Seadfood-Markt in Wuhan
AP/Dake Kang
CoV-Ursprung

WHO bleibt bei Fledermaustheorie

Alle Erkenntnisse über den Ursprung des Coronavirus deuten nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf ähnliche Viren bei Fledermäusen hin. Noch tappt das WHO-Expertenteam, das die Ausbreitung in der zentralchinesischen Stadt Wuhan untersucht hat, allerdings im Dunkeln, wie das Virus auf den Menschen übergegangen ist. Ein Laborunfall sei jedenfalls „extrem unwahrscheinlich“.

Die Untersuchungen in Wuhan hätten ihr Bild vom Ausbruch der Pandemie nicht dramatisch verändert, aber es gebe jetzt ein besseres Verständnis von den Anfängen, sagte der Chef des WHO-Teams, Peter Ben Embarek, am Dienstag. Alles weise darauf hin, dass der Erreger in der Natur zahlreich in Fledermäusen vorkomme, sagte Embarek. Es sei aber unwahrscheinlich, dass es sich um Fledermäuse in Wuhan handle. „Am wahrscheinlichsten“ sei es, dass das Virus über einen Zwischenwirt – also eine andere Tierart – auf den Menschen übergesprungen sei.

Der Weg vom Tier zum Huanan-Markt in Wuhan könnte sehr kompliziert sein. Möglich sei, dass das Virus über den Transport und den Handel von tiefgekühlten Wildtieren weiterverbreitet wurde, fügte Embarek hinzu. China hatte wiederholt Untersuchungen präsentiert, die Spuren des Virus in Verpackungen von importierten Lebensmitteln identifizierten. Weitere Untersuchungen zum genauen Weg seien nötig, so Embarek.

Keine Hinweise auf Laborleck

Die unter anderem vom früheren US-Präsidenten Donald Trump geäußerte These, SARS-CoV-2 sei aus einem Labor wie dem Institut für Virologie in Wuhan (WIV) entwichen, bezeichnete Embarek als „extrem unwahrscheinlich“. Gegen ein Leck spreche auch, dass das WIV trotz seiner „bemerkenswerten Nähe“ zum Huanan-Markt „in einem guten Zustand“ sei. Er und seine Kollegen würden dieser These daher nicht weiter nachgehen, so Embarek.

Tierischer Wirt nicht identifiziert

Bei der möglichen Übertragung von Tieren auf den Menschen müsse der Wirt „aber noch identifiziert werden“, sagte der Leiter des chinesischen Wissenschaftlerteams, Liang Wannian. Vieles deute auf Fledermäuse hin, wie Probenentnahmen von Fledermaushöhlen in Wuhan und anderen Gebieten ergeben hätten. Wegen der hohen Anfälligkeit von Nerzen und Katzen für das Virus könnten laut Liang aber möglicherweise noch andere Tiere als Wirte infrage kommen.

Pressekonferenz der WHO in Wuhan
APA/AFP/Hector Retamal
Nach vier Wochen Aufenthalt in Wuhan äußert sich das WHO-Expertenteam erstmals zum Ursprung der Coronavirus-Pandemie

Die Forschung dazu sei noch unzureichend und müsse sich zunächst darauf konzentrieren, wie das Virus in Tieren zirkuliert, bevor es Menschen infizieren kann, sagte Liang. Zehntausende Tierproben von Schweinen, Kühen, Ziegen, Hühnern und Gänsen hätten bisher negative Ergebnisse gebracht. Hinweise, dass es bereits vor Dezember 2019 Infektionen mit SARS-CoV-2 bei Menschen in Wuhan gab, seien auch nicht gefunden worden.

Verbreitung in anderen Regionen möglich

Das Virus könnte aber in anderen Regionen verbreitet gewesen sei, bevor der Huanan-Markt Ende 2019 als Cluster identifiziert wurde, sagte Liang. Der Markt sei wahrscheinlich ein Umfeld, in dem die Ausbreitung leicht passieren konnte, „aber es ist nicht die ganze Geschichte“, ergänzte Embarek. „Wir wissen, dass es auch unter Personen verbreitet war, die nicht mit diesem Markt verbunden waren.“ Das Bild sei in dieser Hinsicht also nicht klar.

Der Schwerpunkt müsse sich nun auf die Frage konzentrieren, ob das Virus eine „Vorgeschichte“ hatte und vor Dezember 2019 im Umlauf war, sagte Embarek und empfahl auch die Untersuchung von Blutbankproben, die helfen könnten, frühere Fälle in China zu identifizieren. In der Elf-Millionen-Einwohner-Metropole Wuhan war im Dezember 2019 der weltweit erste Infektionsherd des damals neuartigen Erregers festgestellt worden, an dem inzwischen mehr als 2,3 Millionen Menschen weltweit starben.

Heikle Mission

Die zehn internationalen Experten der WHO-Mission waren am 14. Jänner in Wuhan eingetroffen. Nach zweiwöchiger Quarantäne besuchten sie dort ab Ende Jänner unter anderem das Zentrum für Tierseuchenprävention und das Institut für Virologie und sprachen mit Behördenvertretern. Die Anreise der Experten hatte sich wegen fehlender Genehmigungen von chinesischer Seite um einige Tage verzögert, die WHO reagierte mit Kritik darauf.

Für China war die WHO-Mission heikel. Zunächst hatte Peking eine unabhängige internationale Untersuchung der Ursprünge des Virus verweigert. Später schwenkte die Volksrepublik um und verbreitete Thesen, dass das Virus seinen Ursprung in anderen Ländern habe. Wie politisch aufgeladen die Mission war, zeigten Ende Jänner auch Äußerungen der neuen US-Regierung. Die Sprecherin von Präsident Joe Biden, Jen Psaki, äußerte „große Sorge“ über eine mögliche „Falschinformation“ durch „einige Quellen in China“ und forderte eine „belastbare“ Untersuchung.