Innbrücke in Innsbruck
ORF.at/Zita Klimek
Verschärfungen?

Weiter Warten auf Tirol-Entscheidung

Auch in Tirol, das von der zuerst in Südafrika nachgewiesenen Mutation B.1.351 des CoV-Virus besonders betroffen ist, sind nun die Lockerungen in Kraft getreten. Der Grund ist, dass sich die Tiroler Landesregierung und der Bund über mögliche Verschärfungen in dem westlichen Bundesland trotz hektischer Verhandlungen bis spät in der Nacht nicht einigen konnten.

Montagfrüh wurden die Verhandlungen zwischen dem Land Tirol und dem Gesundheitsministerium fortgesetzt. „Die Positionen sind klar“, sagte die Sprecherin des Tiroler Landeshauptmanns Günther Platter (ÖVP). Nun gehe es darum, wer sich im Rahmen der Gespräche bewege und ob sich jemand bewege.

Details zu den Gesprächen zwischen Bund und Tirol wurden nicht kommuniziert. Aus Kreisen des Tiroler Landhauses hieß es gegenüber der APA, die Verhandlungen zwischen Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Platter seien ohne Ergebnisse vertagt worden. Aus dem Bund gab es dazu allerdings keine Bestätigung. Später hieß es, es werde noch an einer Einigung gefeilt. Eine offizielle Stellungnahme war trotz mehrmaliger Anfragen bisher nicht zu erhalten.

Kontroverse Gespräche

Aus dem Landhaus hieß es, der weitere Fahrplan stehe noch nicht fest, dieser werde vom Bund bestimmt und voraussichtlich am Montag besprochen. Die Gespräche dürften sich mehr als gespießt haben und kontrovers verlaufen sein. Zuletzt war sogar eine Isolation bzw. Quarantäne oder eine Lockdown-Verlängerung für Tirol im Raum gestanden. Seitens Anschobers hatte es geheißen, dass bis Sonntagabend „Bilanz“ gezogen und dann eine Entscheidung bekanntgegeben werde. Das Bundeskanzleramt verwies hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise auf das Gesundheitsministerium.

Am Wochenende – und vor allem am Sonntag – war der politische Druck aus Tirol stetig gewachsen. Die Präsidenten von Arbeiter-, Landwirtschafts- und Wirtschaftskammer sowie alle Tiroler ÖVP-Nationalratsabgeordneten machten mobil, sprachen sich gegen Verschärfungen aus und forderten die „bedachtsamen Öffnungsschritte“ für Tirol analog zum Bund.

ÖVP-Druck wächst: „Wir waren die Ersten“

„Die Zahlen geben weder eine Verlängerung noch eine Abschottung Tirols her. Es kann doch nicht sein, dass man die Tiroler bestraft, weil wir hier schneller und vorsichtiger als andere agiert haben. Wir waren die Ersten, die zu sequenzieren begonnen haben, und nun darf uns daraus kein Strick gedreht werden“, sagte Landwirtschaftskammer-Präsident und ÖVP-Mandatar Josef Hechenberger.

„Die Menschen im Lande haben über Monate alle Maßnahmen geduldig über sich ergehen lassen. Jetzt ist aber wirklich genug“, sagte AK-Chef Erwin Zangerl in Richtung ÖVP und Grüne in Wien. Am Sonntag erneuerte Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Walser seine Kritik an Gesundheitsminister Anschober. Man habe bisher keine weiteren Schritte mitgeteilt bekommen, sage er in der ZIB2. Tirol habe an Sicherheitskonzepten gearbeitet. Für ihn stand daher fest: „Wir sperren auf.“

Tirols WK-Präsident drängt auf Öffnung

Tirols Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Walser übt scharfe Kritik wegen einer möglichen Isolation Tirols.

Walser hatte Anschober bereits am Samstag scharf attackiert und ihm – sinngemäß – mitgeteilt, dass er Tirol am Montag kennenlernen werde, wenn am Sonntag das Land unter Quarantäne gestellt wird. Am Sonntag warf er dem Ressortchef „Verantwortungslosigkeit“ vor. Er monierte, dass unterschiedliche Zahlen in Umlauf seien. Die Kritik am Tiroler Krisenmanagement wollte Walser nicht nachvollziehen.

Schließlich stimmten auch die Tiroler ÖVP-Abgeordneten Kira Grünberg, Alexandra Tanda, Rebecca Kirchbaumer, Franz Hörl und Hermann Gahr in den Chor ein und ließen die Parteifreunde und den Koalitionspartner im Bund wissen: „Wir stehen zu unserem Land und lehnen überschießende und sachlich nicht begründbare Schikanen ab. Die Betrachtung darf nicht nur aus virologischer Sicht passieren, sondern muss gesamtgesellschaftlich erfolgen. Diese Position werden wir auch in Wien in aller Klarheit vertreten.“

Bericht über „Teilabschottung“

Zuvor hatte ein Bericht der „Kronen Zeitung“ für schweren Unmut über den Bund in Tirols Regierungsspitze gesorgt. Darin war von einer geplanten „Teilabschottung“ des Bundeslandes die Rede. Die „Krone“ berichtete von „unbestätigten Informationen“, wonach Reisen in ein anderes Bundesland nur noch in Ausnahmefällen möglich sein werden, etwa zur Arbeit und im Krankheitsfall.

Das Aufsuchen des Zweitwohnsitzes oder der Ferienwohnung werde wohl nicht als Grund anerkannt, das solle auch für EU-Bürger und EU-Bürgerinnen gelten. Skifahren solle ebenfalls nur noch im eigenen Bundesland erlaubt sein.

Die Pläne seien dem Bericht zufolge dem Vernehmen nach bereits zwischen Landeshauptmann Platter und dem Gesundheitsministerium abgestimmt. Doch davon wusste man in Tirol nichts. „Solche Pläne sind dem Büro des Landeshauptmannes weder bekannt noch sind sie abgestimmt“, hieß es gegenüber der APA. Zudem betonte Platters Büro, dass Tirol auch am Sonntag erneut eine „deutlich rückläufige Corona-Infektionszahl“ aufweise.

Virologin sprach sich für Isolation aus

Die Zahl der Coronavirus-Infizierten sank in Tirol ungeachtet der Lage bei der Coronavirus-Variante B.1.351 erneut. Mit Stand Sonntagmittag waren 1.170 Personen infiziert – 26 weniger als am Tag zuvor. Innerhalb der vergangenen 24 Stunden kamen 88 Neuinfektionen hinzu, gleichzeitig waren 114 weitere Menschen vom Virus genesen. Indes verstarb keine weitere Person mit oder an einer Covid-19-Erkrankung.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne)
APA/Helmut Fohringer
Gesundheitsminister Anschober hält auch „andere Ansätze“ als eine Quarantäne für Tirol für möglich

In Tirol sind laut den Behörden bisher 165 Fälle der B.1.351-Mutation bestätigt. Der Großteil der Fälle wurde im Nachhinein festgestellt, teilte das Land Samstagabend mit. Von diesen 165 Fällen waren noch acht Personen aktiv positiv. Aktuell gebe es noch rund 230 Verdachtsfälle auf diese Variante – davon seien 118 Fälle bereits teilsequenziert. Bei den restlichen 112 Fällen liege der Verdacht aus einer PCR-Testung vor, wurde ein Bericht der ZIB2 bestätigt. Dieser Verdacht ergebe sich aus einer Vorsequenzierung, so das Land. Bei den 118 teilsequenzierten Fällen sei die Sequenzierung jedoch bereits etwas detaillierter erfolgt.

Die Verschärfungsdebatte ins Rollen gebracht hatte die Innsbrucker Virologin Dorothee von Laer, die sich für eine Isolation sowie einen verlängerten Lockdown ausgesprochen hatte. Platter erteilte solchen Maßnahmen jedoch eine Absage, man setze stattdessen auf die mit dem Bund abgestimmten Maßnahmen wie flächendeckende Tests und intensiviertes Contact-Tracing.