Italiens Premier Mario Draghi
Reuters/Yara Nardi
Kabinett steht

Draghi stellt neue Regierung Italiens vor

Italien hat eine neue Regierung: Der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat am Freitagabend offiziell das Amt des Ministerpräsidenten angenommen. Nach einem Treffen mit Staatspräsident Sergio Mattarella verkündete Draghi die Besetzung seines neuen Kabinetts – einige bisherige Minister bleiben weiter im Amt.

Draghi setzt für sein künftiges Kabinett auf 15 Politikerinnen und Politiker und acht Fachleute. Dabei greift er auch auf bekannte Gesichter zurück: Luigi Di Maio soll weiter Außenminister, Roberto Speranza Gesundheitsminister bleiben, wie Draghi am Freitagabend vor der Presse im Präsidentenpalast in Rom mitteilte. Auch die parteiunabhängige Innenministerin Luciana Lamorgese bleibt im Amt.

Der parteiunabhängige Generaldirektor der italienischen Notenbank, Daniele Franco, wird Wirtschaftsminister, mit Marta Cartabia wird nach Draghis Plan eine Expertin den Posten der Justizministerin besetzen. Cartabia war bis September 2020 Präsidentin des Verfassungsgerichts. Das zuvor viel diskutierte Ministerium für den ökologischen Umbau soll mit dem Physiker Roberto Cingolani ebenfalls ein Experte besetzen. Insgesamt stehen auf Draghis Ministerliste mehr Politiker als Experten.

Die rechte Lega ist mit drei Ministern vertreten. Giancarlo Giorgetti, Nummer zwei der Partei, rückt zum Industrieminister auf. Erika Stefani wird Ministerin für die Inklusion von Menschen mit Behinderung. Außerdem übernimmt die Lega mit Massimo Garavaglia das Tourismusministerium. Auch die Forza Italia um Ex-Premier Silvio Berlusconi erhielt einige Ministerposten.

Vereidigung am Samstag

Draghi soll Samstagmittag in seinem neuen Amt vereidigt werden. Zuvor hatte Draghi in Rom intensive Sondierungsrunden mit Parteivertretern geführt. Er erhielt dabei sowohl aus der gescheiterten Mitte-links-Koalition von Giuseppe Conte als auch aus der rechtskonservativen Opposition überraschend viel Unterstützung. Die Regierungskrise mitten in der Pandemie dauerte schon seit Mitte Jänner.

Draghi benötigt für die Bestätigung seiner geplanten Regierung nach der Ernennung auch eine Mehrheit im Zweikammernparlament. Dafür und für seine Kabinettsliste hatte er in vielen persönlichen Treffen und bei Telefonaten die Chancen ausgelotet. Laut Verfassung muss sich eine Regierung innerhalb von zehn Tagen nach der Bildung in beiden Parlamentskammern vorstellen, um das Vertrauen zu erhalten.

Lange Unklarheit über Fünf-Sterne-Bewegung

Nur die ultrarechten Fratelli d’Italia hatten von Anfang an angekündigt, gegen Draghi zu stimmen. Das Verhalten der Fünf-Sterne-Bewegung als stärkste Kraft im Parlament war allerdings lange unklar. Gründer Beppe Grillo warb dafür, den Ökonomen zu unterstützen. Dabei galt auch die Übernahme von Ministerposten als Ziel.

Bei einem Onlinevotum stimmte die Partei dann am Donnerstag mehrheitlich mit Ja. Das wurde als wichtiges Signal für Draghi bewertet. Ein Parteiflügel, der als antielitär gilt, lehnt diesen Weg aber weiter ab. Die Fünf-Sterne-Bewegung kam bei der Wahl 2018 auf rund 30 Prozent und regierte bisher mit. Deren sozialdemokratischer Koalitionspartner, die PD, stellte sich früh an Draghis Seite. Einige PD-Politiker fremdeln aber mit der Idee, rechten Kräften zu nahe zu kommen.

Salvini versichert „bedingungslose“ Unterstützung

Matteo Salvini von der Lega, der im Laufe der Regierungskrise wiederholt vorgezogene Wahlen gefordert hatte, änderte seine Position. Er lobte Draghi und versprach eine „bedingungslose“ Unterstützung. Die Beteiligung von Ministern seiner Lega, die zuletzt in der Opposition war, bezeichnete er als möglich. Auch Silvio Berlusconis konservative Forza Italia will Draghi das Vertrauen aussprechen.

Regierung mit „hohem Profil“

Präsident Mattarella hatte dem 73-Jährigen, der in Rom kein politisches Amt hat, nach dem Rücktritt Contes am 3. Februar ein Mandat zur Bildung eines Kabinetts angeboten. Draghi hatte den Auftrag zuerst nur unter Vorbehalt angenommen. Der Staatschef sprach von einer Regierung „mit hohem Profil“, die zusammengestellt werden müsse, um Italien aus der Krise zu führen.

Die Regierung Contes war die 66. in der italienischen Republik. Sie hatte ihre Arbeit im September 2019 aufgenommen. Mitte Jänner brach die Koalition des parteilosen Juristen im Streit über die EU-Hilfsgelder für die Coronavirus-Krise auseinander. Der ehemalige Premier warb zuletzt auch dafür, Draghi bei seiner neuen Aufgabe zu unterstützen.