Mitarbeiter eines Labors mit Proben für einen PCR-Test
APA/Roland Schlager
CoV-Mutation

Situation in Tirol „ernst“

Das Land Tirol rückt angesichts des Auftretens neuer lokaler Coronavirus-Varianten in den Fokus der Behörden. Im Gesundheitsministerium zeigte man sich wegen der aktuellen Lage besorgt. Laut Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) konnte man bisher keine „exponentielle Ausbreitung“ der Mutationen feststellen. Die Situation bezeichnete er allerdings als „ernst“.

Die Coronavirus-Zahlen seien außerdem konstant. Bei 75 PCR-Proben wurde die zuerst in Südafrika festgestellte Variante (B.1.351) nachgewiesen, in 21 Fällen dagegen die zuerst in Großbritannien nachgewiesene (B.1.1.7), hieß es seitens des Landes am Abend. Reagieren will das Land nun auf diese Entwicklung mit einer Intensivierung der Coronavirus-Tests und der Kontaktnachverfolgung – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Zudem setze man auf eine „eigene Analyse-Laborinfrastruktur“. Schon bisher konnte man auf eine „umfassende Datenlage zurückgreifen“, nachdem in Tirol „retrospektiv alle seit Anfang Jänner vorliegenden positiven Coronavirus-Tests auf Auffälligkeiten untersucht werden“. Für Platter stand jedenfalls fest, dass die aktuelle Situation „ernst“ sei und „unsere volle Aufmerksamkeit“ erfordere. Von jenen Personen, die mit der B.1.351-Variante infiziert waren, galten noch fünf Personen als aktiv positiv – im Falle der B.1.1.7-Variante war es nur noch eine Person.

Virologin: „Tirol mauert und verschleiert“

Virologin und Beraterin der ÖVP-Grünen-Bundesregierung, Dorothee von Laer, übte dagegen scharfe Kritik am Land Tirol im Umgang mit den Mutanten und warnt vor einem „zweiten Ischgl“. Tirol gilt inzwischen als europäischer Hotspot der B.1.351-Mutante des Coronavirus. Diese ist nicht nur ansteckender, sondern könnte auch zu Reinfektionen führen bzw. könnte die Impfung nicht so gut gegen sie wirken. Dazu kommen weitere beunruhigende Neuigkeiten: Laut von Laer sind zumindest zwei bis drei eigenständige Tiroler Mutationen dieser Variante aufgetreten.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP)
APA/Daniel Liebl/zeitungsfoto.at
Tirols Landeshauptmann will auf die Entwicklungen im Land reagieren

Welche Eigenschaften diese haben, weiß man aber noch nicht. „Es gibt einen starken Anstieg. Aber das Land Tirol mauert und verschleiert wieder“, wird von Laer im „Kurier“ zitiert. Sie habe bereits vor einer Woche angeboten, Sequenzierungen durchzuführen. „Stattdessen werden die Proben weiter an die AGES geschickt, von wo sie dann nach ein bis zwei Wochen wiederkommen. Wir sequenzieren hier in zwei bis drei Tagen“, erklärt die Virologin.

Geht es nach ihr, müssten drastische Maßnahmen ergriffen werden, über die von einer Taskforce beraten werden müsste. „Aber ich bin der Meinung, man müsste Tirol für einen Monat isolieren – vom Rest von Österreich und dem Ausland“ – mehr dazu in tirol.ORF.at. Wie Platter dazu steht, wird man vielleicht Donnerstagmittag wissen. Denn wie SPÖ-Landeschef Georg Dornauer berichtete, hat der Landeshauptmann die Klubchefs für den Vormittag zu einer Besprechung am Rande der Landtagssitzung gebeten. Dornauer will von Platter wissen, welche Strategie dieser habe, die Mutation in den Griff zu bekommen.

Ministerium will über Maßnahmen diskutieren

Im Gesundheitsministerium ist man besorgt und schließt Reisebeschränkungen nicht aus: „Derzeit werden die Verdachtsproben aus Tirol endausgewertet. Sobald diese Ergebnisse vorliegen, werden wir mit dem Land Tirol auf Basis dieser Ergebnisse sofort das Gespräch über weitere notwendige Maßnahmen zur Eingrenzung führen. Eine möglichst breite Testung in der betroffenen Region ist der erste Schritt dazu“, heißt es auf „Presse“-Nachfrage. Binnen 48 Stunden werde man mehr wissen.

Auch für Tirols Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) sei jetzt „ein genaues Hinsehen auf die Entwicklungen“ erforderlich, nachdem hinsichtlich der Mutationen noch viele Fragen ungeklärt seien. Wie etwa „welchen Wirkungsgrad eine Covid-Impfung“ habe oder „wie sich eine bereits durchgemachte Infektion mit einer Mutation verhält“.

Testkapazitäten sollen ausgebaut werden

Das Land will nun die Testkapazitäten in den nächsten Tagen auf 50.000 Testungen pro Tag erhöhen. „Wir bitten alle Tirolerinnen und Tiroler, dieses Angebot zum eigenen Schutz und Schutz anderer anzunehmen und damit die Ausbreitung des Coronavirus in Tirol einzudämmen“, sagte Elmar Rizzoli, Leiter des CoV-Einsatzstabes.

CoV-Mutante: Große Sorge wegen „Tiroler Subtyps“

Die Virologin Dorothee von Laer von der Medi-Uni Innsbruck sieht die CoV-Situation in Tirol wegen der südafrikanischen Mutante mit großer Sorge. Bei dieser Mutation des Virus handle es sich um „alles andere als einen lokalen Ausbruch“. Es gebe einen „Tiroler Subtyp“ der Südafrika-Mutation.

Das betreffe besonders die Bevölkerung im Tiroler Unterland, wo die Mutationen aufgetaucht sind. Beim Contact-Tracing sollen außerdem mehr Mitarbeiter eingesetzt werden, zudem sollen die Hygiene- und Sicherheitskonzepte in den Alters- und Pflegeheimen geprüft und allenfalls nachgeschärft werden. In Osttirol sind unterdessen die Bewohner und Bewohnerinnen von fünf Gemeinden am kommenden Wochenende aufgerufen, einen PCR-Test durchführen zu lassen. Grund dafür ist ein „erhöhtes Infektionsgeschehen“ im Bezirk Lienz, teilte das Land mit.

Die 7-Tage-Inzidenz liegt derzeit bei 279 – also im österreichischen Bezirksvergleich am zweiten Platz. In Osttirol gebe es aber keine bestätigten Mutationen des Coronavirus, berichtete Rizzoli – mehr dazu in tirol.ORF.at. Auch in Niederösterreich verbreitet sich die Virusmutation B.1.1.7 rascher als gedacht. Die Zahl der Fälle stieg sprunghaft an – mehr dazu in noe.ORF.at.