Der 83-jährige Ex-Regierungschef Mori hatte bei einer Onlinevorstandssitzung des Olympischen Komitees der Sommerspiele zur geplanten Verdoppelung der Frauenquote in Führungsgremien der Sportverbände auf 40 Prozent gesagt, Frauen redeten viel, weshalb Vorstandssitzungen Zeit in Anspruch nähmen. Mori hatte sich für die Äußerung entschuldigt, doch der Sturm der Entrüstung riss nicht ab.
Dem japanischen Fernsehsender Nippon TV zufolge erklärte Mori am Donnerstag, er wolle nicht, dass sich die Sache noch länger hinziehe. Er wolle, dass es gute Spiele würden, daher müssten die Vorbereitungen vorangetrieben werden. „Wir haben keine Zeit mehr“, zitierte der Sender Mori. Als sein Nachfolger ist Berichten zufolge Saburo Kawabuchi im Gespräch, Gründer der japanischen Fußballprofiliga J.League und ehemaliger Präsident des japanischen Fußballverbandes.
Welle des Protests nach Aussagen
Frauen hätten einen starken Sinn für Rivalität, war Mori zitiert worden. „Wenn eine von ihnen ihre Hand hebt, glauben sie wahrscheinlich, dass sie auch etwas sagen müssen. Und dann sagen alle etwas.“ Es hagelte einen Sturm der Kritik. So erklärten rund 390 freiwillige Olympiahelfer, aus Protest ihr Ehrenamt nicht antreten zu wollen. Die Gouverneurin von Tokio, Yuriko Koike, kündigte laut Medien an, nicht an einem Mitte dieses Monats geplanten Treffen mit Mori, Japans Olympiaministerin Seiko Hashimoto und IOC-Präsident Thomas Bach zur Vorbereitung der Spiele teilzunehmen.
Das Japanische Olympische Komitee bewertete Moris Aussagen als unangemessen und unterstrich sein Bekenntnis zur Gleichstellung der Geschlechter. Auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) sagte, die Aussagen des japanischen Funktionärs seien „absolut unangebracht und im Widerspruch zu den Verpflichtungen des IOC und den Reformen seiner olympischen Agenda 2020“.
Graue Eminenz in Regierungspartei
Mori nahm seine Worte zwar zurück. Aus dem Umfeld der Verantwortlichen gab es jedoch zuerst keine offenen Rücktrittsforderungen. Mori gilt als die graue Eminenz der mächtigsten Gruppe in der Regierungspartei LDP und ist als langjähriger Rugby-Verbandschef in Politik und Sport vernetzt wie kein anderer. Der amtierende Ministerpräsident Yoshihide Suga und andere ranghohe LDP-Politiker rügten Mori denn auch lediglich, von Rücktritt wollte niemand sprechen, bis Mori am Freitag selbst die Konsequenzen zog.
Der Eklat und der Versuch, den Skandal zu negieren, zeigen jedoch ein weiteres großes Problem für Japans Olympiamacher, die trotz der andauernden CoV-Pandemie am 23. Juli die wegen des Virus um ein Jahr verschobenen Sommerspiele in Tokio mit 11.000 Athleten und Athletinnen und anschließend die Paralympics mit 4.400 Athleten und Athletinnen eröffnen wollen. Weniger als sechs Monate vor den Spielen treiben sie die Vorbereitungen der Spiele voran. Japan will mit dem Spektakel die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit wieder auf sich ziehen.
IOC sieht Spiele nicht gefährdet
Der Skandal kommt für die Olympischen Spiele zur Unzeit. Knapp ein halbes Jahr vor ihrem geplanten Beginn gilt in mehreren Regionen des Landes, darunter auch im Großraum Tokio, weiterhin der CoV-Ausnahmezustand, und 80 Prozent der Bevölkerung lehnen die Austragung der Spiele in diesem Jahr ab.
Das IOC sieht die Spiele in Tokio durch den Rücktritt von Mori nicht beeinträchtigt. „Das IOC wird mit seinem Nachfolger weiterhin Hand in Hand zusammenarbeiten, um sichere und gefahrlose Olympische Spiele in 2021 in Tokio auszurichten“, sagte IOC-Präsident Thomas Bach laut einer Mitteilung vom Freitag. Das IOC bleibe „so überzeugt wie zuvor von der sicheren und erfolgreichen Ausrichtung“ Olympischer Spiele im Sommer in Tokio, hieß es in der Mitteilung.