Wiens Bürgermeister Michael Ludwig
ORF
Schulen und Handel

Ludwig für erste Öffnungen

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat sich kurz vor den Gesprächen zu den nächsten Krisenschritten am Montag für eine teilweise Öffnung der Schulen und des Handels ausgesprochen. „Die Schule ist meines Erachtens der Bereich, wo man am meisten hinsehen muss“, so Ludwig.

Voraussetzung sei jedoch, dass Fachleute keine Einwände gegen derartige Schritte hätten, verwies er auf die am Montag angesetzten Gespräche mit dem Bund. „Ich versuch immer, wissensbasierte Politik zu betreiben. Ich erwarte mir morgen von Experten Prognosen auf Basis der Zahlen, die wir geliefert haben“, sagte Ludwig. Im Handel müsse es – falls man sich für ein Ende der Schließung entscheide – natürlich Sicherheitsmaßnahmen wie etwa eine Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken geben. Ähnliches gelte für den Bildungssektor.

Bezüglich der Schulen sagte Ludwig, das Kindeswohl müsse immer im Vordergrund stehen. Mittlerweile stelle sich nicht mehr nur die Frage nach dem Schulerfolg, sondern auch nach der psychischen Gesundheit der Kinder und der Kapazitäten der Eltern. Vor allem die Kleinsten und „Einsteiger“ in allen Bildungsstufen seien vom mangelnden Kontakt mit anderen Kindern schwer getroffen worden. Er unterstütze mehrere Vorschläge des ÖVP-Bildungsministers Heinz Faßmann, etwa was das regelmäßige Testen von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften oder die Abhaltung von gestaffeltem Unterricht anbelange.

Schulen und Handel im Fokus

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) spricht sich für eine erste Öffnung mach dem Lockdown am 8. Februar aus – im Gegensatz zu seiner Parteichefin Pamela Rendi-Wagner, die am Samstag noch vor zu frühen Öffnungsschritten gewarnt hat.

„Sehr starke Kollateralschäden“

Er wolle jedoch nicht verhehlen, dass die Entscheidungen nicht leicht seien: „Natürlich sind wir im Blindflug unterwegs in gewissen Bereichen.“ Man sehe aber jetzt schon „sehr starke Kollateralschäden“. Hilferufe gebe es etwa aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Die Kunst sei nun, bei den Öffnungen ein „Mittelmaß“ zu finden. Generell spüre man eine sinkende Bereitschaft, die Maßnahmen mitzutragen.

Ludwig sprach sich indirekt gegen eine Schließung der Skigebiete aus: „Mir geht es in Wien nicht besser, weil in Tirol oder Vorarlberg keiner Ski fahren darf“, so Ludwig. Die Bewegung an der frischen Luft sei prinzipiell zu begrüßen, problematisch seien eher anschließende Feiern oder andere Zusammenkünfte. Man müsse immer überlegen, wo es ein tatsächliches Ansteckungsrisiko gibt. Deswegen sei auch die Schließung der Bundesgärten im Vorjahr so problematisch gewesen.

Ludwig zur Situation in den Bundesländern

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kritisierte mitunter „massives Wien-Bashing“.

„Vom Ausspielen Ost gegen West habe ich nichts“, so Ludwig. Die Bundesländer hätten ein gutes gegenseitiges Einvernehmen. Seitens Mitglieder der Bundesregierung habe es in der CoV-Krise aber „massives Wien-Bashing“ gegeben, insbesondere vor der Wien-Wahl. Dieses sei damals wie heute ungerechtfertigt gewesen. Wien habe derzeit im Bundesländervergleich die besten Zahlen und stehe auch im europäischen Städtevergleich gut da. Ludwig lobte den schnellen Aufbau der Teststruktur und die hohe Erfolgsquote des Contact-Tracing.

Impfen: Kritik an EU

Beim Impfen gebe es aktuell einfach zu wenige Dosen, so Ludwig. Dass man in kürzester Zeit eine hohe Menge an Menschen impfen könne, habe man bei der Grippeimpfaktion bewiesen. Er vermutete, dass die EU zu viel Wert auf den Preis und weniger auf die Verfügbarkeit gelegt habe. Grundsätzlich sprach er sich dafür aus, Produktions- und Wissenskapazitäten in Europa zu stärken. Es sei kein guter Zustand, dass große Teile der Medizinproduktion an China hängen würden. Er setze nun große Hoffnungen aus AstraZeneca.

Probleme mit CoV-Impfdosen

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sieht bei den Impfungen die EU in der Verantwortung

Bürgermeisterkollegen aus anderen Bundesländern, die bereits eine Impfung erhalten hätten, wolle er nicht verurteilten, so Ludwig. Die betreffenden Personen hätten oft wichtige Funktionen in Pflegeeinrichtungen. Er selbst würde sich jedoch „mit Händen und Füßen“ dagegen wehren, vorzeitig geimpft zu werden, so Ludwig.

Für Abschiebung von „Gfrastern“

Ludwig übte auch einmal mehr Kritik an der Abschiebung zweier Schülerinnen, bei der ihn der Verdacht der „Symbolpolitik“ beschleiche. Er sei für das Abschieben von „Gfrastern“ und die Regulierung von Zuwanderung, aber nicht von gut integrierten jungen Menschen. Auch Ludwig sprach sich dafür aus, dass Länder und Gemeinden wieder mehr Mitspracherecht bei Abschiebungen haben sollten: „Ich bin dafür, dass man mehr auf jene hört, die unmittelbaren Kontakt mit den Menschen haben.“

Kritik an Abschiebung von Wiener Schülerin

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kritisierte die Abschiebung der zwölfjährigen Tina nach Georgien.

Einen fliegenden Koalitionswechsel im Bund schloss er aus. Sollte es zu Neuwahlen kommen, hält er es laut eigenen Angaben auch für möglich, dass die SPÖ wieder den ersten Platz erringt. Aus heutiger Sicht wäre bei der nächsten Wahl SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner Spitzenkandidatin, er selbst sehe sich nach wie vor in der Rolle des Kommunalpolitikers. Sollte die Koalition von ÖVP und Grünen scheitern, wäre das jedoch die dritte Regierung, die Sebastian Kurz vorzeitig beende, gab Ludwig zu bedenken: „Da beschleicht mich der Verdacht, dass es vielleicht nicht nur an den Koalitionspartnern gelegen ist.“