Die Grippewelle ist heuer bisher in ganz Europa größtenteils ausgeblieben. Grippale Infekte, Schnupfen und Husten plagen heuer ebenfalls wesentlich weniger Menschen als noch im Februar 2020, bevor die CoV-Pandemie Österreich erfasste. Geschuldet ist das den Maßnahmen, mit denen die Verbreitung von SARS-CoV-2 eingedämmt werden soll. Kontaktreduktion, Abstandhalten, verstärkte Handhygiene und die vielerorts geltende FFP2-Maskenpflicht bremsen auch die Verbreitung der Erkältungskrankheiten.
Wie stark der Effekt ist, spiegelt sich in den Arzneimittelschränken wider. „Wenn sich weniger Menschen mit Erkältungskrankheiten anstecken – was ja prinzipiell positiv ist –, dann gehen auch die Verkaufszahlen für das typische Husten- und Erkältungssortiment zurück, wie es in den ersten Wochen des Jahres 2021 beobachtet werden konnte“, sagte Christina Nageler, Geschäftsführerin der Interessengemeinschaft österreichischer Heilmittelhersteller und Depositeure (IGEPHA), gegenüber ORF.at. Im rezeptfreien „Husten- und Erkältungssegment“ etwa seien in der ersten Februar-Woche um 73 Prozent weniger Medikamentenpackungen verkauft worden als in derselben Woche des Jahres 2020, so Nageler.
Trend setzt sich fort
Damit setzt sich ein Trend fort, der bereits im Vorjahr zu beobachten war. 2020 gingen in den Apotheken die mit Husten- und Erkältungsmittel erzielten Umsätze im Vergleich zum Jahr davor um fast 16 Prozent zurück, wie Zahlen der auf den Pharmamarkt spezialisierten Analysefirma IQVIA zeigen. Insgesamt verzeichneten die Apotheken 2020 nur geringe Umsatzsteigerungen, der Absatz sank sogar. 2019 hatte es in beiden Bereichen noch ein deutliches Plus gegeben.

Österreichs Apothekerinnen und Apotheker blicken auf ein wechselhaftes Pandemiejahr zurück. Im März erreichten die Apothekenumsätze zunächst einen Höhepunkt, als sich viele Menschen vor dem ersten Lockdown in großem Stil mit Arzneimittel eindeckten. Danach ging es bergab, erst im Sommer stabilisierten sich die Zahlen auf Vorjahresniveau.
Was den Absatz betrifft, war laut IQVIA-Jahresbericht eine „höhere Kundenfrequenz vor dem Lockdown – verbunden mit einer deutlichen Steigerung der Anzahl an Packungen pro Kassenbon“ zu beobachten. Danach liege die Kurve aber „mit wenigen Ausnahmen immer unter dem Vorjahr“, hieß es.
Rückgang bei Magen-Darm-Präparaten
Einen Rückgang gab es 2020 auch bei Präparaten gegen Magen-Darm-Beschwerden. Das dürfte mit dem verstärkten Fokus vieler Menschen auf Handhygiene zu tun haben. Seit Pandemiebeginn halten viele Menschen ein Fläschchen Handdesinfektionsmittel stets griffbereit. Gegen das hauptsächlich durch Aerosole und Tröpfchen übertragene Coronavirus hilft das nur bedingt; sehr wohl aber gegen Keime, die Durchfall auslösen.
„Self Care“ und die eigene Gesundheit
Spuren in den Verkaufszahlen haben auch die psychischen Folgen der Pandemie hinterlassen. „2020 hat sich die Kategorie der Beruhigungs- und Schlafmittel sowie stimmungsaufhellenden Präparate deutlich stärker verkauft als in den Jahren davor – nämlich mit einem Umsatzwachstum von fast 17 Prozent“, so IGEPHA-Geschäftsführerin Nageler. „Sanfte, pflanzliche Präparate werden vermehrt im Rahmen der ‚Self Care‘ genutzt, um die Stimmung positiv zu beeinflussen und besser ein- und durchschlafen zu können.“

Generell sei zu beobachten, dass sich die Menschen viel aufmerksamer um ihre Gesundheit kümmern, so Nageler. Heuer zu Jahresbeginn sei die Nachfrage nach Vitaminen, Nahrungsergänzungsmitteln und Immunstimulanzien sehr stark gewesen. Mittlerweile sei der Trend wieder abgeflacht. Nach wie vor großer Beliebtheit erfreuen sich laut Nageler die in Österreich generell beliebten „Tonika“.
Hinter dem Begriff verbergen sich flüssige Stärkungsmittel „mit Pflanzenextrakten und anderen gesundheitsfördernden Substanzen“, wie Nageler sagte. Die Käuferinnen und Käufer erhoffen sich von den Präparaten eine Stärkung des Immunsystems. Nageler führt die anhaltend hohe Nachfrage nicht nur auf die Pandemie zurück: „Jeder möchte ja heutzutage möglichst alt werden – und sich bis ins hohe Alter einer intakten Gesundheit erfreuen.“