Unabhängigkeit der Justiz „auf allen Ebenen“ gefordert

Namhafte Juristen und Juristinnen fordern in einer Petition ans Parlament „die Unabhängigkeit der Justiz auf allen Ebenen“. Die Justiz sei „von politischen Zwischenrufen, Angriffen und Einflussnahmen freizuhalten“, heißt es in dem Schreiben. Nach der Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat die ÖVP zuletzt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) heftig attackiert.

Die Justiz sei „von allen allfälligen (tages)politischen und sonstigen unmäßigen ‚Korsetten‘ zu befreien“, schreiben die Juristen und Juristinnen. Unterzeichnet haben etwa die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka, und die Präsidentin der Staatsanwälte, Cornelia Koller. Das Schreiben wurde dem Nationalratspräsidium und den Justizsprechern und -sprecherinnen der Parlamentsfraktionen übermittelt.

ÖVP und Grüne streiten über WKStA

Das Vorgehen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sorgt für heftige Diskussionen zwischen ÖVP- und grünen Regierungsmitgliedern. Die Grünen nehmen die WKStA in Schutz, die ÖVP kritisiert angeordnete Hausdurchsuchungen und Ermittlungen gegen Journalisten scharf.

Unter Kontrolle der Richter

Die Gewaltentrennung beinhalte es, dass die Staatsgewalten zueinander auf Augenhöhe stehen, heißt es in der Petition. Insofern „soll und kann“ der Instanzen- und Verantwortlichkeitszug letztlich nur unter der Kontrolle der Gerichtsbarkeit und unabhängigen Richtern und Richterinnen stehen, heißt es. Das gelte umso mehr für den Bereich der Korruptionsbekämpfung.

„Dort, wo die Politik selbst von Korruptionsermittlungen betroffen ist, kann nicht die Politik die Korruptionsermittlungen selbst kontrollieren“, betonen die Juristen und Juristinnen mit Blick auf das ministerielle Weisungsrecht. Das gelte besonders auch für „neu zu schaffende thematische Einrichtungen, Strukturen und Abläufe“. Damit sei der derzeit in Diskussion stehende Bundesstaatsanwalt gemeint.

Kritik an ÖVP

Die Präsidentin der Richtervereinigung übte in einem Interview mit der „Tiroler Tageszeitung“ (Samstag-Ausgabe) laut Vorabmeldung explizite Kritik an der ÖVP: „Die anhaltenden Angriffe schaden der Justiz.“ Blümel habe einen Anwalt und brauche zu seiner Verteidigung nicht „die laute Unterstützung des Parlamentklubs“.

Zudem nahm Matejka die Grünen in die Pflicht: „Sollten die Angriffe aber anhalten, ist sicher die Justizministerin oder eben jetzt der Justizminister gefordert, dem entgegenzuwirken. Da braucht es vielleicht einen runden Tisch und auch einen dringenden Appell des Bundespräsidenten.“ Das Vorgehen der ÖVP lasse Vergleiche mit jenen EU-Ländern zu, deren Rechtssystem bereits brüchig geworden ist, so Matejka: „Mich erinnert das Muster leider an Länder, die bislang in puncto Rechtsstaat nichts mit Österreich gemein haben.“

Die gleiche Stoßrichtung hat eine Aussendung des SPÖ-Vorstands. Dieser verurteilte die „ungeheuerlichen Angriffe“ der ÖVP auf die Justiz auf das Schärfste. Wer die Justiz attackiere, schwäche den Rechtsstaat und untergrabe das Vertrauen der Österreicher in das Rechtssystem. Die SPÖ werde bezüglich aller Korruptionsvorwürfe betreffend käufliche Politik weiterhin mit aller Kraft für Aufklärung kämpfen „und den türkisen Griff nach der Justiz mit allen Mitteln abwehren“, heißt es in einer Aussendung.