Bucht an der Westküste von Fuerteventura
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Nix ist fix

Warten auf planbaren Sommerurlaub

Nach fast einem Jahr Pandemie mit teils drastischen Einschnitten ist die Sehnsucht der Menschen nach Urlaub groß. Doch während man früher im Februar Reisen nicht nur planen, sondern auch schon fixieren und buchen konnte, ist heuer weiterhin alles anders. Denn noch ist unklar, wohin man heuer reisen kann – und unter welchen Bedingungen. Mehrere europäische Länder überlegen, Reisemöglichkeiten an eine Impfung zu koppeln.

Nicht nur die weltweit brachliegende Tourismusbranche fiebert einer einigermaßen normalen Sommersaison entgegen. Auch viele Menschen hoffen, die Entbehrungen der vergangenen Monate mit einem Urlaub ein wenig ausgleichen zu können. Doch für konkrete Pläne ist es in den meisten Fällen noch zu früh: Denn niemand kann wissen, in welchen Ländern die Coronavirus-Situation dermaßen im Griff sein wird, dass man sie bereisen kann. Und niemand kann wissen, welche Auflagen mit einem Urlaub verbunden sein werden.

Für potenzielle Urlauber kann die Planung zum Dilemma werden: Denn sollte es die Situation zulassen, ist heuer in Europa mit einer großen Reisewelle zu rechnen, was wiederum heißt, dass es da und dort bei Buchungen schon eng wird.

Stornomöglichkeit als Faktor

Kein Wunder also, dass umfassende Storno- und Rücktrittsmöglichkeiten den Österreichern heuer besonders wichtig bei der Urlaubsplanung sind. Fast 50 Prozent möchten nur buchen, wenn sie die Sicherheit haben, ihr Geld im Falle einer Stornierung zurückzubekommen, ergab eine bereits Ende Jänner veröffentlichte Umfrage des Corps Touristique. Mehr als ein Drittel will die Buchung an geringe Infektionszahlen im gewünschten Urlaubsland knüpfen. Mehr als ein Viertel möchte näher gelegene Reiseziele auswählen, die gut erreichbar sind und von denen man schnell wieder nach Hause kommt.

Die Arbeiterkammer rät derzeit zu kurzfristigen Buchungen. Zudem sollten keine zu hohen Vorauszahlungen geleistet werden. Für fast alle Staaten der Welt würden Reisewarnungen gelten, mitunter könne daher später nicht gratis storniert werden. Wenn möglich, sollte man vertraglich ein kostenloses Storno bis zum Reiseantritt schriftlich vereinbaren, so die AK.

Tieferer Griff in die Tasche?

Viele sind auch bereit, heuer mehr Geld auszugeben – wenn sie es können: Die erzwungene Konsumzurückhaltung hat 2020 die Sparquote steigen lassen. Und viele in Europa können es nicht erwarten, Urlaub zu machen: Der Reisekonzern TUI verkaufte bereits 2,8 Millionen Reisen, etwas mehr als die Hälfte des Volumens für den Vorkrisensommer vor zwei Jahren. Der Löwenanteil stammt mit 1,5 Millionen aus Großbritannien, wo TUI das Programm drei Monate früher freigeschaltet hat – obwohl auch die britische Regierung davon abrät, jetzt schon Reisen zu buchen.

Strand in Griechenland
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Urlaub am Meer? Die Impfung dürfte ein wesentlicher Faktor sein

Impfung als Faktor

Wesentlicher Faktor für den Sommertourismus ist die Impfung, und diese ist in den meisten europäischen Ländern eine Frage der Zeit: In Österreich heißt es, im Laufe des Sommers sollen alle Menschen, die das wollen, auch eine Impfung erhalten haben. Das kann aber auch heißen, dass es bei vielen erst in der zweiten Sommerhälfte so weit sein wird.

Völlig unklar ist jedoch, was die Impfung für die Reiseplanung des Einzelnen bedeutet. Mit Urlaub in Österreich scheint man auf der sicheren Seite zu sein, vorausgesetzt, das Infektionsgeschehen lässt ähnlich wie im Vorjahr Ferien im eigenen Land, wenn auch mit Einschränkungen, zu.

Griechenland, Zypern und Israel preschen vor

In etlichen Ländern wird nun aber diskutiert, ob eine Impfung für eine Ein- bzw. Ausreise verpflichtend sein soll. Angeheizt wurde die Debatte zuletzt durch Abkommen von Israel mit Griechenland und Zypern: Geimpften Bürgern will man Reisen zwischen den Staaten ohne Auflagen gestatten, sobald die Flugbeschränkungen aufgehoben sind.

Island, das nicht Mitglied der EU, wohl aber im Schengen-Raum ist, hat bereits damit begonnen, geimpften Bürgern digitale Zertifikate auszustellen. Europäern mit vergleichbaren Nachweisen will Reykjavik die Einreise erlauben. International anerkannt sind solche Impfzertifikate aber nicht.

Im technologieaffinen Estland läuft ein Pilotprojekt mit einer Plattform für Impfdaten, die automatisch auch Impfausweise erstellt. Bei der Einreise nach Estland bleibt geimpften Menschen bereits die ansonsten obligatorische Quarantäne erspart. So ist es auch in Polen, wo Reisende dafür eine spezielle Smartphone-App nutzen können.

„Reinimpfen“ in Kultur und Gastro

Die nordischen EU-Länder gehen noch einen Schritt weiter. Schweden und Dänemark wollen elektronische Impfausweise einführen, die neben Reisen auch den Besuch von Kultur- und Sportveranstaltungen ermöglichen könnten. Die dänischen Pläne schließen zudem Restaurantbesuche ein. Finnland erwägt ebenfalls die Einführung solcher elektronischer Impfpässe.

Badeplatz am Attersee
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Auch im Sommer dürfte der Urlaub in Österreich wieder gefragt sein

Ähnliches wird derzeit in Frankreich debattiert – allerdings wird auch diskutiert, ab wann solche Schritte erfolgen können. Während die einen auf eine rasche Umsetzung drängen, fordern andere, dass das erst geschehen soll, wenn alle Bürgerinnen und Bürger die Chance hatten, sich impfen zu lassen.

EU bremst, Tourismusländer drängen

Ähnlich argumentiert die EU: Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, eine europaweite Regelung, wie Reisen aufgrund einer Impfung stattfinden können, müsse auf europäischer Ebene festgelegt werden. Das werde aber erst dann zur Debatte stehen, wenn große Teile der Bevölkerung geimpft seien.

Dagegen drängen neben Griechenland auch die Tourismusländer Spanien und Italien auf schnellere Lösungen. Abgesehen von den persönlichen Vorteilen und der Ankurblung der von der Pandemie und den Maßnahmen dagegen besonders betroffenen Branchen wird auch argumentiert, dass mehr Möglichkeiten ein Anreiz sind, skeptische Bürgerinnen und Bürger zu einer Impfung zu veranlassen.

Auch gute Argumente gegen Reisen mit Impfpass

Doch auch die Gegner haben einige Argumente auf ihrer Seite: So schützen zwar Impfungen nach derzeitigem Wissensstand vor schweren Erkrankungen, nicht aber vor einer Ansteckung und potenziellen Weitergabe des Virus an andere. Gerade angesichts schon bisher aufgetretener und vielleicht auch zukünftiger Mutationen des Virus, bei denen die vorhandenen Impfstoffe vielleicht weniger wirksam sind, sei eine Impfung kein ausreichender Schutz und würde Menschen vielleicht sogar in falscher Sicherheit wiegen.

Zudem würden nicht oder noch nicht geimpfte Menschen ungleich behandelt, wenn nicht sogar diskriminiert. Kritiker merken zudem an, dass sich in vielen Ländern auch die Frage des Datenschutzes stelle – und Gesundheitsdaten seien ein besonders sensibler Bereich.