Michael van der Veen
AP/Senate Television
„Monströse Lüge“

Impeachment für Trump-Verteidiger „unfair“

Im Impeachment-Verfahren gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump haben dessen Verteidiger die Vorwürfe gegen ihn scharf zurückgewiesen. Sie nutzten von den 16 möglichen Stunden, die der Verteidigung eingeräumt wurden, nur drei und sprachen von „monströsen Lügen“ der Demokraten. Das Impeachment-Verfahren bezeichneten sie als ungerecht und verfassungswidrig.

Es handle sich um ein ungerechtes, verfassungswidriges und politisch motiviertes Verfahren, sagte Anwalt Michael van der Veen am Freitag. Die Ankläger hatten zuvor eindringlich eine Verurteilung des ehemaligen US-Präsidenten gefordert. Trump habe in seiner Rede unmittelbar vor der Erstürmung des Kapitols durch seine Anhänger am 6. Jänner nicht zu Gewalt aufgerufen, argumentierte van der Veen. Es sei „klar“, dass die Demokraten Trump „hassen“.

Die Behauptungen der Demokraten, dass der Republikaner die Demonstranten angestachelt habe, seien „absurde und monströse Lügen“, sagte der Anwalt im Senat. Trump habe sich als Präsident stets für „Recht und Ordnung“ eingesetzt und nie zu Gewalt aufgerufen, sagte der Anwalt.

Endgültige Abstimmung noch am Wochenende möglich

Die kritisierten Äußerungen in seiner Rede seien „gewöhnliche politische Aussagen“ gewesen, die vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt seien, sagte van der Veen. Der Versuch, die Meinungsfreiheit selektiv einzuschränken, sei gesetzeswidrig, sagte er. Trump hatte seine Anhänger bei einer Kundgebung am 6. Jänner damit aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg gestohlen worden sei. Er sagte unter anderem: „Wenn ihr nicht wie der Teufel kämpft, werdet ihr kein Land mehr haben.“

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump
Reuters/Jim Bourg
Trump sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert

Eigentlich wurden der Verteidigung insgesamt 16 Stunden Zeit gegeben, Trumps Anwälte nutzten aber nur drei davon. Damit könnte es im Senat bereits am Wochenende zu einer endgültigen Abstimmung über die Amtsenthebung Trumps kommen.

Van der Veen hält Verfahren für verfassungswidrig

Verteidiger van der Veen erklärte, das Verfahren sei verfassungswidrig, weil Trump bereits aus dem Amt geschieden sei. Den Demokraten gehe es lediglich darum, „zu versuchen, ihre politische Gegner zu disqualifizieren“, sagte er. Der Senat hatte am Dienstag mehrheitlich entschieden, dass das vom Repräsentantenhaus noch zu Trumps Amtszeit angestoßene Verfahren verfassungskonform ist.

Bisher sieht es nach einem Freispruch für Trump aus. Für eine Verurteilung müssten sich den 50 Demokraten im Senat 17 Republikaner anschließen. Beim Votum über die Verfassungsmäßigkeit stimmten nur sechs republikanische Senatoren mit den Demokraten. Diese werfen Trump „Anstiftung zum Aufruhr“ vor und wollen ihn mit dem Verfahren für künftige politische Ämter auf Bundesebene sperren.

Ankläger zeigten dramatische Videoaufnahmen

Die Ankläger hatten ihre Vorwürfe gegen Trump am Mittwoch und Donnerstag dargelegt und dazu auch dramatische Videoaufnahmen und eine minutiöse Nacherzählung des Angriffs auf das Kapitol genutzt. Sie beschuldigen Trump, mit seinen Wahlbetrugsbehauptungen über Monate hinweg den Boden für den Angriff bereitet und den Gewaltausbruch schließlich gezielt angezettelt und orchestriert zu haben.

Die Ankläger warfen Trump auch vor, er habe keinerlei Reue gezeigt und seine Äußerungen bei der Kundgebung vom 6. Jänner später als „vollkommen angemessen“ bezeichnet. Sie argumentieren, Trump müsse vom Senat zur Rechenschaft gezogen werden, damit er in Zukunft nicht erneut zu Gewalt aufrufen könne. Die Bedrohung durch fanatische Trump-Unterstützer bestehe weiter, mahnten sie.

Ex-UNO-Botschafterin brach mit Trump

Die frühere amerikanische UNO-Botschafterin Nikki Haley brach unterdessen als eines der wenigen prominenten Mitglieder der Republikanischen Partei öffentlich mit Ex-Präsident Trump. „Er schlug einen Weg ein, den er nicht hätte gehen sollen – und wir hätten ihm nicht folgen und nicht auf ihn hören dürfen“, sagte Haley in einem Interview der Website Politico. „Und wir dürfen nicht zulassen, dass so etwas jemals wieder passiert.“

Die 49-jährige Haley, die auch Gouverneurin des Bundesstaates South Carolina war, gilt als mögliche Kandidatin der Republikaner bei der Präsidentenwahl 2024. Ihre klare Kritik ist bedeutend: Viele Wähler der Republikaner stehen nach wie vor zu Trump. Sein Umfeld drohte bereits republikanischen Kongressabgeordneten und Senatoren, die sich gegen ihn stellen, gegen sie trumpfreundliche Gegenkandidaten aufzustellen.