Laut einem Bericht von „Fortune“ wollte Island mit Biontech und Pfizer eine Kooperation aushandeln: Die Pharmaunternehmen sollten 500.000 Dosen ihres Impfstoffes nach Island liefern, was dem Land mit seinen rund 360.000 Einwohnern eine Durchimpfung von rund 70 Prozent der Bevölkerung bis Ende März ermöglicht hätte. Im Gegenzug wäre eine landesweite praktische Studie zur Herdenimmunität möglich gewesen, so zumindest die Idee des Chefepidemiologen Thorolfur Gudnason und Kari Stefansson, Leiters des isländischen Genetiklabors deCODE, das alle CoV-Tests sequenziert.
Die beiden Männer hatten argumentiert, dass die Insel mit ihrer abgeschiedenen Lage im Nordatlantik, dem guten Gesundheitssystem und der überschaubaren Bevölkerungsgröße zum perfekten Ort für eine Studie zur Herdenimmunität hätte werden können. Zudem hat Island auch aufgrund der Beteiligung von deCODE so viele Informationen über das Virus und seine Verbreitung gesammelt, wie kaum ein anderes Land: Das Genetikunternehmen übernahm in der Pandemie einen Löwenanteil der CoV-Tests und hatte das Virus bei jedem bestätigten Fall sequenziert – und das bereits, bevor sich die Mutanten verbreiteten, berichtete die Fachzeitschrift „Nature“.
Pandemie unter Kontrolle
Mit dieser Strategie aus Testen und Verfolgen sowie Social Distancing, einem relativ früh verhängten Lockdown und strikten Einreisebedingungen bekam Island das Infektionsgeschehen aber auch ohne Impfung in den Griff – und Pfizer lehnte den Deal ab, weil es zu wenig Fälle für eine valide Untersuchung gab. „Wie soll man zeigen, dass eine Impfung guten Schutz gewährleistet, wenn es keine Infektionen gibt?“, so Stefansson laut „Fortune“.
Seit Wochen ist Island in Europa das Land mit den niedrigsten Inzidenzen. Seit dem 20. Jänner wurde kein Fall mehr registriert, der nicht von Einreisenden ins Land gebracht und während der Pflichtquarantäne entdeckt wurde. Mit Stand Montag gab es den Behörden zufolge 26 aktive Fälle, acht Menschen erholten sich im Spital von einer Infektion. In den drei vergangenen Wochen war das Nicht-EU-Land Island das einzige europäische Land, das die EU-Seuchenbekämpfungsbehörde ECDC in der Kategorie „Grün“ führte.
Baden und Bars wieder erlaubt
Das kommt auch der Bevölkerung zugute. Bereits seit Mitte November lockert Island die Maßnahmen Schritt für Schritt. Schon länger haben Fitnessstudios, Bäder und heiße Quellen geöffnet, seit Mitte Februar dürfen auch Lokale mit Alkoholausschank wieder Gäste bewirten. Verschärft wurden zuletzt nur erneut die Einreisebedingungen: Wer per Flugzeug oder Schiff auf die Insel reist, muss ab Freitag einen negativen PCR-Test vorlegen, der nicht älter als 72 Stunden ist.
Diese neue Anforderung ändert nichts an den weiteren Regelungen bei der Einreise: Bereits seit Mitte Jänner müssen sich alle Einreisenden bei Ankunft auf Island verbindlich auf das Coronavirus testen lassen. Nach fünf bis sechs Tagen Quarantäne muss dann ein weiterer Coronavirus-Test vorgenommen werden. Wer dabei auf eine der drei als ansteckender betrachteten Virusvarianten getestet wird, muss sich ab Freitag in einem speziellen Quarantänehotel in Isolation begeben.
Impfstoffengpass trifft auch Island
Bei der Impfung geht es hingegen nicht ganz so schnell. Zu Beginn dieser Woche hatten rund vier Prozent der Bevölkerung eine Impfdosis erhalten. Der Nicht-EU-Staat Island hatte sich am Bestellprogramm der Union beteiligt und kämpft wie diese mit Lieferverzögerungen. Bis Ende März erwartet die isländische Regierung 70.000 Dosen des Impfstoffes von Biontech und Pfizer. Bis Ende Juni will das Land die Hälfte der Bevölkerung geimpft haben. Chefepidemiologe Gudnason rechnet damit, das es bis dahin noch Beschränkungen des öffentlichen Lebens geben wird.