frage in den Raum, warum ganz Österreich vom „Ibiza-Video“ wusste, nur die ÖVP nicht und allen voran Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). NEOS werde einen Antrag stellen, dass das Video selbst eine geringere Sicherheitsstufe erhalte, weil die aktuelle hohe Stufe die Arbeit damit erschwere.