Blick auf Innsbruck
ORF.at/Zita Klimek
Maßnahmen gegen B.1.351

Bund und Tirol um Einigkeit bemüht

Ab Freitag muss beim Verlassen von Tirol ein negativer CoV-Test vorgelegt werden. Die Maßnahme soll der Ausbreitung der Mutation B.1.351 entgegenwirken. Das Vorgehen gegen die Virusvariante hatte in den vergangenen Tagen für Turbulenzen zwischen dem Bund und Tirol gesorgt. Am Dienstag waren beide Seiten um Einigkeit bemüht.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) wollte nach den zähen Verhandlungen der vergangenen Tage keine Verstimmung zwischen Bund und Land erkennen. „Die Beziehung zwischen Wien und Tirol passt“, sagte er Dienstagabend in „Tirol heute“. „Deeskelation“ statt „Muskelspiele“ sei jetzt wichtig, sagte Platter. Nun gelte es, dass Bund und Land „gemeinsam an einem Strang ziehen“. Es habe „da oder dort Irritationen“ aufgrund „bestimmter Aussagen“ gegeben, gab er zu. Es wäre aber „fatal“, wenn ein Streit im Vordergrund stehen würde.

Er verteidigte die ab Freitag geltenden verpflichtenden Ausreisetests als „gute Maßnahme“, nachdem es in Tirol „sehr viele Südafrika-Mutationen“ gebe. „Das gilt es zu beseitigen“, aktuell seien 120 aktiv positiv, so Platter. Aus den eigenen Reihen rechnete der Landeshauptmann nun nicht mit Widerstand, immerhin würden die Menschen ja nicht „eingesperrt“. „Die Tirolerinnen und Tiroler können sich wie bisher im Bundesland bewegen“, sagte er. Aber wenn man etwa mit dem Fahrzeug von Tirol nach Wien fahre, brauche man eine negative Testung.

Platter zur Sperrzonenerklärung Tirols

Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) kommentiert die Maßnahmen der Bundesregierung in Tirol – die türkis-grüne Bundesregierung erlaubt ab Freitag das Verlassen Tirols für die nächsten zehn Tage nur noch mit einem negativen Coronavirus-Test.

Ausreise nur mit negativem Testergebnis

Ab Freitag ist die Ausreise aus dem Bundesland nur nach Vorlage eines negativen Tests gestattet. Dieser darf nicht älter sein als 48 Stunden. Die Regelung gilt nicht für Osttirol, ebenfalls ausgenommen sind Kinder. Das verkündeten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Dienstag.

Über die Maßnahme herrsche „Einverständnis“, sagte Platter. Oberstes Ziel sowohl von Bundes- als auch Landesregierung sei es, die Gesundheit der Bevölkerung bestmöglich zu schützen und eine weitere Verbreitung der gefährlicheren CoV-Mutation so gut wie möglich zu verhindern, erklärten Platter, Kurz und Anschober Dienstagabend in einer gemeinsamen Stellungnahme. In Tirol sind indes nicht alle Parteien mit den Ausreisekontrollen zufrieden, die Reaktionen fielen sehr unterschiedlich aus – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Kurz warnt vor B.1.351

„Seit fast einem Jahr sind wir mit der Pandemiebekämpfung gefordert. Es ist in den letzten Wochen schwieriger und diffuser geworden“, sagte Kurz bei der Verkündung der Testpflicht. Die Mutationen, die zuerst in Südafrika (B.1.351) und Großbritannien (B.1.1.7) entdeckt wurden, seien gefährlicher und herausfordernder als das herkömmliche Virus. Insbesondere die Variante B.1.351 bereite ihm große Sorgen, so Kurz.

„Wir müssen alles tun, um die Ausbreitung dieser Variante zu verhindern, wenn das nicht gelingt, muss die Ausbreitung verlangsamt werden“, sagte der Bundeskanzler. Wenn sich die Varianten schnell ausbreiten, dann koste das viele Menschenleben, und der Weg zur Normalität werde sich weiter verzögern. Deshalb wird Tirol vorerst für zehn Tage zum Sperrgebiet erklärt.

Anschober: Müssen handeln

Das Bundesland könne man ab Freitag nur noch mit einem negativen Coronavirus-Test verlassen. Ausgenommen von der Maßnahme ist Osttirol, so Gesundheitsminister Anschober weiter, der nochmals auf die Virusvarianten einging. Für Kinder besteht keine Testpflicht. Bisher galt eine Reisewarnung für das Bundesland. Nicht notwendige Reisen nach Tirol sollen vermieden werden, so Anschober.

Anschober sagte, dass das Infektionsgeschehen in Österreich derzeit stabil sei. Die Zahl der aktiv Erkrankten gehe zurück. In den Spitälern und auf den Intensivstationen nehme die Belastung ab. Auch in Alters- und Pflegeheimen verzeichne man einen Rückgang der Infektionen. „Wir wissen, dass die Mutationen stärker sind“, sagte er bezüglich der beiden Virusmutationen. Sollten sich die Mutationen durchsetzen, erwarte man einen Anstieg der Infektionen. Deswegen müsse man handeln, so Anschober.

Kurz kündigt Beschränkungen für Tirol an

Österreich verhängt im Kampf gegen eine Ausbreitung der Coronavirus-Mutationen nun doch schärfere Maßnahmen in Tirol. Aus dem Bundesland sei – von Osttirol abgesehen – von Freitag an für zehn Tage eine Ausreise nur noch mit negativem Coronavirus-Test möglich, gab Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bekannt.

Er habe seit Montag mit Juristen beraten, um die „Ausgangstests“ rechtlich umsetzen zu können. Gestützt werde die Maßnahme auf das Epidemiegesetz, so Anschober. „Das Land Tirol macht das Contact-Tracing außergewöhnlich gut“, sagte Anschober. Vergangene Woche habe es Warnungen bezüglich einer verstärkten Virusmutation in Tirol gegeben. Am Sonntag habe man dann mit Landeshauptmann Platter verhandelt. „Am Montag die Reisewarnung, nun die große Maßnahme: Wir sind schnell unterwegs“, sagte er. Er sei zuversichtlich, dass die Ausbreitung der Mutation eingegrenzt werde.

Polizei kontrolliert Grenzen

Innenminister Nehammer lobte ebenfalls die Zusammenarbeit mit den Tiroler Behörden. Nun werde die Polizei helfen, die Testpflicht beim Verlassen des Bundeslandes umzusetzen. Auch das Bundesheer wird aktiviert, um Bundes- und Landesstraßen sowie den Flughafen Innsbruck und die Bahnstrecken zu kontrollieren. Rund 1.000 Beamte und Beamtinnen sollen im Einsatz sein. Wer ohne Test erwischt wird, muss mit einer Strafe in Höhe von bis zu 1.450 Euro rechnen. Derzeit sei die Maßnahme auf zehn Tage beschränkt, sagte Nehammer. Ob sie verlängert wird, hängt von der epidemiologischen Situation ab.

Anschober: Müssen schnell handeln

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Dienstag die Beschränkungen in Tirol als notwendig bezeichnet. Wegen der Coronavirus-Mutationen müsse man schnell handeln.

Auch grenzüberschreitend gebe es eine „gute Kooperation“, sagte Kurz ergänzend und sprach damit insbesondere die Grenze zu Deutschland an. Der Kanzler begründete die Maßnahme damit, dass vor allem der Impfstoff von AstraZeneca bei der B.1.351-Variante eine deutlich geringere Wirksamkeit zeige. Die Maßnahmen seien mit der Tiroler Landesregierung abgesprochen, so Kurz. Festzuhalten sei: „Es ist niemand schuld daran, dass es Mutationen gibt.“ Eine Erkenntnis aus dem ersten Lockdown sei, dass man auf Tests setzen muss.

Auf die Frage, warum die Maßnahme erst ab Freitag gilt, sagte der Kanzler sinngemäß, dass Hektik und Chaos in dieser Situation nicht sinnvoll seien. Jede Form der Mobilität sei in einer Pandemie eine Herausforderung. Einen Vergleich mit Ischgl, das als Hotspot der Virusausbreitung des Frühjahrs gilt, lehnte Kurz ab. „Wir haben jetzt eine Situation, in der Hotels geschlossen sind. Die Bevölkerung ist sensibilisiert. Es braucht aber eine gewisse Vorbereitungszeit von mindestens 48 Stunden, damit alles ordentlich funktionieren kann.“

Testpflicht auch bei Durchreise

Die Testpflicht bei der Ausreise aus Tirol gilt auch bei der reinen Durchreise durch das Bundesland, wie es auf Nachfrage aus dem Kanzleramt zur APA hieß. Die ÖBB teilten diese ihren Fahrgästen bereits mit. Das heißt, wer beispielsweise von Linz nach Dornbirn will, muss ein negatives Attest mitführen, auch wenn er gar nicht plant, in Tirol auszusteigen.

Ausreisebeschränkung und Testpflicht für Tirol

Fahrten aus Tirol sind ab Freitag nur mit einem negativen Coronavirus-Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden sein darf, möglich. Schärfere Maßnahmen hat die Tiroler Landesregierung abgelehnt. Im Bundesland selbst gibt es keine neuen Regelungen.

Scharfe Kritik von SPÖ und FPÖ

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner übte scharfe Kritik am Krisenmanagement der Bundesregierung. „Vor über einer Woche wurde die Regierung vor dem unkontrollierten Ausbruch der südafrikanischen Virusvariante in Tirol gewarnt. Es hätte bereits vor einer Woche gehandelt werden müssen“, so die Parteichefin. Die Regierung habe mit ihrem „Zaudern und Zögern wertvolle Zeit verstreichen lassen“. Nun stelle sich die Frage, ob Maßnahmen noch reichen, um die Mutation auszubremsen und eine Verbreitung über Tirol hinaus zu verhindern.

Für FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer sind die Entscheidungen der Regierung nicht wirklich nachvollziehbar. „Erst werden Wochen vergeudet, um der in Tirol angekommenen Virusmutation entgegenzuwirken, dann wird mit der zehntägigen Ausreissperre ohne Corona-Test eine Placebomaßnahme gesetzt, um im offen ausgetragenen Streit mit Tiroler Verantwortlichen einen vermeintlichen Sieg zu erringen“, so Hofer. Auch die Zahlen und Daten sprächen gegen die Verschärfung der Maßnahmen, erinnerte Hofer an die in Tirol niedrigere 7-Tage-Inzidenz als in den meisten anderen Bundesländern.