Neue Proteste in Polen gegen verschärftes Abtreibungsrecht

In Polen haben gestern am zweiten Abend in Folge zahlreiche Menschen gegen das nahezu vollständige Abtreibungsverbot protestiert. In Warschau schütteten Protestierende rote Farbe vor dem Sitz des Obersten Gerichts aus – Rot ist die Farbe der Bewegung gegen das Abtreibungsverbot. Die Polizei nahm mehrere Menschen fest, die in das Gerichtsgelände eingedrungen waren.

Viele der Hunderten Demonstrantinnen und Demonstranten in der polnischen Hauptstadt trugen Atemschutzmasken mit einem roten Blitz – dem Symbol der Bewegung für das Recht auf den Schwangerschaftsabbruch. Manche Protestierende entzündeten rote Leuchtgeschoße. Demonstranten trugen Transparente mit Slogans wie „Wir haben genug“ und „Das bedeutet Krieg“.

Proteste in Polen gegen das verschärfte Abtreibungsrecht
AP/Czarek Sokolowski

Auch in anderen polnischen Städten fanden wieder Proteste gegen das weitgehende Abtreibungsverbot statt. Die Demonstranten setzten sich über wegen der Coronavirus-Pandemie geltende Versammlungsverbote hinweg.

Fast vollständiges Verbot seit Mittwoch in Kraft

Das fast vollständige Abtreibungsverbot trat am Mittwoch in Kraft. Das Oberste Gericht hatte im Oktober die Abtreibung schwer fehlgebildeter Föten für verfassungswidrig erklärt und damit das ohnehin schon sehr restriktive Abtreibungsrecht in Polen weiter verschärft. Schon damals hatte es Massenproteste gegen diese Gerichtsentscheidung gegeben. Am Mittwoch veröffentlichte die konservative Regierung dann die Neuregelung im Gesetzesblatt, womit sie wirksam wurde.

Schon bisher hatte Polen eine der restriktivsten Abtreibungsgesetzgebungen in Europa. Frauen durften schon bisher Schwangerschaften nur abbrechen, wenn diese Folge von Inzest oder Vergewaltigung sind, ihr Leben in Gefahr ist oder der Fötus schwere Fehlbildungen aufweist.