Japan: Frauen sollen bei Regierungstreffen zuschauen dürfen

Japans Regierungspartei reagiert auf einen Sexismusstreit, den der Chef der Olympischen Spiele in Tokio ausgelöst hat. Er sagte, dass Frauen bei Treffen zu viel redeten. Nun will die Regierungspartei Frauen bei wichtigen Treffen dabeihaben – aber nur, wenn sie nicht reden.

Die regierende Liberaldemokratische Partei schlug vor, dass fünf weibliche Abgeordnete als Beobachterinnen an den wichtigsten Treffen der Partei teilnehmen sollen. Toshihiro Nikai, der 82-jährige Generalsekretär der Partei, sagte gestern, er habe die Kritik gehört, dass der Vorstand der Partei von Männern dominiert werde, fügte aber hinzu, dass die Vorstandsmitglieder gewählt würden.

Aber es sei wichtig für die weiblichen Mitglieder der Partei, sich den Entscheidungsprozess der Partei „anzuschauen“, sagte er. Die Beobachterinnen dürfen während der Sitzungen nicht sprechen, können aber ihre Meinung separat beim Sekretariat einreichen, berichtete die Tageszeitung „Nikkei“.

Olympiachef trat zurück

Yoshiro Mori, der Chef des Organisationskomitees für die Olympischen Spiele in Tokio, war vergangene Woche zurückgetreten, nachdem abfällige Bemerkungen über Frauen, die bei Sitzungen zu viel sprächen und diese zu lang machten, im In- und Ausland Gegenreaktionen ausgelöst hatten.

Die Äußerungen des 83-jährigen ehemaligen Premierministers sind eines der Beispiele, die zeigen, wie tief der Sexismus in der japanischen Gesellschaft verwurzelt ist. Auf dem Global Gender Gap Index 2020 des Weltwirtschaftsforums liegt Japan auf Platz 121 von 153 Ländern – der schlechteste Wert unter den fortgeschrittenen Ländern – und schneidet bei der wirtschaftlichen Teilhabe und der politischen Mitbestimmung von Frauen schlecht ab.

Diese Woche forderte eine Gruppe weiblicher Abgeordneter der Liberaldemokratischen Partei Nikai auf, den Anteil von Frauen in Schlüsselpositionen der Partei zu erhöhen. Aber die Forderung, dass weibliche Beobachterinnen bei Versammlungen still sein müssen, hat Kritik auf sich gezogen, dass die Partei nicht auf dem aktuellen Stand der Diskussion sei.