„Einige Trump-Vertraute blieben bis zum Ende bei ihm. Jetzt sind sie aufgeschmissen“, so der Titel einer kürzlich erschienenen „Politico“-Analyse. Denn während der frühere Präsident aus der Öffentlichkeit so gut wie verschwunden sei, müsse sein ehemaliges Team nun in einem Arbeitsmarkt navigieren, „der nicht vergisst“.
Laut der Wochenzeitung hätten mehrere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen derzeit so gut wie keine Chance, einen neuen Job zu finden – nicht zuletzt wegen des Angriffs auf das Kapitol durch radikale Trump-Anhänger und -Anhängerinnen. Einem ehemaligen Beamten des Weißen Hauses zufolge hätten die Ereignisse vom 6. Jänner sogar dazu geführt, dass neue Arbeitsverträge ehemaliger Trump-Mitarbeiter deswegen wieder zurückgezogen wurden.
Wie die „Washington Post“ kürzlich berichtete, entließ Biden zudem gleich zu Beginn seiner Amtszeit mehrere Topmanager, die Trump „treu ergeben“ waren – unter anderem den Vorsitzenden der für staatliche Medien zuständigen Behörde USAGM, Michael Pack.
Hochrangige Mitarbeiter betroffen
Die schlechten Jobaussichten betreffen folglich auch hochrangige Ex-Mitarbeiter wie den ehemaligen Stabschef Mark Meadows. Dieser solle wegen fehlender Optionen sogar eine Position bei der Trump-Organisation (einer Gruppe von rund 500 Unternehmen, deren Haupteigentümer Trump ist, Anm.) in Betracht gezogen haben.
Mittlerweile soll es sogar ein informelles Verzeichnis möglicher Stellenangebote geben, das Betroffene untereinander verteilen, so Politico. Die Kommunikationschefin des Weißen Hauses, Alyssa Farah habe für ihr neu gegründetes Beratungsunternehmen etwa einen ehemaligen Adjutanten von Vizepräsident Mike Pence angeheuert, heißt es einem Insider zufolge.
Eine der loyalsten Trump-Mitarbeiterinnen, Sarah Sanders, kündigte unterdessen an, Gouverneurin in Arkansas werden zu wollen. „Alles, was wir an Amerika lieben, steht auf dem Spiel“, sagte die frühere Sprecherin Trumps am Montag in Anspielung auf die Ablösung des Republikaners Trump durch den Demokraten Biden. „Und mit der radikalen Linken, die jetzt die Kontrolle über Washington hat, ist Ihr Gouverneur Ihre letzte Verteidigungslinie.“ Trump sagte Sanders bereits seine Unterstützung zu.
„Jetzt macht sich Trumps Team davon“
Dabei seien die Pläne der ehemaligen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ursprünglich ganz andere gewesen. Bis vor einem Monat „war alles kristallklar“: Trump habe zwar die Wahl verloren, werde aber seine Präsidentschaftskandidatur für 2024 ankündigen. „Seine Verbündeten würden da sein, um ihn zu unterstützen“, so „Politico“. Doch nun schwebt das nachträgliche Amtsenthebungsverfahren als Damoklesschwert über Trump, schließlich könnte durch eine Verurteilung eine zukünftige Kandidatur untersagt werden.
Diese erscheint zwar unwahrscheinlich, hat sich doch die Mehrheit der Republikaner im Senat bereits dagegen ausgesprochen, dennoch dürfte es auf einige ehemalige Mitarbeiter durchaus eine abschreckende Wirkung gezeigt haben. So schreibt Politico: „Jetzt macht sich das Team des ehemaligen Präsidenten davon – bereit, Washington zu verlassen, in einigen Fällen in rote (also republikanisch gefärbte, Anm.) Staaten wie Texas und Florida, um ihre Beschäftigungsaussichten zu verbessern.“ Sogar zwei von Trumps engsten Vertrauten, der Personalchef Johnny McEntee sowie seine jahrelange Beraterin Hope Hicks, hätten es abgelehnt, Trump nach Florida zu begleiten.
Auch Trumps Zukunft ungewiss
In Florida sei Trump nun nur von einem sehr kleinen Kreis enger Verbündeter umgeben – inklusive eines Teams von Mitarbeitern, das ehemaligen Präsidenten zur Verfügung gestellt werde. Von Hunderten Angestellten zu einer solch kleinen Gruppe sei für den Ex-Präsidenten „eine große Veränderung“, so Trumps ehemaliger Wahlkampfberater Jason Miller.
Auch Trumps Zukunft sei ungewiss. Pläne, in die Politik zurückzukehren, gebe es nach wie vor. Möglich sei etwa die Gründung einer Bewegung, mit der er „Make America Great Again“-Sympathisanten bei ihrer Kandidatur unterstützen könnte – wie es bereits bei Sanders der Fall zu sein scheint. Über die Organisation Save America (Dt.: Rettet Amerika) hat Trump nach seiner Wahlniederlage Millionen US-Dollar an Spenden eingesammelt. Er kann das Geld für viele Zwecke nutzen, unter anderem für die Unterstützung anderer Politikerinnen und Politiker, die ihm gegenüber loyal sind und seine Agenda nach dem Ende seiner Amtszeit vorantreiben wollen.
Vorerst dürfte Trump jedoch damit beschäftigt sein, sein Verteidigungsteam für das Amtsenthebungsverfahren zusammenzustellen und zu erweitern. Zudem müsse sich Trump mehreren anderen Verfahren stellen – unter anderem wegen möglicher Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Trump-Organisation.
Biden räumt mit Trump-Ära auf
Unterdessen demontiert Biden weiter Trumps Politik. Bereits kurz nach seiner Angelobung unterzeichnete er den Wiedereintritt der USA in das Pariser Klimaabkommen, stoppte den Austritt des Landes aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO), hob ein Einreiseverbot für Menschen aus muslimisch geprägten Ländern auf, kippte Trumps Transgender-Ausschluss aus US-Streitkräften und verlängerte den letzten großen atomaren Abrüstungsvertrag mit Russland um fünf Jahre.
Auch will Biden die restriktive Einwanderungspolitik seines Vorgängers rückgängig machen. Eines seiner Hauptanliegen ist aber, die Coronavirus-Pandemie unter Kontrolle zu bekommen. Entsprechende Coronavirus-Hilfen sollen im Senat beschlossen werden. Allerdings muss das bis zum Start des Amtsenthebungsverfahrens Anfang Februar erfolgen, denn während des Prozesses gegen Trump wird die Parlamentskammer kaum in der Lage sein, andere Aufgaben zu erledigen.