Menschen im Bahnhof
ORF.at/Christian Öser
Angebot reduziert

Hickhack um Staatshilfe für Westbahnstrecke

Die Ankündigung von ÖBB und Westbahn, ihr Angebot auf der Strecke zwischen Salzburg und Wien zu reduzieren, sorgt für einen Disput zwischen ÖVP und Grünen. Laut Informationen der APA wollte das von den Grünen geführte Verkehrsressort die Staatshilfen für die Aufrechterhaltung des Bahnverkehrs während der CoV-Pandemie verlängern – das ÖVP-geführte Finanzministerium habe aber nicht zugestimmt.

Um den Bahnverkehr aufrechtzuerhalten, erhielten die staatlichen ÖBB und die mehrheitlich private Westbahn im November mittels Notvergabe durch das Verkehrsministerium eine Unterstützung in Höhe von 45 Millionen Euro. Diese galt bis Anfang Februar und wurde bisher nicht verlängert. „Mit dem Auslaufen dieser Notvergabe werden die ÖBB ihr Verbindungsangebot zwischen Wien und Salzburg nach dem 8. Februar schrittweise um bis zu 50 Prozent reduzieren“, teilten die ÖBB am Samstag mit – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Aufgrund der schwachen Auslastung wegen der Pandemie könne man das umfassende Verkehrsangebot eigenwirtschaftlich nicht aufrechterhalten. Die Westbahn sieht die Absage der Verlängerung „gesundheitspolitisch kritisch“, weil es trotz hoher Infektionszahlen und einer Verzögerung bei der Impfstrategie zu einer Lockerung des Lockdowns komme und mit einer steigenden Zahl von Pendlern und Schülern zu rechnen sei.

ÖVP fordert „Ordnungsruf“ von Gewessler

ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger sagte, dass die ÖBB bisher mit 61 Millionen Euro an Wirtschaftshilfen unterstützt worden seien, zusätzlich habe es eine große Erleichterung bei der Schienenmaut gegeben. Dazu würden die ÖBB ohnehin jedes Jahr hohe Subventionen erhalten.

„Wenn ein Staatsbetrieb während der Corona-Krise, nicht zuletzt aufgrund der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen wie etwa der Kurzarbeit, sogar schwarze Zahlen schreibt, muss es aber auch erlaubt sein, eine Notvergabe auf der Strecke Wien – Salzburg zu evaluieren“, so Ottenschläger. Bei der Westbahn sei das anders, da diese ja ausschließlich die Strecke Wien – Salzburg betreibe.

Finanzminister Gernot Blümel und Umweltministerin Leonore Gewessler
APA/Helmut Fohringer
Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) sind sich offenbar nicht einig

Niederösterreichs Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) verlangte ein entschiedenes Vorgehen des Verkehrsministeriums. Er erwarte sich einen „Ordnungsruf“ aus dem Ressort an die ÖBB. „Der öffentliche Verkehr steht einer wahren Vertrauenskrise gegenüber“, sagte Schleritzko am Sonntag in einer Aussendung – mehr dazu in noe.ORF.at.

Grünen nehmen Finanzminister in die Pflicht

Die Grünen ließen das alles freilich nicht auf sich sitzen: In einem „Ruf zur Sache“ attestierte Verkehrssprecher Hermann Weratschnig Schleritzko „wirtschaftliche Unkenntnis“, denn die Strecke Salzburg – Wien werde von den Bahnunternehmen eigenwirtschaftlich betrieben und sei abhängig von Einnahmen.

Die Notvergabe sei zentral für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Verkehrs auf der Westachse, und dementsprechend sei der Fortsetzung der finanziellen Unterstützung „höchste Priorität“ einzuräumen. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) müsse die Gelder freigeben, forderte Weratschnig den Koalitionspartner auf, „Gelder nicht länger zu blockieren“.

Halb so viele Züge auf Westbahnstrecke

Das Klimaschutzministerium hat den Bahnverkehr auf der Westbahnstrecke mit 45 Millionen Euro unterstützt, um ihn trotz sinkender Fahrgastzahlen am Laufen zu halten. Am Sonntag endete der staatlich gestützte Notbetrieb von ÖBB und Westbahn zwischen Salzburg und Wien. Die Bahngesellschaften wollen nun nur noch halb so viele Züge fahren lassen.

Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) wollte eigentlich die Notvergabe verlängern. Nach Informationen der APA hatte das Verkehrsministerium denn auch schon am 7. Jänner den Antrag auf Verlängerung der Notvergabe an das Finanzministerium geschickt, das Okay blieb aber – ohne Angabe von Gründen – aus.

FPÖ, SPÖ und NEOS üben Kritik am Vorgehen

Für FPÖ-Obmann und Ex-Verkehrsminister Norbert Hofer trägt Verkehrsministerin Gewessler als zuständiges Regierungsmitglied die Verantwortung für den Schritt, den ÖBB und Westbahn aus wirtschaftlichen Interessen treffen. Gewessler hätte eine Zusatzfinanzierung sicherstellen müssen, meinte Hofer.

Oberösterreichs Vizelandeshauptmann Manfred Haimbuchner, der auch stellvertretender FPÖ-Bundesparteiobmann ist, nahm freilich auch Finanzminister Blümel in die Pflicht: „Blümel dreht den Geldhahn zu, um die Grünen für ihre öffentliche Kritik an der ÖVP in Asylfragen abzustrafen“, meinte er in einer eigenen Aussendung. „Das Wohl und die Bedürfnisse der Österreicher müssen also wieder einmal für innerkoalitionäre Machtspielchen hintanstehen.“ Blümel werfe den Pendlern damit „einen Knüppel zwischen die Beine“.

Kritik am Streit zwischen Finanz- und Verkehrsministerium und damit der Verhinderung der Finanzhilfe kam am Sonntag neuerlich von der SPÖ. Ein reduziertes Zugangebot auf der Westbahnstrecke inmitten der Pandemie sei „eine gefährliche Entscheidung für die Fahrgäste“, zeigte sich der niederösterreichische SPÖ-Landesparteichef und Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl besorgt.

NEOS-Verkehrssprecher Johannes Margreiter ließ wissen: „Die vielen Bahnkunden interessiert es nicht, ob am Ausfall der gewohnten Bahnverbindung der Finanzminister oder die Klimaschutzministerin schuld ist. Vielmehr haben diese Menschen ein Recht darauf, das gewohnte Angebot an Zugsverbindungen zwischen Wien und Salzburg auch weiterhin in Anspruch nehmen zu können. Die Regierung soll diesen internen Zwist daher schleunigst beenden und dafür Sorge tragen, dass das Bahnangebot ungeschmälert aufrecht bleibt.“