Bundeskanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Georg Hochmuth
AstraZeneca-Zulassung

Nun Nationales Impfgremium am Zug

Nachdem die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) den CoV-Impfstoff von AstraZeneca für alle Altersstufen ab 18 Jahren freigegeben hat, muss nun die ÖVP-Grünen-Regierung entscheiden, wie es weitergeht. In Deutschland gibt es etwa die Empfehlung, das Vakzin an über 65-Jährige noch nicht zu verimpfen. Kommt in Österreich eine ähnliche Entscheidung, müsste der Impfplan wohl in größerem Stil modifiziert werden. Nun ist das Nationale Impfgremium am Zug, am Montag will die Regierung entscheiden.

Hintergrund der Frage zum Einsatz bei älteren Menschen ist, dass in den klinischen Tests vor der Zulassung eine vergleichsweise geringe Zahl von Testpersonen in diesem Alter vertreten war. Daher ist laut Experten noch unklar, wie wirksam das Vakzin in diesen Altersgruppen ist. Weshalb Fachleute teils empfehlen, bei dieser Personengruppe dieses Vakzin – bis zur Klärung – noch nicht einzusetzen. Der schwedisch-britische Hersteller hat bereits angekündigt, ausführlichere Tests in dieser Alterskohorte durchzuführen. Aus Sicht der EMA ist der Impfstoff für alle ab 18 sicher und kann jedenfalls bereits jetzt auch an ältere Menschen verimpft werden.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) begrüßten Freitagnachmittag umgehend die Entscheidung der EMA. „Jeder von der EMA zugelassene Impfstoff durchläuft ein präzises und verantwortungsvolles Prüfverfahren. Die EMA sieht beim Impfstoff von AstraZeneca grundsätzlich eine gute Wirkung und Verträglichkeit, weist aber auf eine geringe Zahl an Studienteilnehmern in der Gruppe von Menschen mit höherem Alter hin“, betonten die Regierungsvertreter.

Auftrag an Nationales Impfgremium

Sie ersuchten daher das Nationalen Impfgremium „um eine Bewertung bis Sonntag, ob für diese Gruppe die Vorlage ergänzender Studien, die noch im Februar geplant sind, vor einer Verwendung des Impfstoffes für diese Altersgruppe abgewartet werden soll, so wie das auch in Deutschland von der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts empfohlen wurde“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme.

Am Montag werden neben möglichen Lockerungen des Lockdowns auch die Entscheidungen des Nationalen Impfgremiums mit den Landeshauptleuten diskutiert und die weitere Vorgehensweise bei der Impfplanung abgestimmt, kündigten Kurz und Anschober an.

Anpassung des Impfplans steht im Raum

Sollte der AstraZeneca-Impfstoff vorerst nicht bei älteren Menschen zum Einsatz kommen, müsste der Impfplan wohl angepasst werden. Ohnehin ist nicht ganz sicher, wie viele Dosen des Impfstoffs in den nächsten Wochen nun geliefert werden, in denen die über 65-Jährigen prioritär geimpft werden. Fällt dieser für diese Gruppe aber völlig weg, dürften wohl andere vulnerable Gruppen vorgezogen werden – in dem Maß, in dem der neue Impfstoff verfügbar ist.

Die ersten Lieferungen für Österreich werden nach derzeitigem Wissensstand für Februar in drei Tranchen erwartet: am 7. Februar 63.354, am 17. Februar 97.763 und Ende Februar 182.430. Insgesamt kommen im Februar also 343.547 Dosen Impfstoff von AstraZeneca nach Österreich. So wie bei Pfizer/Biontech und Moderna (dieser ist nur in geringen Mengen vorhanden), erfordert auch der AstraZeneca-Impfstoff zwei Impfungen, um den maximal möglichen Schutz zu erlangen.

Schaidreiter und Mayr (ORF) zur Impfstoffzulassung

ORF-Korrespondentin Raffaela Schaidreiter berichtet aus Brüssel über die Zulassung des AstraZeneca-Impfstoffs in der Europäischen Union. Günther Mayr, Chef der ZIB-Wissenschaftsredaktion, analysiert im Studio.

Pharmig begrüßt Zulassung

Der Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs (Pharmig) begrüßte die Empfehlung der Zulassung des AstraZeneca-Vakzins als dritten Coronavirus-Impfstoff in der EU ebenfalls. „Die Impfstoffe bauen auf unterschiedlichen Technologien auf. Was ihnen aber allen gemeinsam ist, ist die Fähigkeit, einen schweren Krankheitsverlauf von Covid-19 zu verhindern und damit auch Todesfälle zu vermeiden“, betonte Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog am Freitag in einer Aussendung.

NEOS fordert „Impfkrisengipfel“

Für NEOS forderte Gesundheitssprecher Gerald Loacker einen „Impfkrisengipfel“ noch am Montag und warnte vor einem weiteren „Pseudogespräch, das hauptsächlich der Inszenierung dieser Bundesregierung dient und bei dem die Opposition nur darüber informiert wird, dass die Regierung keinen Plan hat“.

Vielmehr forderte Loacker einen „ehrlichen, konstruktiven Austausch auf Augenhöhe zwischen Expertinnen und Experten, allen Parlamentsfraktionen, den Bundesländern und den zuständigen Ministerinnen und Ministern“. Er sieht einige offene Fragen nach der EMA-Entscheidung, insbesondere die auch von der Regierung angesprochene Frage, ob über 65-Jährige mit diesem Vakzin geimpft werden sollen.

Der Chef des SPÖ-nahen Pensionistenverbands, Peter Kostelka, sprach von „Bedenken“ nach der EMA-Entscheidung. Die Behörde habe selbst mitgeteilt,dass es „noch nicht genügend Daten über die Wirksamkeit des AstraZeneca-Präparats bei älteren Menschen“ gebe, um die Effektivität des Vakzins bei dieser Altersgruppe zu beurteilen. Kostelka forderte daher die Regierung „umgehend“ zu Gesprächen über das weitere Vorgehen auf. Kostelka erinnerte daran, dass Kurz vor wenigen Tagen versprochen habe, dass bis Ende März alle über 65, die das wollen, geimpft sein werden.